

Institut für
OF Ostseefischerei
Projekt
Verringern die PAL-Geräte immer noch die Beifänge von Schweinswalen?

PAL-Nutzung in deutschen Gewässern - Aktuelle Wirksamkeit und Funktionsweise
Dieses Projekt untersuchte, ob die Wirkung der PAL-Geräte, die Fischer in Schleswig-Holstein zur Vermeidung von Schweinswal-Beifängen seit 2017 freiwillig an ihren Stellnetzen anbringen, auch über lange Zeiträume hinweg anhält.
Hintergrund und Zielsetzung
Seit 2017 werden spezielle Warngeräte (Porpoise ALert, PAL), die die Beifänge von Schweinswalen (Phocoena phocoena) in Stellnetzen reduzieren, von vielen Fischern in Schleswig-Holstein auf freiwilliger Basis an ihren Netzen angebracht. Es ist jedoch unklar, ob die vom Thünen-Institut für Ostseefischerei nachgewiesene Wirkung der PAL auch über lange Zeiträume hinweg anhält oder ob sie womöglich nachlässt, weil sich die Schweinswale an die Warnsignale gewöhnen. Das Drittmittelprojekt „PAL Nutzung in deutschen Gewässern“ ("PAL use in German waters - Current efficiency and mode of operation", PAL-CE), das vom Deutschen Meeresmuseum Stralsund geleitet und vom Bundesamt für Naturschutz finanziert wurde, untersuchte diese Frage in einem Projekt, das in 2022 begann und Ende Juni 2025 endete. Neben dem Thünen-Institut für Ostseefischerei (Projektleiter Dr. C. von Dorrien) beteiligten sich weitere externe Partner an dem Projekt. Dazu zählen z. B. die Aarhus University (Dänemark) und das Ostsee Info Center Eckernförde (Deutschland).
Vorgehensweise
Die Arbeiten des Thünen-Institutes für Ostseefischerei beinhalteten - parallel zu den vom Deutschen Meeresmuseum durchgeführten experimentelleren Untersuchungen zur Reaktion der Schweinswale auf die PAL - die Erfassung möglicher akustischer Reaktionen von Schweinswalen auf an den Stellnetzen kommerzieller Fischer angebrachten PAL über längere Zeiträume vor den Küsten Schleswig-Holsteins und Dänemarks. Außerdem wurde mit Hilfe von Video-Drohnen und Theodoliten das Verhalten von Schweinswalen in direkter Nähe eines Stellnetzes intensiv erforscht. Dabei wurden auch diese beiden Untersuchungsmethoden vergleichend untersucht.
Daten und Methoden
Schweinswale sind aufgrund ihrer kleinen Größe und unauffälligen Verhaltens besonders schwierig zu beobachten. Um ihr Verhalten besser verstehen zu können, sind daher effiziente Beobachtungsinstrumente erforderlich. Theodolit und Drohne sind zwei landbasierte Beobachtungsmethoden, die häufig verwendet werden, um sich in Küstennähe aufhaltende kleine Wale zu beobachten.
Drohnen mit Videokameras wurden verwendet, um das Verhalten von Schweinswalen in der Nähe eines adaptierten Stellnetzes mit und ohne PAL während eines Feldversuches vor Fyns Hoved (Dänemark) genauer zu untersuchen. Diese Versuche waren darauf ausgelegt, unser Verständnis der zugrunde liegenden Verhaltensmechanismen, die zum Verfangen in Stellnetzen führen, sowie der Verhaltensreaktionen von Schweinswalen auf ein mit PAL ausgestattetes Netz zu vergrößern. Dazu wurden Schweinswale in freier Natur mit Drohnen und akustischen Unterwasserrekordern in der Nähe eines Stellnetzes erfasst und verschiedene Aspekte ihres Verhaltens untersucht: Schwimmgeschwindigkeit, Atmungsrate, Reaktionsarten auf das Netz und das PAL sowie in welcher Entfernung zum Netz sie bestimmte Reaktionen zeigten.
