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Institut für

WI Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen

Projekt

Zu den regionalen Auswirkungen der industriellen Transformation



"Solarpanel - Erneuerbare Energie für Ölraffinerieanlage aus Industriezone
© noppadon - stock.adobe.com

Das produzierende Gewerbe in Deutschland steht im Zentrum tiefgreifender struktureller Veränderungen. Die Resilienz vieler ländlicher Räume, in denen die Industrie eine bedeutende Rolle spielt, wird damit auf die Probe gestellt. Dieses Projekt untersucht, wie Wohn- und Arbeitsortentscheidungen von regionalen Schocks und Arbeitsplatzverlusten beeinflusst werden, und wie sich regionaler Wohlstand und räumliche Ungleichheiten im Zuge der industriellen Transformation entwickeln.

Hintergrund und Zielsetzung

Das produzierende Gewerbe in Deutschland steht vor tiefgreifenden strukturellen Veränderungen, darunter mit der Automobilindustrie auch eine der heimischen Leitbranchen. Werksschließungen und Insolvenzen von Automobilzulieferern beherrschen die Schlagzeilen, während sich die gesamte Branche den Herausforderungen globaler Transformationsprozesse stellen muss. Dazu zählen veränderte Nachfragebedingungen und gestiegene Produktionskosten, insbesondere im Energiebereich. Doch nicht nur die Automobilindustrie, auch die chemisch-pharmazeutische Industrie, der Maschinenbau, die Elektroindustrie und andere Industrien befinden sich aktuell in einer herausfordernden wirtschaftlichen Situation.

Die wirtschaftlichen und strukturellen Veränderungen treten räumlich nicht gleichmäßig auf, sondern treffen verschiedene Regionen Deutschlands unterschiedlich stark. Auch für ländliche Räume stellt sich die Frage nach dem Ausmaß der Betroffenheit, insbesondere für jene, in denen das produzierende Gewerbe einen großen Anteil an Beschäftigung und Wertschöpfung ausmacht. Das erste Ziel des Projekts besteht folglich darin, betroffene Regionen zu identifizieren und nach dem Grad ihrer Betroffenheit zu klassifizieren. Auf Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse sollen gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen abgeleitet werden mit dem Ziel, den industriellen Kern der regionalen Standorte zu stabilisieren.

Parallel zur industriellen Transformation hat sich auch die Arbeitswelt verändert. Der zunehmende Trend zu Homeoffice und verbesserte Mobilitätsmöglichkeiten – etwa durch politische Maßnahmen wie das Deutschlandticket – erlauben es den Menschen, größere Distanzen zu ihrem Arbeitsort zu überwinden. Aus diesem Kontext ergibt sich das zweite Ziel des Projekts: die Untersuchung, wie regionalwirtschaftliche Schocks, insbesondere Arbeitsplatzverluste, die Auswahl von Wohn- und Arbeitsort beeinflussen. Während Wanderungsbewegungen von Arbeitsplätzen bereits häufig analysiert wurden, blieb die Differenzierung zwischen Wohn- und Arbeitsort bislang oft unberücksichtigt.

Vor diesem Hintergrund sollen regionale Faktoren identifiziert werden, die Standortentscheidungen von Menschen bei einem Arbeitsplatzverlust beeinflussen. Im Detail wird analysiert, über welche Entfernungen Arbeitnehmer*innen zu pendeln bereit sind, und was erforderlich ist, um die Betroffenen – und mit ihnen das Humankapital – in der Region zu halten. Dabei versuchen wir, Kipppunkte zu ermitteln, ab denen sich Regionen in eine Abwärtsspirale begeben. Ebenso prüfen wir, ob der Erhalt von Humankapital die Resilienz einer Region langfristig stärkt oder nicht und im Fall von letzterem lediglich Kosten durch die Bereitstellung von Infrastruktur entstehen würden.

Insgesamt verspricht das Projekt wertvolle Einblicke in Mechanismen, wie sich Regionen in Zeiten tiefgreifender wirtschaftlicher Transformation stabilisieren und weiterentwickeln können.

Vorgehensweise

Im Einklang mit dem ersten Projektziel sollen die Regionen Deutschlands zunächst danach klassifiziert werden, in welchem Ausmaß sie von der industriellen Transformation und den dadurch ausgelösten Schocks potenziell betroffen sind. In diesem Zusammenhang sind auch Faktoren zu identifizieren, die die regionalökonomische Resilienz gegenüber diesen Schocks erhöhen oder mindern. Ein Hauptaugenmerk gilt den stark industrialisierten und damit potenziell besonders betroffenen Regionen. Zur Erreichung des zweiten Projektziels soll ein räumliches Modell erstellt werden, mit dessen Hilfe Arbeits- sowie Wohnortentscheidungen in Abhängigkeit von regionalen Transformationsprozessen untersucht werden. Dies soll Antworten auf die Fragen liefern, inwieweit es insbesondere in ländlichen Regionen zu Abwärtsspiralen durch Arbeitsplatz sowie Wohnortabwanderung kommen kann und welche Möglichkeiten die (Regional-)Politik hat, um diese negativen Trends abzufedern.

Daten und Methoden

Um die sektorale Spezialisierung der regionalen Wirtschaft sowie die sozio-ökonomische Merkmale der Wohnbevölkerung zu erfassen, werden Input-Output-Tabellen sowie mikroökonomische Datensätze (z. B. SIAB, SOEP) herangezogen. Die darauf aufbauenden Input-Output-Analysen erlauben erste Einschätzungen zu den regionalen Auswirkungen der Schocks. In einem nächsten Schritt wird die Mobilität in Bezug auf den Wechsel von Wohn- und Arbeitsort empirisch analysiert. Es soll ein quantitatives, räumliches Modell mit hoher räumlicher Auflösung entwickelt werden, das Güterströme sowie die räumliche Mobilität von Arbeitskräften integriert. Das Modell liefert unter anderem Erkenntnisse darüber, wie sich Schocks auf verschiedene Regionen und Sektoren auswirken, in welchem Maße Individuen ihren Wohn- und Arbeitsort wechseln und welche politischen Maßnahmen wirksam sein könnten.

Unsere Forschungsfragen

  • Welche Regionen sind in welchem Umfang von der industriellen Transformation in Deutschland betroffen?
  • Welche Eigenschaften erhöhen oder mindern die Resilienz der von industrieller Transformation betroffenen Regionen?
  • Welche Faktoren bestimmen, wie Binnenmigration und die Pendelbewegungen von Arbeitnehmer*innen auf sektorale Strukturveränderungen einer Region reagieren?
  • Mit welchen Maßnahmen lässt sich der Prozess der industriellen Transformation regionalpolitisch bestmöglich flankieren?

Zeitraum

6.2025 - 12.2028

Weitere Projektdaten

Projektstatus: läuft

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