Weiter zum Inhalt
Landwirtschaftliche geprägte Landschaft, im Vordergrund eine Bank, im Hintergrund ein Ort
© Johanna Fick
Landwirtschaftliche geprägte Landschaft, im Vordergrund eine Bank, im Hintergrund ein Ort
Institut für

LV Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen

Projekt

Sonderauswertung: Freiwilliges Engagement (SA:FE)



Dörferstudie Finneland
© Thünen-Institut/Michael Welling

Sonderauswertung „Freiwilliges Engagement in unterschiedlichen Raumtypen“ auf Basis des Deutschen Freiwilligensurveys (2019) und des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP)

Um die Potentiale freiwilligen Engagements für das lokale Gemeinwesen identifizieren zu können, bedarf es einer grundlegenden und systematischen Dokumentation des freiwilligen Engagements in ländlichen Räumen. Das Forschungsprojekt leistet hierzu einen Beitrag, indem es Sekundärdaten (Sozio-oekonomisches Panel SOEP, Deutscher Freiwilligensurvey FWS) auswertet und das freiwillige Engagement in ländlichen Räumen systematisch erfasst.

Hintergrund und Zielsetzung

Dem Thema „Freiwilliges Engagement“ wird seit einigen Jahren erhebliche Aufmerksamkeit gewidmet, nicht zuletzt, weil man in der lokalen Selbstorganisation von Menschen ein hohes Potential zur Lösung unterschiedlicher Probleme sieht. Dies gilt besonders für ländliche Räume. Diese erlebten zum Teil in den letzten Jahrzehnten einen teils starken Rückbau öffentlicher Infrastruktur, die Abwanderung junger Menschen und Überalterung. Die Menschen, die sich lokal für ihre Gemeinde engagieren, so die Hoffnung, federn Probleme in der öffentlichen Daseinsvorsorge ab, (re-)vitalisieren das öffentliche Leben und tragen zu einer Steigerung des sozialen Zusammenhalts vor Ort bei.

Um beurteilen zu können, wie das freiwillige Engagement mit der Lebensqualität der Menschen in ländlichen Räumen zusammenhängt, bedarf es jedoch zunächst einer systematischen Erfassung dieses Engagements in ländlichen Räumen. Eine solche steht bis heute aus.

So ist die empirisch gesicherte Forschungslage bezüglich räumlicher und soziodemografischer Unterschiede im freiwilligen Engagement, auch über die Zeit, noch dünn. Diese Sonderauswertung trägt dazu bei, freiwilliges Engagement in ländlichen Räumen zu dokumentieren und Entwicklungen sichtbar zu machen und damit eine solide Entscheidungsgrundlage zur Förderung freiwilligen Engagements in ländlichen Räumen bereitzustellen.

In der Sonderauswertung Freiwilliges Engagement (SA:FE) werten wir repräsentative Umfragedaten aus, um Verteilung und Entwicklung freiwilligen Engagements in unterschiedlichen Raumtypen Deutschlands nachzuzeichnen.  Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf soziodemographische Unterschiede zwischen Raumtypen. Die im Rahmen dieser Auswertung vorgestellten empirische Befunde zum freiwilligen Engagement in ländlichen Räumen können als Arbeits- und Entscheidungsgrundlage für die Förderung freiwilligen Engagements in ländlichen Räumen sowie für weitere Forschung in diesem Bereich dienen.

Vorgehensweise

Quantitative Analysen auf Basis von repräsentativen Umfragedaten (Sozio-oekonomisches Panel, Freiwilligensurvey) zu freiwilligem Engagement in unterschiedlichen Raumtypen.

Unsere Forschungsfragen

  • Wie verändert sich freiwilliges Engagement in den verschiedenen Raumtypen über die Zeit?
  • Wie unterscheidet sich freiwilliges Engagement unterschiedlicher sozio-demographischer Gruppen innerhalb der verschiedenen Raumtypen (auch über die Zeit)?
  • In welchen Bereichen engagieren sich insbesondere junge Menschen in den unterschiedlichen Raumtypen?
  • Gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede im Engagement?
  • Was sind typische Hinderungsgründe oder Gründe für die Beendigung freiwilligen Engagements?

