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© Anja Bunge / Thünen-Institut
Institut für

FI Fischereiökologie

Projekt

Artidentifizierung von Krustentieren


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie

Riesenlandkrabbe (Cardiosoma carnifex)
© Reinhold Hanel
Riesenlandkrabbe (Cardiosoma carnifex)

Entwicklung von innovativen Untersuchungsverfahren als Voraussetzung für die Produktion sicherer und qualitativ hochwertiger Krustentiererzeugnisse und ein ressourcenschonendes Bestandsmanagement

Die Krebstiere stellen mit über 50.000 bekannten Arten eine ökologisch und ökonomisch immens wichtige Gruppe dar. Viele Arten sind fischereilich von Bedeutung oder werden intensiv in Aquakulturen gezüchtet. Verlässliche Artnachweis-Methoden sind unerlässlich, um etwaige Fehldeklarierung bei Krebstieren aufzudecken.

Hintergrund und Zielsetzung

Krustentiererzeugnisse (Krebstiere, Crustaceen) wie Garnelen, Langusten, Hummer, Krabben oder Flusskrebse werden heute in einer großen Vielfalt global gehandelt und sind auch in Deutschland überaus beliebt. Sie sind ideal für die schnelle und vielseitige Zubereitung schmackhafter Gerichte und entsprechen wegen ihres fettarmen Fleisches und ihrer Zusammensetzung den heutigen Bedürfnissen der Konsument*innen nach gesunder und moderner Ernährung. Die jährliche Gesamtproduktion von Krustentieren wurde im Jahr 2014 mit 13,8 Mio. Tonnen beziffert, wobei der Anteil der Aquakultur in den letzten Jahren auf rund 50% stieg.

Trotz beachtlichem Aquakulturanteil besteht nach wie vor ein hoher Fischereidruck auf wildlebende Krebstiere. Insbesondere in Südostasien tragen folgende Faktoren erheblich zur Dezimierung der Bestände bei:

  • der Fang von Garnelen-Postlarven zur weiteren Aufzucht in Aquakultur,
  • ein fehlendes oder nicht konsequent durchgeführtes Fischereimanagement sowie
  • die illegale, nicht gemeldete und nicht regulierte Fischerei von Krebstieren.

Insgesamt stellt die Überfischung unterschiedlicher Krebstierarten ein weltweites Problem dar. Globale und verzweigte Warenströme können diese negativen Einflüsse unterstützen, wenn nicht tragfähige Rückverfolgbarkeits- und Kontrollsysteme entlang der gesamten Wertschöpfungskette implementiert werden.

Eine effektive Überprüfung der Spezies bei Krustentieren wird dabei jedoch gleich durch mehrere Faktoren erschwert:

  • Es bestehen große Lücken an erforderlichen DNA-Referenzsequenzen für importierte Krustentierarten. Für zahlreiche Crustaceen-Arten, die auf dem deutschen Markt gehandelt werden, gibt es bisher keine oder nicht ausreichend valide DNA-Sequenz-Einträge in den öffentlichen Datenbanken wie GenBank oder BOLD.
  • Die Analysezeit der PCR-Sequenzierung dauert in der Regel bis zu einer Woche, sodass Rohwaren vor der Verarbeitung nicht überprüft und keine kurzfristigen Entscheidungen bezüglich des Inverkehrbringens getroffen werden können.
  • Eine Analyse von Wildfang-Erzeugnissen, in denen Arten in gemischten Anteilen vorliegen, ist kosten- und arbeitsaufwendig und damit praktisch unmöglich. Dies trifft insbesondere auf tropische Wildfanggarnelen zu, die häufig unzulässigerweise nur mit der Angabe der Überfamilie Penaeoidea oder einem Gattungsnamen (z.B. Penaeus spp.) gekennzeichnet sind.

Im Projekt „KrustInUVa“ sollen deshalb verschiedene DNA- und Protein-basierte Analyseverfahren zur Bestimmung der Krustentierspezies und potenziell allergener Proteine entwickelt werden, um eine effektive Überprüfung von Krebstierprodukten durch Handelsunternehmen (Eigenkontrolle) und Untersuchungsämter (amtliche Kontrolle) zu ermöglichen.

