Expertise
Gegenzölle der EU würden Fischindustrie hart treffen
Christopher Zimmermann | 15.04.2025
Deutschland exportiert viel verarbeiteten Lachs aus Aquakultur in die USA. Strafzölle wären dennoch weniger schwerwiegend als zu erwartende Gegenzölle der EU. Denn: Für den deutschen Markt sind Importe von Weißfisch (vor allem Alaska Pollack) und Wildlachs aus den USA viel wichtiger. Es besteht ein erhebliches Handelsdefizit bei Fischprodukten zugunsten der USA.

Wie Holz- und Agrarprodukte sind auch Exporte von Fisch und Meeresfrüchte unmittelbar von drohenden Strafzöllen der USA betroffen. Die hier zugrunde gelegten Zahlen sind zusammengefasste Werte der vergangenen fünf Jahre (2020-2024), weil die Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren aufgrund von Corona-Pandemie, Ukrainekrieg und Sanktionen hoch sind und das Bild verzerren könnten.
Exporte in die USA: Verarbeiteter Lachs aus Aquakultur
Die USA haben in den vergangenen fünf Jahren Fisch und Fischereiprodukte im Wert von 477 Millionen Euro aus Deutschland bezogen. 15 Prozent davon entfielen auf verarbeitete Produkte. Mit 83 Prozent oder 397 Millionen Euro Anteil am Handelsvolumen ist die am häufigsten aus Deutschland importierte Fischart Lachs. Dabei handelt es sich überwiegend um atlantischen Lachs aus norwegischer Aquakultur, der in Deutschland verarbeitet und veredelt wurde. Auch aus den USA eingeführter pazifischer Lachs wird als veredeltes Produkt zurück in die USA exportiert. Weitere wichtige Fisch-Exportgüter aus Deutschland in die USA sind Konserven (überwiegend Heringskonserven) mit einem Anteil von zehn Prozent oder 49 Millionen Euro am Handelsvolumen und Kaviar/Fischeier mit 14 Millionen Euro oder drei Prozent.
Das Exportvolumen aus den Ländern der EU in die USA betrug im genannten Fünf-Jahres-Zeitraum 4,9 Milliarden Euro. 81 Prozent der Exportware war unverarbeiteter Fisch. 51 Prozent entfielen dabei auf Lachs und Lachsprodukte. Auch Weichtiere (Muscheln und Tintenfische, insbesondere Oktopoden), Wolfsbarsch und Konserven kleiner Schwarmfische (Hering, Makrele, Sardine) haben erhebliche Bedeutung.
Importe aus den USA: Alaska Pollack und Wildlachs

Für die deutsche Fischindustrie ist die Rohwarenversorgung vor allem mit Alaska Pollack (Gadus chalcogrammus, auch Alaska-Seelachs genannt) von herausragender Bedeutung. Zwar stammen inzwischen bis 80 Prozent der Einfuhren von Alaska Pollack aus russischen Fischereien und häufig chinesischer Primärverarbeitung – trotz des Krieges sind diese Fischmengen unersetzbar, denn es gibt keine anderen Quellen für solche Mengen Weissfisch. Doch immerhin 18 Prozent der Rohware bezieht die deutsche Industrie, die die weltgrößte Fischstäbchenproduktion beheimatet, aus Fischereien vor Alaska. Deutschland nimmt allein die Hälfte der EU-Einfuhren von Alaska Pollack ab. Auch diese Menge ist noch viel zu groß, als dass andere Quellen sie ersetzen könnten. Zudem dürfte die US-Fischerei keine Probleme haben, ihre Alaska Pollack-Rohware auf andere Märkte als die europäischen zu verkaufen.
Ähnliches gilt für Wildlachs: Der meiste Wildlachs auf dem deutschen Markt kommt über China vermutlich aus den USA, der zweitgrößte Anteil direkt aus den USA, kleinere Mengen aus russischen und kanadischen Fischereien. Der US-Wildlachs ist nicht ersetzbar. Anders als beim Alaska Pollack ist der europäische Markt jedoch essentiell für die Vermarktung hochpreisigen Wildlachses. Insbesondere in Jahren mit guten Fängen könnte es schwierig oder teuer für die US-Fischerei werden, diese Ware anderswo abzusetzen.
Weitere Bedeutende Arten sind Seehecht und Hummer/Kaisergranat/Langusten. Nach Kanada und China ist die EU drittwichtigste Abnehmerin von Fisch und Fischereiprodukten aus den USA. Andersherum waren die USA in den vergangenen fünf Jahren viertwichtigstes Importland nach China, Vietnam und Norwegen für diese Waren in die EU.
Deutschland importierte in den Jahren 2020 bis 2024 in der Summe Fischereierzeugnisse im Wert von 793 Millionen Euro aus den USA. Davon entfielen allein 764 Millionen Euro oder 96 Prozent auf unverarbeitete Produkte. Den größten Anteil hatte Alaska Pollack mit 492 Millionen Euro oder 62 Prozent Anteil, gefolgt von Wildlachs für 157 Millionen Euro (20 Prozent). Weitere wichtige Waren (in abnehmender Bedeutung): Kaviar/Fischeier, Fischlebern, Seehecht, Plattfische und Haiprodukte wie Schillerlocken.
Für die EU sind die Verhältnisse ähnlich: Die Importe aus den USA hatten in den genannten fünf Jahren einen Umfang von vier Milliarden Euro. 95 Prozent davon waren unverarbeiteter Fisch. 48 Prozent des Handelsvolumens entfiel auf Alaska Pollack, 18 Prozent auf Lachs (Wild und Aquakultur), jeweils sieben Prozent auf Seehecht und Hummer, gefolgt von Fischlebern, Garnelen, Kabeljau und Tintenfisch.
Die Handelsbilanz für Fischereiprodukte mit Deutschland betrug zwischen 2020 und 2024 insgesamt 316 Millionen Euro zugunsten der USA, mit der EU dagegen 933 Millionen Euro zugunsten der EU.