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Expertise

Mit heimischem Sojaanbau Importe ersetzen und die Fruchtfolgen auflockern?

Jannik Dresemann, Thomas de Witte, Yelto Zimmer (agri benchmark) | 12.05.2023


BW Institut für Betriebswirtschaft

Die großen Importmengen von Soja werden aus verschiedenen Gründen kritisch gesehen. In Deutschland ist der Sojaanbau in den letzten Jahren stark gestiegen, liegt aber immer noch auf recht bescheidenem Niveau. Aktuelle Hemmnisse und Perspektiven werden im Folgenden beschrieben.

Deutsche Soja-Importe kommen vorwiegend aus Brasilien. In der Öffentlichkeit wird viel über den Ersatz dieser Importe gesprochen, weil – so die Hoffnung – damit die Abholzung des Regenwaldes gebremst werden kann.

Während der globale Sojaanbau aufgrund des Einsatzes von Gentechnik und Glyphosat vielfach in der Kritik steht, könnte der Anbau von gentechnikfreiem Soja in Deutschland dazu beitragen, Herausforderungen im Ackerbau zu lösen. Hintergrund ist, dass die Landwirte händeringend auf der Suche nach profitablen Blattfrüchten sind, um so ihre Fruchtfolgen vielfältiger zu gestalten. Damit ließen sich das Risiko von Herbizidresistenzen mildern und der mineralische Stickstoffeinsatz reduzieren. Daher hat das Thünen-Institut mit Partnern aus dem Netzwerk agri benchmark die Anbauperspektiven von Soja in Deutschland untersucht.  

Der Sojaanbau lag im Jahr 2010 mit 3.500 ha auf einem sehr niedrigen Ausgangsniveau. Seither sind die Anbauflächen rasant gestiegen und lagen im Jahr 2022 bei 51.500 ha, was einer jährlichen Wachstumsrate von etwa 22 % entspricht.

Auf der Grundlage von Experteninterviews und betriebswirtschaftlichen Zahlen ergibt sich für die innerbetriebliche Konkurrenzkraft der Sojabohne folgendes Bild: Insbesondere in der Mitte Deutschlands und im Süden sind Sojabohnen oft an der Wirtschaftlichkeitsschwelle. In Bayern zeigen exemplarische Kalkulationen, dass die Sojabohne im Schnitt der Jahre 2019 bis 2021 mit ca. 700 €/ha ähnliche Deckungsbeiträge geliefert hat wie Raps oder Weizen, der Abstand zum Mais betrug hier nur 100 €/ha. Allerdings wurden in dem Betrachtungszeitraum hier noch Prämien von ca. 145 €/ha gezahlt, die bei dieser Berechnung zunächst außen vorgelassen wurden. Weiter im Norden ist die Wettbewerbsfähigkeit noch nicht gegeben. So beträgt der Deckungsbeitragsnachteil gegenüber dem Raps oder Weizen in den betrachteten Regionen Nordrhein-Westfalens für den gleichen Zeitraum noch 200 €/ha; nur im Vergleich zum Roggen schneidet die Sojabohne etwas besser ab.

Bemerkenswert ist, dass die außerordentlich hohen Düngemittel- und Agrarpreise im Jahr 2022 die innerbetriebliche Wettbewerbsfähigkeit der Sojabohnen nicht verbessert haben. Beispielskalkulationen für die zuvor dargestellten Regionen ergeben vielmehr, dass die Deckungsbeiträge für Sojabohnen um ca. 500 €/ha unter denen von Raps, Weizen oder Mais gelegen haben. Ein Teil dieser Entwicklung ist allerdings darauf zurückzuführen, dass die Sojabohnen mit der Trockenheit des Jahres 2022 schlechter zurechtkamen als die anderen Kulturen und so Ertragseffekte das Ergebnis beeinflussen. Der wesentliche Treiber ist aber der Umstand, dass die Erlöse bei etablierten Kulturen aufgrund des höheren Ertragsniveaus deutlich stärker gestiegen sind als bei den Sojabohnen.


Hemmnisse beim Anbau

Dass nicht mehr Landwirte Sojabohnen anbauen, liegt aber auch an fehlender Erfahrung und Technik sowie an einer schwierigen Vermarktung. Da die regional produzierten Mengen häufig gering sind, sind ihre Erfassung und der Transport teurer als bei den etablierten Kulturen. Weiterhin sind kaum dezentrale Verarbeitungskapazitäten vorhanden, so dass die Sojabohnen häufig über weite Strecken zu der bisher einzigen Mühle in Straubing (Bayern) transportiert werden müssen. Das führt zu hohen Transportkosten und damit zu niedrigen Preisen, die die Landwirte frei Hof erzielen können.

Ein weiterer ökonomischer Hemmschuh für einen stärkeren Anbau von Sojabohnen in Deutschland ist das deutsche Sortenschutzrecht. Anders als bei Getreide verbietet es den Nachbau von Sojabohnen. In der Folge sind die die Saatgutkosten in Deutschland ca. 170 €/ha höher als bei unseren europäischen Nachbarn. Und innerbetrieblich sind in Deutschland die Saatgutkosten bei den etablierten Kulturen wie Weizen oder Raps über 200 €/ha geringer als Sojabohnen.

Aufgrund der starken inländische Nachfrage nach GMO-freiem Sojaschrot sind die Sojapreise in Deutschland gegenüber anderen europäischen Ländern relativ hoch. Während sie z.B. in Ungarn etwa 10 % unter den Rapspreisen liegen, erhalten deutsche Landwirte für Soja 10 % höhere Preise als für Raps.

Der vollständige Bericht zu den Anbauperspektiven von Soja in Deutschland ist als Thünen Report 169 publiziert.

 

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