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Zahlen & Fakten

Treibhausgasemissionen durch Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)

Andreas Gensior, Sophie Drexler, Roland Fuß, Wolfgang Stümer, Sebastian Rüter | 15.01.2025


AK Institut für Agrarklimaschutz
WO Institut für Waldökosysteme HF Institut für Holzforschung

Im Jahr 2023 war der LULUCF-Sektor Deutschlands, mit Nettoemissionen in Höhe von 68,7 Millionen t CO2-Äquivalenten, eine bedeutende Quelle für Treibhausgase (THG). Hauptquellen sind derzeit die organischen Böden, gefolgt von der Waldbiomasse, der ehemaligen Hauptsenke. Die dramatische Zunahme der Nettoemissionen seit dem Dürrejahr 2018 ist im Wesentlichen auf Waldschäden infolge der Trockenheit und den damit zusammenhängenden Kalamitäten zurückzuführen.

Treibhausgas-Emissionen und Trends

Im LULUCF-Sektor werden anthropogen verursachte Treibhausgasemissionen berichtet, die infolge von Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (Land Use, Land-Use Change and Forestry) auftreten. Die Emissionen an Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) werden in den Landnutzungskategorien Wald, Ackerland, Grünland, Feuchtgebiete, Siedlungen und Sonstiges Land über die Änderung der Kohlenstoffspeicher in organischen und mineralischen Böden, ober- und unterirdischer Biomasse sowie Totholz und Streu inventarisiert. Außerdem wird die verzögerte Freisetzung von biogenen CO2-Emissionen über den Kohlenstoffspeicher in Holzprodukten erfasst. Ebenso gehen die Treibhausgasemissionen aus künstlichen Gewässern, Bränden und dem industriellen Torfabbau in die Bilanz ein. Im LULUCF-Sektor können die Kohlenstoffspeicher sowohl als Quelle (Freisetzung → positive Emissionen) von Treibhausgasen als auch als Senke (Kohlenstoffsequestrierung → negative Emissionen) für CO2 wirken.

Zeitreihen der Treibhausgasemissionen (Summe aus CO2, CH4 und N2O in [Mio. CO2-Äquivalenten]) im LULUCF-Sektor seit 1990, unterschieden nach Landnutzungskategorien (Werte 1990 – 2023 aus NID 2025); positiv: Quelle; negativ: Senke

Im Jahr 2023 betrugen die Nettoemissionen infolge Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft 68,7 Mio. t CO₂-Äquivalente (Äq.). Der LULUCF-Sektor wirkte folglich als Quelle, da im Jahr 2023 die als Treibhausgassenken wirkenden Kategorien Holzprodukte (-4,6 Mio t CO₂-Äq.) und Siedlungen (-0,2 Mio t CO₂-Äq.) die Emissionen der Quellkategorien Grünland (23,7 Mio t CO₂-Äq.) > Wald (20,9 Mio t CO₂-Äq.) ≥ Ackerland (20,1 Mio t CO₂-Äq.) >> Feuchtgebiete (8,8 Mio t CO₂-Äq.) nur zu einem sehr geringen Teil kompensieren konnten.

Bezüglich der Pools waren im Jahr 2023 die organischen Böden mit 47,5 Mio. t CO₂-Äq. die Hauptquelle für Treibhausgase. Diese entstammten hauptsächlich entwässerten, landwirtschaftlichen Flächen der Landnutzungskategorien Ackerland (9,5 Mt CO₂-Äq.) und Grünland (29,4 Mio. t CO₂-Äq.), aber auch Waldgebieten (3,3 Mio. t CO₂-Äq.), der industriellen Torfgewinnung und ihren Nebenprodukten (1,9 Mio. t CO₂-Äq.), terrestrischen Feuchtgebieten (3,7 Mio. t CO₂-Äq.) und Siedlungen (1,6 Mio. t CO₂-Äq.). Die zweitgrößte Quelle ist die Biomasse mit Nettoemissionen von 21,9 Mio. t CO₂-Äq., gefolgt von den künstlichen Gewässern mit ihren anhaltend hohen Me-thanemissionen (5,2 Mio. t CO₂-Äq.).

Auch die Mineralböden entwickelten sich in den letzten Jahren zunehmend von einer Senke zu einer Quelle für Treibhausgase. Im Jahr 2023 betrugen die Nettoemissionen 5,0 Mio t CO₂-Äq. Die zunehmenden Kohlenstoffverluste nach Landnutzungsänderungen hin zu Ackerland (CRF 4.B) (durch die kontinuierlich abnehmenden Vorräte unter Acker infolge der Bewirtschaftung) sowie durch die Bewirtschaftung des Acker- und Grünlandes überkompensieren zunehmend die Einbindung von Kohlenstoff in Mineralböden unter Wald und bei Landnutzungsänderungen hin zu Grünland und terrestrischen Feuchtgebieten.

