Wie bedeutsam ist der Zustand des Meeresbodens für das Ökosystem Nordsee? Wir erforschen die benthischen Lebensräume in der Deutschen Bucht und bewerten den Zustand und die Ökosystemleistungen des Meeresbodens.
Das Projekt NOAH erstellt ein georeferenziertes Inventar der Eigenschaften des Meeresbodens in der deutschen Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) der Nordsee in Form eines interaktiven „Habitatatlas“. Darin fließen Erkenntnisse aus folgenden Quellen ein:
Die kompilierten Daten sind Grundlage für die Beschreibung des Umweltzustandes und seiner räumlich-zeitlichen Variabilität. Wir leiten Ökosystem-Indikatoren ab und testen sie hinsichtlich ihrer Operationalität. Des weiteren führen wir Risikoanalysen durch: Wie sensibel reagieren Ökosysteme und ihre Leistungen auf zukünftige klimatische Änderungen und verschiedene Nutzungsszenarien? Das Projekt NOAH schafft damit Grundlagen für eine ökologische Zustandsbewertung, die sowohl wissenschaftliche als auch umweltpolitische Ansprüche für die Umsetzung der Europäischen Meeresstrategierahmenrichtlinie erfüllen.
Politische Entscheidungsträger im Bereich Meeresumweltpolitik; Meereswissenschaftler; interessierte Öffentlichkeit
Das Projekt gliedert sich in vier übergeordnete Arbeitspakete:
Das Thünen-Institut ist für das vierte Arbeitspaket verantwortlich. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung von operationellen Indikatoren (z.B. für die Belastung des Meeresbodens durch die Fischerei) und die darauf basierende Bewertung des Ökosystemzustandes. Es soll eine Risikoabschätzung verschiedener Managementszenarien erfolgen, um eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Inwertsetzungen von Ökosystemleistungen sind dabei ein potentielles Entscheidungshilfewerkzeug für die Politik. Das Thünen Institut liefert außerdem Informationen z.B. zur Zusammensetzung benthischer Fischgemeinschaften und zur Verteilung des Fischereiaufwandes, und trägt zur Entwicklung eines Nahrungsnetzmodells der benthischen Lebensgemeinschaften in der Deutschen Bucht (Nordsee) bei.
Das zentrale Produkt von NOAH ist der interaktive Habitatatlas, in dem verschiedenste Datensätze zur Beschreibung der Eigenschaften des Meeresbodens zusammengetragen wurden. Das Thünen-Institut trug dazu unter anderem Daten und detaillierte Karten des internationalen Fischereiaufwandes in der Deutschen Bucht bei, mit deren Hilfe der Einfluss der bodenberührenden Fischerei auf benthische Organismen untersucht wurde. Es konnte allerdings kein direkter statistischer Zusammenhang zwischen der fischereilichen Belastung und den benthischen Gemeinschaften nachgewiesen werden. Dieses liegt unter anderem in der starken räumlichen Korrelation zwischen Umweltparametern (z.B. der Schubspannung) und Fischereiaufwand, aber auch in der möglichen Anpassung der Gemeinschaften auf die chronischen Belastungen begründet. Es bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass die Bodenfauna durch die Fischerei unbeeinflusst ist.
Das Thünen Institut identifizierte und bewertete außerdem Indikatoren, die der Beschreibung des Meeresbodenzustands dienen. Es zeigte sich, dass direkt zu erfassende Indikatoren wie die Aufwandsverteilung oder die Häufigkeit von Arten am ehesten operationalisierbar waren. Wie der Zustand eines Ökosystems mit Hilfe von Indikatoren methodisch bewertet werden kann, ist im Rahmen der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) bisher nicht klar definiert. Hierzu wurden im Projekt verschiedene Ansätze entwickelt (Probst und Stelzenmüller, 2015; Fock und Kraus, 2016).
Des Weiteren wurde ein Konzept zur Modellierung von Managementszenarien mit Hilfe von wahrscheinlichkeitsbasierten Netzwerken (Bayes’sche Netze) entwickelt und für das Beispiel des Disturbance Indicators DI parametrisiert (siehe Abbildung). Der DI spiegelt die relative lokale Störung der benthischen Gemeinschaften durch die bodenberührende Fischerei wider. Mit Hilfe des Modells konnte der Einfluss von Gebietsschließungen (z.B. aufgrund der Einrichtung von Windparkanlagen) und der damit einhergehenden räumlichen Verschiebung des Fischereiaufwandes auf das benthische Ökosystem untersucht werden (Stelzenmüller et al., 2015).
Der Abschlussbericht mit einer detaillierten Ergebnisdarstellung ist über die Projektseite als Download verfügbar. Die Arbeiten von NOAH werden in einer zweiten Phase fortgeführt (NOAH2). Der Fokus des Thünen-Instituts liegt dabei auf der ökosystembasierten Risikobewertung, um Strategien für das Management anthropogener Belastungen des Meeresbodens zu entwickeln.
4.2013 - 3.2016
Projekttyp:
Projektstatus:
abgeschlossen
Anzahl der Datensätze: 7