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Institut für

SF Seefischerei

Projekt

Laute(r) Fische – Wie man in das Meer pingt, so (anders) schallt es zurück


Federführendes Institut SF Institut für Seefischerei

Echogramm aus dem Kattegat
© Thünen-Institut/Matthias Schaber
Verschiedene Meerestiere liefern unterschiedliche Echosignaturen, vor allem, wenn man gleichzeitig Echogramme von Echolotschwingern verschiedener Frequenzen analysiert. Man kann sich hierbei die sogenannte „Frequency response“, also eine typische Echosignatur bei bestimmten Frequenzen, zunutze machen. In der rechten Bildhälfte (120 kHz-Echogramm) sieht man einen dichten Schwarm ab ca. 70 m Tiefe in einer Senke. Das sind Mysidaceen (Schwebgarnelen). Auf beiden Echogrammen (links und rechts) sieht man im Bereich vor der Senke einzelne Signale, die von großen Heringen und auch von Seelachsen stammen. Auf dem linken Echogramm (38 kHz) ist der Mysidaceenschwarm aufgrund seiner Frequency Response nicht sichtbar. Dafür erkennt man Signale einzelner Fische, die im Bereich des Schwebgarnelenschwarms schwimmen. Dies sind räuberische Seelachse (Pollachius virens), die sich von den Mysidaceen ernähren.

Anpassung und Weiterentwicklung von Methoden der hydroakustischen Bestandsschätzung  

Die Hydroakustik nutzt Schallwellen und deren Echos unter Wasser zur Erforschung von Fischpopulationen und marinen Lebensräumen. Das Verständnis der akustischen Signaturen verschiedener Lebewesen ermöglicht es, akustische Signale in biologisch relevante Größen wie Abundanz oder Biomasse umzuwandeln.

 

Hintergrund und Zielsetzung

Jedes Objekt oder Lebewesen mit einer inneren Dichte und/oder inneren Schallgeschwindigkeit, die sich von der Dichte und der Schallgeschwindigkeit des umgebenden Mediums unterscheidet, besitzt eine charakteristische frequenzabhängige, akustische Signatur, d.h. ein charakteristisches „Echo“. Diese Signatur erlaubt es uns, akustische Signale in fischereibiologisch und ökologisch relevante Parameter umzurechnen. Die zurückgestrahlte Schallenergie (das Echo) wird mit der ausgesandten Schallenergie (vom Echolot) verglichen. Aus den beobachteten Unterschieden können dann mit einigen Einschränkungen Rückschlüsse auf die Art- und Größenzusammensetzung gezogen werden. So strahlt zum Beispiel ein Hering mit prall gefüllter Schwimmblase wesentlich mehr Schallenergie zurück als eine Makrele ohne Schwimmblase. Man muss sich hier vorstellen, dass sich die Dichte des Gases in der Schwimmblase sehr stark von der Dichte des umgebenden Mediums (Meerwasser) unterscheidet, während der Dichteunterschied zwischen Muskulatur und Skelett einer Makrele im Vergleich zum umgebenden Medium sehr viel geringer ist. Auch die Schallgeschwindigkeit ist sehr unterschiedlich: In der Luft beträgt sie ca. 300 m/s, was im Vergleich zu Meerwasser mit ca. 1.500 m/s oder der mittleren Schallgeschwindigkeit des Gewebes / Körpers einer Makrele von etwa 1.535 m/s sehr langsam ist.

 

Zielgruppe

Politische Entscheidungsträger im Bereich Meeresumweltpolitik und Fischereipolitik (GFP); Meereswissenschaftler; interessierte Öffentlichkeit

 

Vorgehensweise

Das Projekt stützt sich sowohl auf Daten, die im Rahmen von Standard-Hydroakustiksurveys erhoben werden, als auch auf hydroakustische Daten, die im Rahmen weiterer Forschungsreisen oder mit stationären Anlagen (in Fischtanks etc.) zusammengetragen werden. Die Echo-Signatur verschiedener Organismen hängt nicht nur von ihrer internen Schallgeschwindigkeit/Dichte ab, sondern auch von deren Verhalten und Form und der Frequenz der vom Echolot ausgesandten Schallsignale. Um diese Signatur zu charakterisieren, verwenden wir in unseren Datenerhebungen sowohl wissenschaftliche Multifrequenz-Echolote als auch Breitband-Echolote, um ein breites Frequenzspektrum abzudecken. Erweiternd verfolgen wir verschiedene physikalische, analytische und numerische Modellierungsansätze, um die erhobenen Schallsignale besser zu verstehen und die charakteristischen Echo-Signaturen besser beschreiben zu können.

