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Bremerhaven wird Kinderstube der Europäischen Auster

Am Thünen-Institut für Fischereiökologie werden Zucht- und Fortpflanzungstechniken für die Europäische Auster erprobt und optimiert. Die erfolgreiche Produktion von sogenannten Saatmuscheln ist ein Schlüssel für die erfolgreiche Wiedererrichtung von Austernbänken in der Nordsee.

Es liegen braune Austern in zwei Körben in einem Wasserbecken.
© Thünen-Institut/Bérenger Colsoul

Die Austernzucht hat begonnen.

Die kleinen Larven haben einen Durchmessen von 212 bis 252 µm. Ein µm enspricht einem millionstel Meter.
© Thünen-Institut/Bérenger Colsoul

Austernlarven unter einem Mikoskop.

Sie ist weit mehr als eine kulinarische Spezialität, sie gilt als „Ingenieurin der Meere“: die Europäische Auster (Ostrea edulis). Durch die Bildung von Riffen verbessert sie die Wasserqualität, schafft komplexe Lebensräume und fördert die Vielfalt der Meeresbewohner. In einem gemeinsamen Projekt von Thünen-Institut, Alfred-Wegener-Institut (AWI) und Bundesamt für Naturschutz (BfN) soll bis 2034 die Wiederansiedlung der Auster in der deutschen Nordsee gelingen. 

Fische, Krebse, Muscheln – sie alle finden in den Austernbänken Zuflucht, Nahrung oder Laichgebiete. Daneben erbringen diese Oasen der Biodiversitätvielfältige Ökosystemleistungen, etwa, indem sie Sedimente stabilisieren und die Algenblüten abschwächen. 

Die Europäische Auster war einst in der Nordsee weit verbreitet, ist dann aber durch eine zu intensive Nutzung fast vollständig verschwunden. Mit ihrem Verschwinden geriet auch ein ganzer Lebensraum ins Ungleichgewicht – mit direkten Folgen für die Resilienz der Küstenökosysteme. In einem großangelegten Projekt sollen nun bis 2034 Riffe wiederbelebt werden. 

Doch die Wiederansiedlung einer verschwundenen Art ist keine einfache Aufgabe. Eine der größten Herausforderungen besteht darin, geeignetes „Austern-Saatgut“ (Jungmuscheln) zu beschaffen. „Das Saatgut muss nicht nur in ausreichender Zahl vorhanden sein, sondern auch gesund und genetisch vielfältig sein und vor allem bereit dafür, neue Riffe zu besiedeln“, sagt Bérenger Colsoul vom Thünen-Institut für Fischereiökologie. „Ohne diese Grundlage ist eine nachhaltige Wiederherstellung von Lebensräumen unmöglich“, so der Wissenschaftler, der für das Thünen-Institut das Projekt „Integrative Maßnahmen zur Wiederherstellung intakter Riffsysteme der Europäischen Auster in einem artenübergreifenden Ansatz“ bearbeitet. 

Innerhalb der Projektpartnerschaft übernimmt das Thünen-Institut eine Schlüsselrolle: In einer der modernsten Aquakulturanlagen Europas werden Zucht- und kontrollierte Fortpflanzungstechniken für die Europäische Auster erprobt und optimiert. Von der Haltung der Elterntiere über die Kultivierung von Mikroalgen und die Aufzucht der Larven bis hin zu ihrer Ansiedlung auf Schalen („spat-on-shell“) etablieren die Forschenden eine vollständige Produktionskette. Ziel ist es, eine verlässliche Versorgung mit Jungmuscheln sicherzustellen, um Restaurierungsprojekte etwa vor der deutschen Nordseeküste zu unterstützen. „Es geht hier um mehr als die Wiedereinführung einer verschwundenen Art“, sagt Bérenger Colsoul. „Wir wollen lebendige marine Ökosysteme aufbauen, die für die Biodiversität wichtig sind, die Wasserqualität verbessern und insgesamt die Resilienz unserer Ozeane stärken.“

Kontakt

Institut für Fischereiökologie
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