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© Kay Panten
Institut für

SF Seefischerei

Geschichte des Instituts für Seefischerei

100 Jahre Forschung am Seefisch in Hamburg

 

„2048 kein Fisch mehr im Ozean“– „Kahlschlag auf dem Meeresgrund“. Schon vor 100 Jahren hätten solche Schlagzeilen in den Zeitungen stehen können. Denn schon damals waren viele Fischarten in der Nordsee und in der Unterelbe stark übernutzt. Der Jahrhunderte alte und einträgliche Fischhandel der Hansestadt Hamburg schien bedroht. Die Stadtväter waren in Sorge. Sie suchten nach Fischereibiologen, die mit ihrer Expertise langfristig den Fischfang sichern sollten.

So wurde 1910 die Fischereibiologische Abteilung des Naturhistorischen Museums Hamburg (heute: Zoologisches Institut und Museum der Universität Hamburg) gegründet. Aus der kleinen Abteilung entwickelte sich das Institut für Seefischerei.

Seit dem 1. Januar 2008 ist es eines der 14 Institute des neu gegründeten Johann Heinrich von Thünen-Instituts (vTI), Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei.

Lesen Sie im Folgenden über die verschiedenen geschichtlichen Etappen:

1910 – 1938: Abteilung für Fischereibiologie

Am 1. April 1910 nahm die 1-Mann-Abteilung für Fischereibiologie des Museums für Naturkunde in Hamburg ihre Arbeit auf. Der Zoologe Ernst Ehrenbaum und bald ein Assistent untersuchten die Lebensverhältnisse der Nutzfische der Unterelbe und der Deutschen Bucht. In den 1920ern erwarb die Abteilung mit bis zu 6 Mitarbeitern großes wissenschaftliches Ansehen insbesondere mit ihrer Heringsforschung. Bei der Fischerei stand sie durch gute Beratung hoch im Kurs.

1938 – 1947: Institut für See- und Küstenfischerei Hamburg

Nach 1933 strebte die nationalsozialistische (NS) Regierung an, den deutschen Fischfang drastisch zu steigern. Neue Fischarten und Fangplätze zu erforschen wurde damit zur Hauptaufgabe für die Hamburger Abteilung unter dem NS-Regime. Um die entsprechenden Strukturen zu schaffen, entstand 1938 die Reichsanstalt für Fischerei des Reichsernährungsministeriums in Berlin. Die Hamburger Abteilung wurde als Institut für See- und Küstenfischerei Hamburg in die Reichsanstalt eingegliedert. Fischereiexpeditionen in den zentralen Atlantik und in den Pazifik wurden durchgeführt.

Während des II. Weltkrieges ruhten alle Seetätigkeiten. Fast alle Mitarbeiter wurden eingezogen. Notdürftig konnte weiter an den Auswertungen älterer Daten gearbeitet werden. 1943 zerstörten Bomben das Institut nahezu vollständig. Von Mai 1945 bis 1947 überlebte das Institut in der Privatwohnung des Direktors, spärlich finanziert von der Stadt über die Universität.

1948 – 2007: Institut für Seefischerei Hamburg (ISH)

1948 übernahm die Ernährungsverwaltung der westlichen Alliierten die 4 Hamburger Restinstitute der ehemaligen Reichsanstalt als Zentralanstalt für Fischerei. Aus der „See- und Küstenfischerei“ wurde dabei das Institut für Seefischerei, das bis heute diesen Namen führt. Die Zentralanstalt ging nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland in die Bundesforschungsanstalt für Fischerei des Bundesministeriums für Ernährung über. Seit 1962 arbeiten die Bundesinstitute in der Palmaille 9 oberhalb des Hamburg-Altonaer Fischmarktes. In den 1950ern konnten Fischer bei nachlassenden Erträgen auf weniger befischte Fangplätze und Fischarten ausweichen. Mit Ende der 1960er gingen der deutschen Hochseefischerei jedoch viele Fangplätze durch Ausdehnen von Hoheitsgewässer und Wirtschaftszonen verloren. Das Institut beteiligte sich an der Erforschung von Alternativen, zum Beispiel der Fischbestände in den Tiefen des Nord- und Südatlantik, vor Südamerika, Mexiko und Neuseeland sowie des Antarktischen Krills. Trotz allem verschlechterte sich die Situationen für viele genutzte Bestände und führte letztlich zu der heutigen Situation der Überfischung vieler Bestände.

ab 2008: Institut für Seefischerei im Thünen-Institut

Bestandsforschung und biologisches Monitoring bildet nach wie vor ein Herzstück der Forschung am Institut für Seefischerei. Wissenschaftlich fundierte Zahlen sind die Grundlage für eine langfristige, nachhaltige Nutzung der Meeresressourcen. Die entsprechenden Daten werden aus den Fängen der kommerziellen Fischerei und gezielt mit Forschungsschiffen gewonnen. Keine Fischart lebt allein im Meer. Deshalb müssen auch die vielfältigen Beziehungen des „Fressens und Gefressenwerdens“ in den Meeresökosystemen verstanden sein, um Prognosen für zukünftige Bestandsentwicklungen abgeben zu können.

Ein modernes Fischereimanagement sollte aber nicht nur Interaktionen zwischen den Arten berücksichtigen, sondern gleich gewichtet die Auswirkungen der Fischerei auf Meeresökosysteme und Lebensräume einbeziehen. Veränderungen der Meeresumwelt, zum Beispiel durch Klimawandel und wirtschaftliche Nutzung sind weitere Einflussgrößen, die nicht nur die ökologische Nachhaltigkeit der Fischerei beeinflussen, sondern auch die ökonomische Lebensfähigkeit und die gesellschaftspolitische Dimension des gesamten Sektors. Die Erforschung der biologischen und ökonomischen Grundlagen für ein so genanntes ökosystem-basiertes Fischereimanagement ist daher aktuelles Forschungsthema des Instituts.

Die integrierte Meerespolitik der Europäischen Union führt die verschiedenen sektoralen Meerespolitiken in einem gemeinsamen Ansatz zusammen. Die Wissensgrundlagen für die Umsetzung dieses sektorübergreifenden Politikansatzes zu schaffen, ist sicherlich die größte Herausforderung an die angewandte Fischerei- und Meersforschung in der nächsten Zukunft. Denn ähnlich der Politik werden auch für die Wissenschaft sektorübergreifende Ansätze benötigt.

ab 2018: das Institut für Seefischerei und das Institut für Fischereiökologie in Bremerhaven

In Bremerhaven wurde ein modernes Institutsgebäude im Fischereihafen für das Thünen-Institut gebaut. Seit Juni 2018 beherbergt nun dieses Gebäude das Institut für Seefischerei und das Institut für Fischereiökologie.

Am Mittwoch, den 15. August 2018 war es endlich soweit: Nachdem der Umzug der beiden Thünen-Institute von Hamburg und weiteren Außenstandorten im Norden nach Bremerhaven bereits im Sommer abgeschlossen war, wurde das Gebäude im Fischereihafen offiziell eröffnet.

Weitere Informationen zur Geschichte des Instituts für Seefischerei und der Fischereiforschung in Hamburg erhalten Sie in folgenden Artikeln:

  • Wegner (2010). A research unit grows into an Institute – 100 years of fisheries research in Hamburg. J. Appl. Ichthyol 26 (Suppl. 1), 1 - 3.

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