Die charakteristische Echo-Signatur verschiedener Fischarten und anderer Meeresorganismen beinhaltet auch deren Zielmaßstärke, die sogenannte „Target Strength“, die eine Hauptgröße zur akustischen Charakterisierung solcher Organismen darstellt und von uns ermittelt wird.

 

Daten und Methoden

Wir erfassen Daten mit modernen wissenschaftlichen Echoloten mit verschiedenen Arbeitsfrequenzen und mit Breitbandecholoten. Damit ist es möglich, die „Echo-Signatur“ verschiedener Arten von Meeresorganismen über die frequenzabhängige Target Strength (=Zielmaßstärke) über ein breites Frequenzspektrum zu bestimmen.

Die Target Strength (TS) ist sozusagen der akustische Fingerabdruck dieser Arten. Sie kann auf verschiedene Art und Weise bestimmt werden.

  • Messungen im Feld

Im Idealfall findet man die Art, von der man die Zielmaßstärke (sog. Target Strength (TS)) messen möchte, in einem nicht sehr dichten Schwarm (aus einer Fischart) oder als Einzeltier. Dann kann man die Echos der einzelnen Fische deutlich erkennen und akustisch gut voneinander trennen. Außerdem erhält man durch gezielte, repräsentative Netzfänge oder durch parallel erhobene optische Daten (Stereokameras etc.) gute Informationen über die Längenverteilung im Schwarm bzw. der einzelnen Fische. Diese so genannten In-situ Messungen der TS sind ideal, da sie die Realität im Feld am besten abbilden. Allerdings sind diese Daten für viele Arten nicht erfassbar, weil die Schwärme zu dicht sind, um Signale von einzelnen Fischen zu extrahieren, oder weil die Schwärme aus verschiedenen Arten bestehen. Oft ist es auch nicht möglich, gute biologische Daten zu erheben, die für die Bestimmung der Zielmaßstärke (TS) relevant und repräsentativ sind.

  • Experimentelle Erfassung

Alternativ können kontrollierte Experimente zur Bestimmung der Zielmaßstärke (TS) durchgeführt werden. Dies kann in der Regel entweder in Aquarien oder im Feld mit Hilfe von Netzkäfigen oder ähnlichem erfolgen – und beinhaltet im Prinzip die gezielte und kontrollierte Erfassung der Echosignatur der so „fixierten“ Fische oder anderer mariner Organismen. Ex-situ-Experimente haben den Vorteil, dass Größe, Alter und Geschlecht der zu messenden Individuen genau bestimmt werden können. Es ist jedoch zu bedenken, dass durch das zeitweise Einsperren der Tiere für diese Messungen die Tiere möglicherweise nicht ihre natürlichen Verhaltensformen (Schwimmlage, Schwimmbewegung) zeigen: Parameter, die die Echosignatur beeinflussen! Die Experimente können auch sehr zeit- und kostenaufwendig sein.

  • Modellierung

Die theoretische Zielmaßstärke (TS) kann durch verschiedene Modellierungsansätze abgeschätzt werden. Generell unterscheidet man zwischen analytischen, exakten Modellen (physikalisch exakt, aber nur für einfache Formen), approximativen Modellen (mathematisch einfacher, für komplexere Formen, eingeschränkte Rahmenbedingungen) und numerischen Modellen (rechnerisch aufwendig, komplexe Strukturen, sehr gute Annäherung an die Realität).

 

Unsere Forschungsfragen

Wie können wir verschiedene Organismen und Fischgruppen akustisch besser unterscheiden und aufgezeichnete Echos besser einzelnen Arten oder Längen zuordnen?

Wie können Daten moderner Fischerei-Echolote dazu beitragen, die hydroakustische Bestandsabschätzung zu verbessern und die Probenahme minimal-invasiv zu gestalten?

 

Vorläufige Ergebnisse

  • Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften
  • Vorträge bzw. Arbeitsgruppendokumente im Rahmen verschiedener ICES Arbeitsgruppen (z.B. ICES WGFAST, ICES WGIPS etc.)
  • Entwicklung von R Paketen zur Modellierung vom akustischen Fingerabdruck

  • Fehler- und Unsicherheitsberechnung von aktuellen Seereisen

Forschende des Thünen-Instituts haben in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen der ICES Arbeitsgruppe WGIPS (Working Group on International Pelagic Surveys) geostatistische Methoden entwickelt, um am Beispiel des Nordsee HERing Akustik Survey (HERAS) eine genauere Fehlerberechnung für bereits durchgeführte Surveys vorzunehmen. Die Simulation vieler Surveys ermöglicht es den Forschenden, die Unsicherheit in den Ergebnissen vorangegangener, historischer Surveys möglichst genau zu bestimmen. Dies erlaubt eine bessere Planung und Interpretation der bisherigen Ergebnisse. Diese vorläufigen Ergebnisse wurden auch auf der ICES-Fachtagung „Small Pelagic Fish International Symposium“ 2022 in Lissabon vorgestellt.