Um weiter zu untersuchen, ob Schweinswale in Deutschland (Schleswig-Holstein) seit der ersten Anwendung des PAL-Signals im Jahr 2017 habituiert (gewöhnt) haben könnten, wurde ein Langzeitexperiment in Zusammenarbeit mit einigen Fischern in Deutschland und Dänemark durchgeführt, um das Echoortungsverhalten von Schweinswalen in der Nähe von Stellnetzen mit PAL aufzuzeichnen. Zu diesem Zweck wurden zwei Gebiete in der westlichen Ostsee ausgewählt, in denen Schweinswale der Beltsee-Population vorkommen, da das PAL-Signal ein synthetisches Schweinswal-Signal aus dieser Population ist und bisher nur in diesem Gebiet erfolgreich getestet wurde. Da PAL in der dänischen Fischerei nicht eingesetzt wird, wurde das Experiment unter der Annahme durchgeführt, dass Schweinswale in Dänemark dem PAL-Signal gegenüber naiv sind, und Dänemark somit als nicht-exponiertes Gebiet betrachtet werden kann. Um zu testen, ob Schweinswale in Deutschland an das PAL-Signal habituiert (gewöhnt) sind, wurde die Echoortung von Schweinswalen auf Referenzstationen ohne PAL und in der Nähe von PAL-ausgestatteten Netzen innerhalb Deutschlands und Dänemarks sowie zwischen den beiden Ländern verglichen. Vier Parameter, die die Klicksequenzen der Schweinswale beschreiben, wurden für diesen Zweck ausgewählt und mithilfe üblicher Statistikverfahren sowie moderner Machine-Learning-Modelle untersucht: Anzahl der Klicks innerhalb einer Klicksequenz, Medianfrequenz, durchschnittliche Lautstärke sowie der zeitliche Mindestabstand zweiter Klicks in einer Sequenz.
Schließlich wurden Vorteile und Nachteile der beiden landbasierter Beobachtungsverfahren - Theodolit und Drohne - während der Feldversuche in Fyns Hoved (Dänemark) analysiert und verglichen. Dazu wurden Daten über die Positionen, das Verhalten und die Gruppengrößen von Schweinswalen gesammelt und verglichen.
Ergebnisse
Schweinswale zeigten begrenzte Verhaltensreaktionen, während sie das Stellnetz entlang schwammen. Dabei war die häufigste Reaktion das Schwimmen über die Schwimmleine des Netzes, ohne das weitere Reaktionen erkannbar waren, sowohl während PAL Signale sendeten als auch bei stummen PAL. Die Schweinswale zeigten dabei ein konsistentes Muster der Schwimmgeschwindigkeit, indem sie die Geschwindigkeit in unmittelbarer Nähe des Netzes erhöhten und nach der Interaktion mit dem Netz langsamer wurden. Dieses Muster wurde beobachtet, sowohl wenn nur das Stellnetz vorhanden war als auch wenn PAL angebracht war. Das Echoortungsverhalten der Schweinswale wies dabei einige signifikante Unterschiede bei den Parametern der Klicksequenzen auf, wenn das PAL Signale sendete.
Bei den Langzeituntersuchungen in der Fischerei waren die Medianwerte für alle vier untersuchten akustischen Parameter der Klicksequenzen sehr ähnlich, sowohl zwischen den Referenzstationen in Deutschland und Dänemark als auch zwischen den Referenzstationen und den mit PAL ausgestatteten Netzen innerhalb der Länder. Basierend auf den vier ausgewählten Parametern der Klicksequenzen konnte keine Habituation der Schweinswale in Deutschland gegenüber dem PAL nachgewiesen werden.
Bei dem Vergleich der Beobachtungsmethoden erwies sich der Theodolit als besser geeignet, um schnell Daten über die allgemeine Verteilung von Schweinswalen in einem Gebiet zu sammeln, und überzeugte bei der Datenerfassung über größere Entfernungen. Die Genauigkeit der ermittelten Positionsdaten der Schweinswale an der Oberfläche war mit beiden Methoden ähnlich, aber Drohnen zeigten einen klaren Vorteil bei der Verhaltensbeobachtung, da sie es ermöglichen, die Tiere sogar unter der Wasseroberfläche zu beobachten. Auch die Gruppengrößen konnten mit Drohnen genauer bestimmt werden.
