Die flachen Kontinentalsockel machen etwa acht Prozent der Gesamtfläche der Meere aus und beherbergen einige der produktivsten Ökosysteme der Welt. 99 Prozent der Seefischereierträge stammen aus diesen schmalen Schelfgebieten. Nur wenn die Ökosysteme intakt sind, können Fischbestände dort ihre volle Produktivität entfalten und kann das Managementziel des maximalen Dauerertrags erreicht werden. Gleichzeitig konkurriert die Fischerei mit immer mehr Nutzern: Offshore-Windparks, Natura-2000-Meeresschutzgebiete und andere Ansprüche erfordern einen Paradigmenwechsel in der Fischereipolitik – hin zu einem integrierten Bewirtschaftungsmodell.
Wir wollen die Politik darin unterstützen, die Fischerei in ein umfassendes Meeresmanagement zu integrieren. Deshalb haben wir auch in der Fischereiforschung einen Paradigmenwechsel vollzogen. Wir arbeiten systemorientiert und haben die Forschungseinheiten unseres Instituts so zugeschnitten, dass in einem Bereich gewonnene Erkenntnisse die Basis der nächsthöheren Betrachtungsebenen bilden:
- Analysen von Fischbeständen und Prognosen zu deren Entwicklung sind eingebettet in Untersuchungen der Ökosysteme, in denen sie leben.
- Auf der nächsten Ebene stehen ökonomische Betrachtungen: Wir analysieren Produktionssysteme und das Verhalten der Akteure unter unterschiedlichen biologischen, ökonomischen und normativen Randbedingungen entlang der Wertschöpfungskette vom Fang bis zum Teller.
- Die ökonomischen Analysen sind wiederum Teil der Gesamtbetrachtung von Meeresnutzungskonzepten. Wir fragen, wie sich verschiedene Schutz- und Nutzungsansprüche kumulativ auswirken und suchen nach optimalen Lösungen.
Das Leben im Meer kennt keine Ländergrenzen; weder Schutz noch Ressourcennutzung lassen sich national organisieren. Seit jeher erarbeiten wir deshalb Bewirtschaftungs- und Fangquotenempfehlungen im internationalen Verbund. Die einzigartigen Serien von Langzeitdaten, die wir mithilfe unserer drei hochspezialisierten Forschungsschiffe nationenübergreifend erheben, bilden dafür die Basis.
Wir nutzen den technologischen Fortschritt anderer Meeresforschungsdisziplinen und passen automatisierte Messverfahren für das Monitoring von Fischbeständen an. Im Zusammenspiel mit 3D-Simulationsmodellen der Meeresströmungen helfen uns diese Daten, Änderungen der Meeresumwelt und die Auswirkungen auf Fischbestände und Ökosysteme künftig nahezu in Echtzeit zu analysieren.