Zur Erstellung des aktuellen Inventars wurden zahlreiche methodische Verbesserungen umgesetzt, die, nach Neuberechnung der Zeitreihen über den gesamten Berichtszeitraum zu z.T. deutlich höheren Treibhausgas-Nettoemissionen (sowohl positiv (Freisetzung) als auch negativ (Einbindung)) gegenüber den Vorjahresberechnungen führten: Für den Zeitraum von 1990 – 2017 wurden für den LULUCF-Sektor Nettoemissionen ausgewiesen, die durchschnittlich um 10,7 ± 2,0 Mio t CO₂-Äq. a-1 höher sind, als in der Vorjahressubmission; für den Zeitraum 2018 – 2023 sind dies extreme 71,9 ± 7,9 Mio t CO₂-Äq. a-1. Hauptursachen sind

  • die sehr hohen Emissionen aus der Landnutzungskategorie Wald durch Berücksichtigung der Ergebnisse der vierten Bundeswaldinventur, insbesondere durch die Erfassung der Waldschäden bis 2022
  • höhere Emissionen aus den Landnutzungskategorien Acker- (durchschnittlich +39 %) und Grünland (+14 %) durch erstmalige Berechnung der Emissionen aus Mineralböden infolge Bodenbewirtschaftung
  • Zunahme der positiven wie negativen Emissionen aus organischen Böden durch Einführung einer neuen, hochauflösenden Bodenkarte sowie eines stark verbesserten hydrologischen Modells

Zeitreihen der Treibhausgasemissionen (Summe aus CO2, CH4 und N2O in [Mio. CO2-Äquivalenten]) im LULUCF-Sektor seit 1990, unterschieden nach Pools (Werte 1990 – 2023 aus NID 2025); positiv: Quelle; negativ: Senke

Bedeutung als Treibhausgas-Senke/Quelle variiert mit den Jahren

Der Zeitverlauf der LULUCF-Emissionen verdeutlicht die starke Variation der Nettoemissionen. Der Verlauf der Kurve folgt im Wesentlichen der Kurve der Nettoemissionen aus dem Wald. Deren große Amplitude und der sich zeitweise schnell ändernde Trend sind unter anderem Ergebnis von Schwankungen der Nachfrage nach Holz bzw. der Holzpreise sowie extremer Witterungsereignisse (z.B. Sturm, Trockenheit) und damit zusammenhängender Kalamitäten (z.B. Schädlingsbefall). Daher wirkte der LULUCF-Sektor seit dem Jahr 2000 überwiegend als mehr oder weniger starke Nettoquelle für Treibhausgase, da die gleichbleibend hohen Emissionen aus den organischen Böden durch die Senkenfunktion der Waldbiomasse nicht mehr kompensiert werden konnten. Auch die dramatische Zunahme der Nettoemissionen im Jahr 2018 (+ 1.987 % gegenüber 2017) ist im Wesentlichen auf diesen Umstand zurückzuführen. Die Waldschäden infolge der großen Trockenheit im Jahr 2018 und den Folgejahren und damit zusammenhängende Kalamitäten (z.B. Borkenkäfer), führten auf einer Fläche von ca. 540.000 ha zu einem starken Absterben aller Baumarten, insbesondere aber der Fichte. Dadurch waren die Vorratsverluste in der Biomasse deutlich größer als die ebenfalls verringerten Zuwachsraten. Mit Beginn der Dürre entwickelte sich die Gehölzbiomasse des Waldes somit von der Hauptsenke des LULUCF-Sektors (Emission 2017: -40,0 Mio t CO2-Äq.) zu einer veritablen Quelle (Emission 2018: 31,5 Mio t CO2-Äq.).

Als Senken wirken nur noch die Holzprodukte und das Totholz, die durch die korrespondierende Zunahme nur zu einem vergleichsweise geringen Teil die durch die Schadensereignisse verlorene Senkenwirkung der Waldbiomasse ausgleichen können. Im Gegensatz zum Totholz reagiert der Holzproduktespeicher nicht unmittelbar auf die Schadereignisse und ist zusätzlich abhängig von der Nachfrage nach Holz und der damit verbundenen Holznutzung. Daher zeigt der Kurvenverlauf der Senkenfunktion des Holzproduktespeichers nicht die gleichen deutlichen Veränderungen, wie die der Waldbiomasse und des Totholzes.

