Dossier
Aktuelle Trends der deutschen Ökobranche
Heike Kuhnert | 25.08.2022
Die ökologische Lebensmittelwirtschaft in Deutschland hat im letzten Jahrzehnt einen regelrechten Boom erlebt, zuweilen mit Wachstumsraten im zweistelligen Bereich. 2020 gehörte der Ökomarkt zu den Gewinnern der Corona-Pandemie. Wie ist die aktuelle Situation?
Im Jahr 2021 wirtschaftete in Deutschland jeder siebte Landwirtschaftsbetrieb ökologisch, insgesamt 36.307 Ökobetriebe. Dies entspricht einem Anteil an allen deutschen Betrieben von 14 Prozent. Die ökologisch bewirtschaftete landwirtschaftliche Fläche umfasst inzwischen gut 1,8 Millionen Hektar, anteilig knapp 11 Prozent. Gegenüber 2020 wuchs die ökologisch bewirtschaftete Fläche um annähernd 6 Prozent.
Das Marktvolumen von Biolebensmitteln liegt inzwischen bei 15,9 Milliarden Euro. Es umfasst die Umsätze im Lebensmitteleinzelhandel, im Naturkosteinzelhandel und in sonstigen Einkaufsstätten, zu denen unter anderem Drogeriemärkte, Reformhäuser, Hofläden und Handwerksbetrie-be wie Bäckereien gehören. Der Außer-Haus-Verzehr ist nicht inbegriffen.
Große Lücke zwischen Status quo und politischen Zielen
Aus den aktuellen Zahlen wird deutlich: Trotz stetigem Wachstum ist die Branche Anfang des Jahres 2022 noch weit von den ambitionierten Zielen der Bundesregierung entfernt: Bis 2030 soll sich der ökologische Landbau auf 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche erstrecken und der Anteil regionaler und ökologischer Erzeugnisse am Warenangebot für den Endverbraucher entsprechend erhöhen.
Vor diesem Hintergrund stellen sich Fragen: Welches Wachstumspotenzial steckt noch im ökologischen Landbau? Was müsste sich ändern, damit die ökologische Lebensmittelwirtschaft in Deutschland weiter und deutlicher stärker in Richtung der politischen Ziele wächst? Welche Bedeutung hat dabei die Entwicklung der ökologischen Erzeugung in europäischen Nachbarländern und weltweit? Ist die ökologische Wirtschaftsweise in Deutschland wettbewerbsfähig?
Antworten für mehr Wachstum finden
Um diese Fragen zu beantworten, werten wir regelmäßig die verfügbaren Branchendaten aus. Darüber hinaus untersuchen wir spezifische Aspekte der bisherigen Entwicklung des Ökolandbaus, beispielsweise den Umfang und die Gründe einer Rückkehr zur konventionellen Bewirtschaftung oder die agrarstrukturellen Veränderungen im ökologischen Landbau insgesamt und auf einzelbetrieblicher Ebene.
Unsere Analysen zeigen: Die Entwicklung wird in einem erheblichen Maß von der politischen Förderung der ökologischen Wirtschaftsweise und der Nachfrage nach Biolebensmitteln beeinflusst. Ebenso spielen andere Faktoren, wie die Preisentwicklung für konventionelle Erzeugnisse oder die Förderpolitik für erneuerbare Energieträger, eine entscheidende Rolle. Eine weitere substantielle Ausdehnung des ökologischen Landbaus in Deutschland und Europa wird ohne eine kohärente Agrarpolitik nur schwer zu erreichen sein – es gilt nachzusteuern und neue Wege zu erarbeiten.