Ergebnisse

Mit Blick auf räumliche Ungleichheiten zeigen sich allgemein höhere Anteile freiwilligen Engagements in ländlichen Räumen als in nicht-ländlichen Räumen. Dabei ist das Engagement besonders hoch in sehr ländlichen Räumen und in Räumen mit guter sozioökonomischer Lage sowie in Westdeutschland.

Soziodemografische Ungleichheiten zeigen sich besonders bezüglich der Merkmale Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Religiosität, Haushaltstyp und -einkommen sowie Migrationshintergrund.

  1. Der Anteil engagierter junger Menschen ist im Vergleich zu den anderen Altersgruppen besonders hoch und steigt über den betrachteten Zeitraum stark an. Ein relevanter Faktor für das Engagement junger Menschen ist das Engagement der Eltern, besonders in ländlichen Räumen.
  2. Männer sind besonders in den älteren Altersgruppen und in (sehr) ländlichen Räumen mit guter sozioökonomischer Lage zu deutlich höheren Anteilen in institutionalisierten Formen aktiv vertreten. Dagegen engagieren sich Frauen etwas häufiger in nicht-institutionalisierten Formen. Auch engagieren sich Männer und Frauen in unterschiedlichen Bereichen häufiger als Personen des jeweils anderen Geschlechts.
  3. Die Analysen zeigen klare Bildungsunterschiede, die sich bereits bei Schüler:innen, die noch ohne Bildungsabschluss sind, nach Schulform beobachten lassen. Hier gehen ein höherer Bildungsabschluss bzw. eine höhere Bildungsaspiration mit höheren Anteilen engagierter Personen einher. Dies ist in allem Bereichen freiwilligen Engagements mit Ausnahme des Bereichs „Unfall- bzw. Rettungsdienst oder Feuerwehr“ der Fall.
  4. Auch ein höheres Haushaltseinkommen geht mit einem stärkeren Engagement einher.
  5. Religiosität spielt ebenfalls eine Rolle beim Engagement, mit wesentlich höheren und über die Zeit wachsenden Anteilen engagierter Personen unter den Kirchgänger:innen gegenüber den Nicht-Kirchgänger:innen.
  6. Engagementungleichheit zeigt sich auch im Hinblick auf den Migrationshintergrund, insbesondere bei institutionalisiertem Engagement. Menschen mit direkter oder indirekter Migrationserfahrung sind deutlich weniger (institutionalisiert) engagiert als Menschen ohne Migrationserfahrung.
  7. Mit Blick auf Haushaltstypen engagieren sich besonders Paarhaushalte mit Kindern zu größeren Anteilen freiwillig als andere Haushaltstypen.
  8. In ländlichen Räumen sind besonders die Unterschiede nach Geschlecht, Haushaltseinkommen und Migrationshintergrund größer als in nicht-ländlichen Räumen. Männer, Personen in Haushalten mit höheren Einkommen und Personen ohne Migrationshintergrund finden leichter Zugang zu Engagement.

Geldgeber

  • Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

10.2022 - 3.2023

Weitere Projektdaten

Projektfördernummer: DSEE.03.2022.00024
Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen zum Projekt

  1. 0

    Kleiner T-M (2023) Der Sankt-Martin-Effekt : Engagement und soziale Ungleichheit. Forum sozial(4):46-49

  2. 1

    Kleiner T-M, Kühn M (2023) Engagement im Spiegel sozialer und räumlicher Ungleichheit : Empirische Analyseergebnisse auf Basis des Deutschen Freiwilligensurveys (2019) und des Sozio-oekonomischen Panels (2001-2019). Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 110 p, Thünen Rep 111, DOI:10.3220/REP16883716210

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn066496.pdf

Nach oben