 

Links und Downloads

 

Thünen-Ansprechperson

Zeitraum

1.2001 - 12.2027

Weitere Projektdaten

Projektstatus: läuft

Publikationen

  1. 0

    Scoulding B, Fairclough DV, Devine C, Jackson G, Lewis P, Waltirck D, West L, Skepper C, Briggs J, Lek E, Yeoh D, Crisafulli BM, Fisher E, Denham A, Mitchell P, Gastauer S (2024) Aerial drones and recreational fish finders: evaluating a low-cost method for surveying fish aggregations. Mar Freshwater Res 75(18):MF24207, DOI:10.1071/MF24207

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn069117.pdf

  2. 1

    Van Dijk TAGP, Roche M, Lurton X, Fezzani R, Simmons SM, Gastauer S, Fietzek P, Mesdag C, Berger L, Klein Breteler M, Parsons DR (2024) Bottom and suspended sediment backscatter measurements in a flume - Towards quantitative bed and water column properties. J Mar Sci Eng 12(4):609, DOI:10.3390/jmse12040609

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn068519.pdf

  3. 2

    Lebourges-Dhaussy A, Ariza A, Diogoul N, Gastauer S, Handegard NO, Jech M, Khodabandeloo B, Bouffant N Le, Lee W-J, Macaulay G, Receveur A, Ryan T, Sakinan S, Schaber M, Stevens J, Sullivan P, Viehmann H, Wall C, Warren J, Wieczorek A, Zydlewski G (2023) Working Group of Fisheries Acoustics, Science and Technology (WGFAST). Copenhagen: ICES, iii, 11 p, ICES Sci Rep 5(90), DOI:10.17895/ices.pub.24190512

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn069274.pdf

  4. 3

    Jech M, Schaber M, Gastauer S, Alegria N, Algroy T, Andersen LN, Anderson C, Annasawmy AP, Arendt C, Ariza A, Barbin L, Berger L, Boyra G, Brehmer P, Bristow M, Calise L, Carlsen A, Cermak J, Chawarski J, Chu D, et al (2022) Working Group of Fisheries Acoustics, Science and Technology (WGFAST). Copenhagen: ICES, 93 p, ICES Sci Rep 4(54), DOI:10.17895/ices.pub.20178464

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn065841.pdf

  5. 4

    Jech M, Ariza A, De Robertis A, Rezvanifar A, Lavery AC, Lebourges-Dhaussy A, Sepulveda A, Bertrand A, Blanluet A, Scoulding B, Berges B, Bárðarson B, Robinson C, Wall C, Anderson C, Taylor C, O'Donnel C, Grados D, Copland D, Schaber M, et al (2020) Working Group on Fisheries Acoustics, Science and Technology (WGFAST). Copenhagen: ICES, 18 p, ICES Sci Rep 2(70), DOI:10.17895/ices.pub.7444

  6. 5

    Gröhsler T, Schaber M (2014) Annex 6: Cruise reports from other acoustic surveys in the area : Annex 6a: Western Baltic acoustic survey ; Survey report for FRV "Solea" ; German Acoustic Autumn Survey (GERAS), 30 September 2013 - 19 October 2013. In: Report of the Working Group of International Pelagic Surveys (WGIPS) ; 20-24 January 2014. Copenhagen: ICES, pp 224-251

  7. 6

    Gröhsler T, Schaber M (2014) Survey Report for FRV "Solea" German Acoustic Autumn Survey (GERAS) 30 September 2013 - 19 October 2013. In: Report of the Baltic International Fish Survey Working Group (WGBIFS) : 24-28 March 2014 ; Gdynia, Poland. Copenhagen: ICES, pp 250-258

  8. 7

    Planque B, Kristinsson K, Astakhov A, Bernreuther M, Bethke E, Drevetnyak K, Nedreaas K, Reinert J, Rolskiy A, Sigurdsson T, Stransky C (2013) Monitoring beaked redfish (Sebastes mentella) in the North Atlantic, current challenges and future prospects. Aquatic Liv Res 26(4):293-306, doi:10.1051/alr/2013062

  9. 8

    Schaber M, Gröhsler T (2013) Survey Report for FRV "Solea" 2-21 October 2012. In: Report of the Baltic International Fish Survey Working Group (WGBIFS) : Annex 8: Cruise reports of acoustic surveys BASS and BIAS in 2012. Copenhagen: ICES, pp 266-289

  10. 9

    Bethke E, Götze E, Planque B (2010) Estimation of the catchability of redfish and blue whiting for survey trawls in the Norwegian Sea. J Appl Ichthyol 26:47-53, DOI:10.1111/j.1439-0426.2010.01446.x

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