Im Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) wird vom LULUCF-Sektor eine im Zeitverlauf ansteigende Nettosenkenleistung gefordert. Das KSG gibt für den LULUCF-Sektor als Beitrag zu den Klimaschutzzielen absolute Nettoemissionsmengen für die Jahre 2030 (-25 Mio. t CO2-Äq.), 2040 (-35 Mio. t CO2-Äq.) und 2045 (-40 Mio. t CO2-Äq.) vor, aber keinen jahresgenauen Zielpfad. Die als Referenz anzurechnenden Nettoemissionen aus dem LULUCF-Sektor stellen dabei den Mittelwert der Emissionen aus dem Stichjahr und der drei vorhergegangenen Jahre dar.

Die aktuell zu veranschlagende Nettoemission (71 Mio. t CO2-Äq., berechnet gemäß der Anrechnungsregeln: Mittelwert 2020 – 2023) verfehlt die im KSG geforderte Zielemission von -25 Mio. t CO2-Äq. für das Jahr 2030 derzeit deutlich. Im gesamten Berichtszeitraum seit 1990 wurde die für 2030 geforderte Senkenleistung nur im Einzeljahr 1993 erreicht, als Vierjahresmittel jedoch nie.

Vergleich der Zeitreihe der Nettoemissionen (Summe aus CO2, CH4 und N2O in Mio. t CO2-Äq.; positiv: Quelle; negativ: Senke) des LULUCF-Sektors (1990-2023: Nationaler Inventarbericht [NID]; 2025: mit den Zielen des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG §3a); Stichjahre sind 2030, 2040 und 2045

Im LULUCF-Sektor kann der Mensch in doppelter Hinsicht auf die Festlegung von Kohlenstoff in der Biogeosphäre bzw. die Minderung von Treibhausgasemissionen einwirken:

  • Schutz bestehender Vorräte: Unterlassung jedweder Handlungen (z.B. Trockenlegung von Feuchtflächen und Umbruch von Grünland), die zu einer Freisetzung von Kohlenstoff aus bestehenden Vorräten führen.
  • Maßnahmen, die zu einer andauernden Anreicherung von Kohlenstoff in Kompartimenten der Biogeosphäre führen:
    • Die geregelte Wiedervernässung organischer Böden ist zum einen eine sehr effektive Maßnahme, die Emissionen von Treibhausgasen deutlich zu reduzieren, zum anderen CO2 der Atmosphäre zu entziehen und für Jahrhunderte in den Böden festzulegen. Damit verbunden sind weitere positive Umwelteffekte (z.B. Biodiversität, Wasserhaushalt der Landschaft, Verbesserung des Mikroklimas usw.). Außerdem ergibt sich durch den Anbau nachwachsender Rohstoffe wie Schilf, Torfmoosen und Gehölzen auf wiedervernässten Flächen zusätzliches Potenzial zur Minderung von Treibhausgasen durch den Ersatz anderer emissionsrelevanterer Stoffe (z.B. Dämm-, Brennmaterial usw.)

    • Der Anbau von Gehölzen in der Agrarlandschaft wie z.B. in Agroforst-Systemen, Kurzumtriebsplantagen und Hecken führt zu einer Kohlenstoffspeicherung in der verholzenden Biomasse, in den meisten Fällen auch zu einer Humusmehrung im Boden sowie zum Ersatz fossiler Brennstoffe. Weitere positive Umwelteffekte werden initiiert (z.B. bezüglich Biodiversität, Erosionsschutz etc.). Die Auswirkungen treten mittel- bis langfristig auf.

    • Waldneuanlage und nachhaltige Waldnutzung: Die Biomasse von Wäldern ist ein großer Kohlenstoffspeicher; neue Waldflächen führen daher immer zu einer Vergrößerung des Kohlenstoffvorrates in der Biomasse. Die nachhaltige Nutzung der Wälder, damit verbunden die Nutzung der Ernteprodukte, sind ebenfalls dem Klimaschutz zuträglich: Kohlenstoff wird in den Holzprodukten mittel- bis langfristig gespeichert und fossile Brennstoffe werden ersetzt.

Maßnahmen zur Kohlenstoffanreicherung in landwirtschaftlich genutzten Mineralböden gibt es mannigfach wie z.B. Zwischenfruchtanbau, Anbau von Blühstreifen, humusmehrenden Fruchtfolgen, mehrjährigen humusmehrenden Pflanzen, eine optimierte organische Düngung, Grünland-Wechselwirtschaft usw. Diese Maßnahmen eignen sich dennoch nur eingeschränkt , da die Effekte jederzeit kurzfristig umkehrbar sind, z.B. durch Unterlassung. Zu den dauerhaften Auswirkungen technischer Maßnahmen (wie der Ausbringung von Biokohle) besteht weiterer Forschungsbedarf.

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