Vorgehensweise

Basierend auf frischen, eindeutig bestimmten und geolokalisierten Referenzproben sollen zunächst grundsätzliche Lücken in der Datengrundlage zur genetischen Artdifferenzierung geschlossen werden, um zukünftig eine eindeutige Artbestimmung anhand der bereits bestehenden amtlichen Sanger-Sequenzier-Methoden zu gewährleisten. Die Auswahl der zumindest 30 zu untersuchenden Krebstierarten soll unter Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte (z.B. Marktrelevanz, Sicherheitsrisiken, Ressourcenknappheit) in enger Zusammenarbeit mit den Interessensverbänden von Lebensmittelindustrie und Handel erfolgen.

Für eine schnelle und kostengünstige Speziesüberprüfung besonders relevanter Arten sollen in Folge DNA-basierte Schnellmethoden (wie z.B. multiplex-qPCR) entwickelt werden, die von Laboratorien mit üblichem Laborequipment durchgeführt werden können. Für eine Arterkennung bei gemischten Produkten wie z.B. gemischten Wildfanggarnelen soll eine gezielte Next-Generation-Sequenzierungsmethode etabliert werden (Metabarcoding).

Zur schnellen Identifizierung einer Vielzahl unterschiedlicher Krebstiere soll eine ungerichtete, proteinbasierte, massenspektrometrische Methode (MALDI-TOF) entwickelt werden, mittels derer Krustentier-Rohwahren innerhalb von zwei Stunden überprüft werden können, so dass Unter­nehmen die Möglichkeit haben, ihre Rohwaren vor Verarbeitung und Inverkehrbringen prüfen zu las­sen. Zusätzlich sollen mittels gerichteter und ungerichteter proteomischer Methoden (basierend auf LC-MSn), Spezies-spezifische Peptidmarker identifiziert werden, mit denen die Krebstierart auch in verarbeiteten (z.B. gekochten) Erzeugnissen bestimmt werden kann. Die Identifizierung dieser Peptidmarker ist Voraussetzung für die Etablierung empfindlicher und laborunabhängiger Nachweis­verfahren zur Speziesidentifizierung in komplexen Produkten. Die im Projekt anhand gesicherter Referenzproben ermittelten Peptiddatenbanken dienen weiterhin als Basis für die Identifizierung allergenspezifischer Peptide und für die Entwicklung hochsensitiver massenspektrometrischer Nachweisverfahren für potenziell allergene Proteinen.

Die DNA-Sequenz-Referenzdaten von Krebstieren mit gesicherter Bild- und Herkunftsangabe werden in die vom Thünen-Institut aufgebaute DNA- und Bild-Referenzdatenbank www.aquagene.org eingepflegt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Bereitstellung gesicherter DNA-Sequenz-Referenzdaten ermöglicht Wissenschaftler*innen, Lebensmittelkontrollbehörden und anderen Stakeholdern eine eindeutige Arterkennung von Krebstiererzeugnissen, um unerlaubte Fehldeklarationen aufzudecken und damit Verbrauchersicherheit zu gewährleisten.

Ergebnisse

Mit dem Projekt KrustInUVa wurde das Ziel verfolgt, verschiedene DNA- und Protein-basierte Methoden zur Überprüfung der Authentizität von Krebstierarten für Kontrolllabore zu entwickeln. Basis für die Entwicklungsarbeiten bildete die umfangreiche Sammlung von Krebstierarten, die gemäß den Anforderungen des Nagoya-Protokolls erstellt wurde, und deren valide DNA-Sequenzen in Datenbanken einfließen werden. Für einen schnellen Speziesnachweis und einen hohen Probendurchsatz wurde sowohl eine multiplex real-time PCR für jeweils vier handelsrelevante Krebstierarten als auch eine MALDI-TOF-Methode etabliert, wobei letztere um eine Massenspektren-Datenbank für Krebstiere erweitert wurde. Zur Analyse von Krebstiermischungen konnten zwei DNA-Metabarcoding-Methoden erfolgreich eingesetzt werden. Außerdem wurde ein LC-MS/MS-Verfahren entwickelt, das den Nachweis von ausgewählten Krebstieren mithilfe von identifizierten spezies-spezifischen Peptide ermöglicht. Für den gesundheitlichen Verbraucherschutz wurde darüber hinaus eine LC-MS-Methode zum Nachweis von allergen-spezifischen Peptiden in Krebstieren entwickelt.

Beteiligte externe Thünen-Partner

Geldgeber

  • Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

2.2019 - 6.2022

Publikationen

  1. 0

    Brenn C, Schröder U, Hanel R, Arbizu PM (2021) A multiplex real-time PCR screening assay for routine species identification of four commercially relevant crustaceans. Food Contr 125:107986, DOI:10.1016/j.foodcont.2021.107986

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