Weiter zum Inhalt
FAQ

Hohe Treibhausgas-Emissionen aus Landnutzung

Roland Fuß | 15.01.2025


AK Institut für Agrarklimaschutz

Durch die neuen Zahlen zur Treibhausgas-Bilanz ist es nun offiziell: Deutschlands Wälder schwächeln bei der Kohlenstoffbindung, entwässerte Moorböden emittieren weiterhin kräftig. Unsere FAQ erläutern die Hintergründe, warum der Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) als Senke für Kohlendioxid derzeit ausfällt.

Im Klimaschutzgesetz wird dem Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF) eine besondere Rolle zugewiesen: Als einziger Sektor enthält er auch Senken, nicht nur Quellen von Treibhausgasen. In Deutschland stehen der Einbindung von Kohlendioxid in Waldökosystemen die hohen Emissionen vor allem aus entwässerten organischen Böden gegenüber, so dass sich derzeit in der Summe eine leichte Quelle von Treibhausgasemissionen ergibt. In der Vergangenheit war der Sektor oft eine bedeutende Senke für Treibhausgase, das heißt, es wurde mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre gebunden als freigesetzt.
In Deutschland sind aktuell rund fünf Milliarden Tonnen organischer Kohlenstoff in der Vegetation und in Böden von landwirtschaftlich genutzten Flächen und Wäldern gebunden. Das entspricht etwa 18,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Zum Vergleich: Eine solche Menge Kohlendioxid (CO2) hat Deutschland in den 23 Jahren von 2000 bis 2022 emittiert. Deswegen haben Land- und Forstwirtschaft eine hohe Verantwortung, die großen, in Boden und Vegetation gespeicherten Kohlenstoffmengen durch eine nachhaltige Nutzung zu sichern und, wo möglich, zu mehren.

  • CO2-Emissionen aus natürlichen Kohlenstoffspeichern wie Biomasse, Totholz, Streu und Böden sowie CO2-Senken in diesen natürlichen Speichern
  • CO2-Emissionen oder CO2-Senken durch Verkleinerung oder Vergrößerung der in Holzprodukten gespeicherten Kohlenstoffmenge
  • CO2-Emissionen durch die Verwendung von Torfprodukten wie Blumenerden
  • Methanemissionen aus Feuchtgebieten und aus künstlichen Gewässern wie Entwässerungsgräben, Fischteichen und Talsperren
  • Treibhausgasemissionen durch Waldbrand
  • Lachgasemissionen aus Böden, die nicht landwirtschaftlich genutzt werden (Lachgasemissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden werden im Sektor Landwirtschaft berichtet)

 

Die Nettotreibhausgasbilanz wird wesentlich durch Änderungen in den großen Kohlenstoffspeichern bestimmt. Das sind in erster Linie trockengelegte Moorböden (organische Böden) und Wald (mit Biomasse, Totholz und Böden). Mit rund 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sind trockengelegte Moorböden nach wie vor eine hohe Quelle von Treibhausgasen. Diese Böden werden überwiegend landwirtschaftlich, aber auch forstwirtschaftlich und für Siedlungszwecke genutzt. Da bisher nur wenige und verhältnismäßig kleine Flächen wiedervernässt wurden, gibt es noch keine Trendumkehr in Richtung verringerter Emissionen. Mit der Berichterstattung 2025 wird neu berücksichtigt, dass die Emissionen wetterabhängig sind. In trockenen Jahren wie 2003 und 2018 sind die Wasserstände dieser Böden niedriger, so dass mehr Torf durch Mikroorganismen abgebaut wird und höhere CO2-Emissionen entstehen.

Demgegenüber steht der Wald. Dieser war in Summe aus Biomasse, Totholz, Böden und Holzprodukten in der Vergangenheit eine verlässliche Senke von Treibhausgasen. Schwankungen ergaben sich bisher in erster Linie durch forstliches Management, insbesondere den Holzeinschlag, oder durch heftige Stürme, die großen Schaden anrichteten. Die Daten der vierten Bundeswaldinventur, die im Oktober 2024 veröffentlicht wurden und in die THG-Berichterstattung 2025 eingeflossen sind, zeigen die Auswirkungen der extremen Dürre in den Jahren 2018 bis 2020.

Der Wald speichert aktuell 1.184 Millionen Tonnen Kohlenstoff (108 Tonnen Kohlenstoff je Hektar) in den lebenden Bäumen. Im Totholz sind weitere 46,1 Millionen Tonnen Kohlenstoff gebunden.

Die vierte Bundeswaldinventur hat gezeigt, wie stark sich der Klimawandel auf den deutschen Wald inzwischen auswirkt. Aufgrund der Dürrejahre sind auf rund zwei Millionen Hektar Fläche die Baumbestände geschädigt und teilweise vollständig abgestorben. Betroffen sind insbesondere die Bestände der bisher für die Holznutzung wichtigsten Baumart Fichte. Seit 2017 ist der Fichtenvorrat um 18,2 Prozent gesunken.

Auch der Holzzuwachs ist erheblich zurückgegangen. An dieser Situation wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern. Junge Bäume auf Wiederaufforstungsflächen bauen anfangs nur wenig Holzvorrat auf. Erst ab einem Alter von ungefähr 20 Jahren legen sie erheblich an Umfang zu und speichern dementsprechend viel Kohlenstoff.

Auch Bäume, die die Dürre überstanden haben, sind deutlich geschädigt. Das hatte bereits die Waldzustandserhebung 2023 gezeigt.