Die neuen Erkenntnisse, die im Rahmen dieses Projektes gewonnen wurden, schließen mehrere Wissenslücken im Zusammenhang mit dem Verhalten von Schweinswalen in direkter Nähe zu Stellnetzen sowie dem PAL in der westlichen Ostsee (Beltsee). Die Verhaltensbeobachtungen ergaben, dass Schweinswale in der Lage sind, Stellnetze zu überqueren, ohne sich darin zu verfangen, und dass sie dabei keine starken Reaktionen zeigen, weder im Verhalten, in ihrer Echoortung oder in den Schwimmgeschwindigkeiten, wenn sie mit Stellnetzen und dem PAL interagieren. Allerdings besteht weiterhin das Problem des Beifangs in der kommerziellen Fischerei, was möglicherweise auf Ablenkung oder Unerfahrenheit von Schweinswalen zurückzuführen ist, anstatt auf eine mangelnde Erkennbarkeit der Stellnetze. Es wird daher empfohlen, die Strategie der Erhöhung der Aufmerksamkeit von Schweinswalen mittels PAL mit Methoden zu kombinieren, die die akustische Erkennbarkeit von Netzen erhöhen (wie z. B. dem Perlnetz), um das Risiko des Beifangs weiter zu reduzieren.
Basierend auf den bereits verfügbaren Ergebnissen über das PAL und den neuen Erkenntnissen aus diesem Projekt, scheint das PAL eine gute Alternative zu herkömmlichen Pingern in der westlichen Ostsee (Beltsee) zu sein, da das PAL die Schweinswale weder von ihrem Lebensraum ausschließt noch Anzeichen von Gewöhnung an das PAL-Signal in den vier analysierten Parametern der Klicksequenzen festgestellt wurden. Neben diesen vielversprechenden Erkenntnissen sollte und konnte dieses Projekt jedoch keine Informationen liefern, ob das PAL immer noch ausreichend zur Reduzierung des Beifangs in der deutschen bzw. schleswig-holsteinischen Fischerei beiträgt. Um diese Frage zu beantworten, sollte daher angesichts der Komplexität der kommerziellen Fischerei in der westlichen Ostsee ein langfristig angelegtes Beifang-Monitoring implementiert werden, mit dem überprüft werden kann, ob die nachgewiesene Reduzierung der Beifänge durch das PAL über die Zeit hinweg anhält. Dies ist besonders relevant im Hinblick auf die begrenzten Informationen über die Beifänge von Schweinswalen in Deutschland und die Tatsache, dass die aktuellen geschätzten Beifangraten für die westliche Ostsee (Beltsee) insgesamt die nachhaltigen Schwellenwerte für Beifänge überschreiten.
Die am Institut für Ostseefischerei gewonnenen Ergebnisse wurden in mehreren wissenschaftlichen Publikationen und einer Disseration zusammengefasst (Dinkel, 2025).
Thünen-Ansprechperson

Thünen-Beteiligte
Beteiligte externe Thünen-Partner
- Deutsches Meeresmuseum
(Stralsund, Deutschland) - Aarhus University
(Aarhus, Tjele, Dänemark)
Geldgeber
-
Bundesamt für Naturschutz (BfN)
(national, öffentlich)
Zeitraum
10.2021 - 6.2025
Weitere Projektdaten
Projektstatus:
abgeschlossen
Publikationen
- 0
Dinkel TM (2025) Harbour porpoise behaviour near bottom set nets and acoustic bycatch mitigation devices [online]. Hamburg: SUB Hamburg Carl von Ossietzky, 148 p, Hamburg, Univ, Fak f Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften, Diss, 2025, zu finden in <https://ediss.sub.uni-hamburg.de/handle/ediss/11713> [zitiert am 12.09.2025]
- 1
Dinkel TM, Girard A, Bär T, Dähne M, Craul A-K, Cosentino M, Meyer-Klaeden O, Dahlke FT, Dorrien C von (2025) Performance of theodolites versus drones in land-based studies of marine mammals. Sci Rep 15:20302, DOI:10.1038/s41598-025-06978-8
- 2
Dinkel TM, Rostock L (2025) Training data set for PAL filter [Datenpublikation]. 1 XLSX file. Göttingen: OpenAgrar, DOI:10.3220/253-2025-43
- 3
Chladek J-C, Culik B, Kindt-Larsen L, Moesgaard Albertsen C, Dorrien C von (2020) Synthetic harbour porpoise (Phocoena phocoena) communication signals emitted by acoustic alerting device (Porpoise ALert, PAL) significantly reduce their bycatch in western Baltic gillnet fisheries. Fish Res 232:105732, DOI:10.1016/j.fishres.2020.105732
Poster: Vermeidung der Beifänge von Schweinswalen
Poster Download
479 KB



