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Dossier

Beitrag der gemeinsamen Agrarpolitik zur Gleichstellung von Frauen und Männern

Petra Raue, Zazie von Davier | 12.03.2025


LV Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen
BW Institut für Betriebswirtschaft

Rund sechs Milliarden Euro umfassen die jährlichen Fördergelder des GAP-Strategieplans. Frauen profitieren davon weniger als Männer. Es gibt erste Ansatzpunkte, um das zu ändern, doch der Weg ist noch weit.

Der GAP-Strategieplan ist das Förderprogramm für die Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in Deutschland für den Zeitraum 2023 bis 2027. Er gliedert sich in zwei Säulen der Förderung. Die erste Säule liegt in der Verantwortung des Bundes und ermöglicht Zahlungen an landwirtschaftliche Betriebe zur Einkommensstützung. Die zweite Säule, die in der Verantwortung der Bundesländer liegt, fördert die Entwicklung ländlicher Räume. Den Bundesländern bleibt dabei viel Freiheit, das Förderangebot selbst auszugestalten. So können sie etwa die Landwirtschaft fördern, den Umweltschutz unterstützen oder die ländlichen Räume als Ganzes in den Blick nehmen. Die EU-Kommission gibt vor, dass der GAP-Strategieplan zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen soll. Doch wer profitiert von den Fördergeldern?

Frauen profitieren weniger als Männer

Die Förderung der ersten Säule richtet sich unter anderem nach der Größe der Betriebe. Landwirtschaftliche Betriebe gehören jedoch überwiegend Männern. Von Männern geführte Betriebe sind zudem größer, sodass in diesem Förderbereich Frauen nur wenig profitieren.
In der zweiten Säule werden unter anderem Investitionen landwirtschaftlicher Betriebe, beispielsweise in den Umbau von Ställen oder die Anschaffung von Hühnermobilen, gefördert. Dabei haben Frauen in der Vergangenheit weniger profitiert, als es ihrem Anteil an der Leitung landwirtschaftlicher Betriebe entspricht. Das haben Auswertungen der 5-Länder-Evaluierung gezeigt.

 

Frauen sind in Entscheidungen unterrepräsentiert

Andere Maßnahmen der zweiten Säule unterstützen unter anderem Kommunen und Vereine dabei, das Ortsbild der Dörfer zu verbessern, soziale Treffpunkte und Freizeitangebote zu schaffen oder den Landtourismus zu stärken. Da Frauen seltener in den Gemeinderäten sitzen als Männer, ist ihre Perspektive in den Förderentscheidungen oft unterrepräsentiert. Frauen werden häufig nicht gezielt in die Planung solcher Vorhaben einbezogen, wie bisherige Evaluierungen zeigen.

Eine zentrale Fördermaßnahme in diesem Bereich ist die Dorfentwicklung, die mit Mitteln des GAP-Strategieplans, aber auch mit Bundes- und Landesmitteln gefördert wird. In Hessen begleitet jeweils eine lokale Steuerungsgruppe in den als Förderschwerpunkte ausgewählten Gemeinden die Dorfentwicklung. Die Steuerungsgruppe setzt sich zusammen aus Vertreter*innen von Kommune, politischen Gremien und lokalen Akteur*innen und gibt Empfehlungen, welche Projekte zur Dorfentwicklung gefördert werden sollen. Doch in der vergangenen Förderperiode (2014 – 2022) waren durch-schnittlich weniger als ein Drittel Frauen in den Steuerungsgruppen vertreten. Ergebnisse der 5-Länder-Evaluierung aus anderen Bundesländern bestätigen das Bild.

Um Frauen und Männer mit dem GAP-Strategieplan gleichermaßen zu unterstützen, bräuchte es Fördermaßnahmen, die gezielt Frauen unterstützen oder bestehende Nachteile für Frauen abbauen. Förderangebote könnten so gestaltet werden, dass sie die Interessen von Frauen und Männern gleichermaßen berücksichtigen. So könnte man etwa Projekte von Frauen bei der Auswahl höher gewichten oder Leitfäden für eine geschlechtergerechte Dorfentwicklung und Planung von konkreten Projekten wie Begegnungsstätten oder Freizeitangeboten anbieten.

Großes Potenzial zur verbesserten Gleichstellung

Aufbauend auf den Erkenntnissen bisher durchgeführter Evaluationen und der Studie zur Lebenssituation von Frauen auf landwirtschaftlichen Betrieben haben Forschende am Thünen-Institut die Fördermaßnahmen des GAP-Strategieplans analysiert und ihren potenziellen Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und Männern eingeordnet. Dabei haben sie erste positive Ansatzpunkte identifiziert, die jedoch nur selten durch die Länder in der Ausgestaltung der Fördermaßnahmen genutzt werden:

  • Der deutsche GAP-Strategieplan enthält lediglich ein Förderangebot, das ausschließlich Frauen unterstützt, nämlich die „Innovativen Maßnahmen für Frauen im Ländlichen Raum“ in Baden-Württemberg. Dieses Förderangebot hilft strukturelle Nachteile abzubauen, indem es innovative Unternehmensgründungen und -erweiterungen von Frauen sowie unterstützende Qualifizierungen und Coachings fördert. Es wird bereits seit mehreren EU-Förderperioden erfolgreich umgesetzt.
  • In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein gibt es z. B. Vorgaben zur Zusammensetzung von Lokalen Aktionsgruppen der LEADER-Regionen. Dort wird vorgeschrieben, dass mindestens ein Drittel der stimmberechtigten Mitglieder Frauen sein müssen.
  • Vereinzelt werden Projekte bevorzugt gefördert, die zur Gleichstellung von Frauen und Männern beitragen. Bei der „Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirt*innen“ werden in den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt bei sonst gleicher Bewertung, Projekte von Frauen gegenüber denen von Männern in der Förderung vorgezogen.

Trotz erster Ansatzpunkte im GAP-Strategieplan gibt es noch großen Handlungsbedarf für eine verbesserte Gleichstellung von Frauen und Männern. Noch wird nur ein sehr geringer Anteil der Mittel für Fördermaßnahmen eingesetzt, die einen direkten Impuls für die Gleichstellung in ländlichen Räumen setzen (2,8 Prozent) oder ein deutliches Potenzial dafür haben (4,8 Prozent). Knapp 70 Prozent der Mittel fließen in Förderangebote, die die bestehende strukturelle Ungleichheit, vor allem in der Landwirtschaft, fortschreiben.

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