In der Summe hat der im Wald gespeicherte Kohlenstoffvorrat daher seit 2018 abgenommen, der Wald ist von einer Senke zu einer Quelle von CO2-Emissionen geworden. Er kann daher andere Treibhausgas-Quellen im LULUCF- und in anderen Sektoren nicht einmal mehr teilweise kompensieren. Das Thünen-Institut untersucht derzeit, ab wann die Senkenfunktion des Waldes wieder hergestellt sein könnte – vorausgesetzt, es treten keine erneuten großflächigen Schadereignisse auf.

Anders als bisher angenommen, emittieren auch landwirtschaftlich genutzte Mineralböden CO2. Modellierungen des Thünen-Instituts zeigen, dass Deutschlands Ackerflächen etwa 0,14 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar und Jahr verlieren. Das sind etwa sieben Millionen Tonnen CO2-Äquivalent pro Jahr. Den Berechnungen liegen erste Ergebnisse der laufenden Wiederholungsinventur der Bodenzustandserhebung Landwirtschaft sowie der LUCAS-Bodeninventur der EU und Daten von den Bodendauerbeobachtungsflächen der Bundesländer zugrunde. Auch Grünland ist keine Kohlendioxid-Senke, obwohl dort mehr Kohlenstoff gespeichert ist als in Ackerböden.

  • Die Wiedervernässung von Mooren ist eine komplexe und langfristige Aufgabe, hat aber das höchste Klimaschutz-Potenzial. Nach Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Klimaschutz durch Moorbodenschutz und gemäß Moorschutzstrategie sollen bis 2030 jährlich fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalent eingespart werden. Neben Agrarumwelt- und Klimaschutzmaßnahmen und Länderprogrammen werden auch über das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz Maßnahmen zur Wiedervernässung finanziert. Verlässliche Rahmenbedingungen für eine Nutzung der nassen Böden etwa zum Anbau von Paludi-Kulturen ermöglichen ambitionierten Klimaschutz.
  • Mit dem Ausstieg aus dem Torfabbau und aus der Torfverwendung in Blumenerden und Kultursubstraten lassen sich ebenfalls erhebliche Mengen an CO2-Emissionen vermeiden.
  • Die Wälder, die durch Dürre und den damit zusammenhängenden Borkenkäferbefall geschädigt wurden, müssen zügig wieder aufgeforstet werden. Es sollten standortangepasste und gegen den Klimawandel resiliente Baumarten verwendet werden. Ein hoher Zuwachs an Biomasse ist dabei durchaus von Vorteil. So kann die Senkenleistung der Wälder langfristig wiederhergestellt oder sogar verbessert werden.
  • Der Umbau des Waldes weg von der typischen Fichten-Monokultur hin zu Mischwäldern steigert die Resilienz und Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel. Dazu ist es zwar notwendig, weitere Bäume zu entnehmen und kurzfristig sogar Emissionen in Kauf zu nehmen. Langfristig kann so aber eine CO2-Senkenleistung des Waldes gesichert werden.
  • Wo möglich, sollte zusätzlicher Wald neu angelegt werden. Auch in neu gepflanzten Hecken und anderen Agrargehölzen kann schnell eine erhebliche Menge Kohlenstoff aus Kohlendioxid eingebunden werden.
  • Die Potenziale zur Erhöhung des Holzproduktespeichers sollten ausgenutzt werden, z.B. durch die Umsetzung der Holzbauinitiative.
  • Der Anbau von Zwischenfrüchten und Fruchtfolgen, die die Humusbildung unterstützen, sollte ausgeweitet werden, um die CO2-Speicherkapazität des Bodens zu stärken.
  • Angesichts der ambitionierten Klimaziele müssen zudem weitere Optionen untersucht und entwickelt werden. Beispielsweise wird im Rahmen der Langfriststrategie Negativemissionen der Bundesregierung Pflanzenkohle als Möglichkeit zur langfristigen Kohlenstoffspeicherung in Böden betrachtet.

Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft

Im Jahr 2022 war die deutsche Landwirtschaft für die Emission von rund 53,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Äquivalenten verantwortlich. Das sind 7,1 Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen. Wesentliche Quellen sind Methanemissionen aus der Tierhaltung und Lachgasemissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden.

Mehr erfahren
Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft

Darum ist Weizen kein Kohlenstoffspeicher

Obwohl die Landwirtschaft Pflanzen anbaut, die Kohlenstoff binden, trägt sie nicht dazu bei, atmosphärisches Kohlendioxid zu minimieren. Das allerdings wird immer wieder behauptet und mit Rechenbeispielen vermeintlich belegt. Unser Faktencheck zeigt, warum landwirtschaftliche Produkte praktisch keine Relevanz für den Klimaschutz haben.

Mehr erfahren
Darum ist Weizen kein Kohlenstoffspeicher

Projekte

Bundeswaldinventur

Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Bundeswaldinventuren sowie Aufbereitung der Ergebnisse

Mehr erfahren
Bundeswaldinventur

Bodenzustandserhebung Landwirtschaft (BZE-LW)

Der Gehalt an organischer Substanz im Boden trägt entscheidend zur Standortproduktivität bei. Die Menge und Qualität organischen Kohlenstoffs im Boden wird durch Klima, Standort und Nutzung beeinflusst.

Mehr erfahren
Bodenzustandserhebung Landwirtschaft (BZE-LW)

CatchHedge - Kohlenstoffspeicherung in Hecken und Feldgehölzen

Hecken sind Klimaschützer: Neuanpflanzungen von Hecken auf Ackerflächen haben ein großes Potential, zum Klimaschutz beizutragen. Denn Hecken speichern fast so viel Kohlenstoff pro Hektar wie Wälder.

Mehr erfahren
CatchHedge - Kohlenstoffspeicherung in Hecken und Feldgehölzen

Nach oben