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© Anja Bunge / Thünen-Institut
Institut für

FI Fischereiökologie

Projekt

Bewertung der biologischen Vielfalt von Aalen in Tansania


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie

Fischmarkt an einem Strand in Tansania
© Reinhold Hanel
Fischmarkt an einem Strand in Tansania

Bewertung der biologischen Vielfalt von Aalen (Anguillidae und Congridae) in Tansania: Förderung einer nachhaltigen Fischerei und des Schutzes der Lebensräume durch Umwelt­überwachung und Kompetenzaufbau

In den Gewässern Tansanias kommen etwa 40 Aal-artige Fischarten aus den Familien der Flussaale, Conger und Muränen vor. Einige gelten als gefährdet. Über ihre genaue Artzugehörigkeit, Verbreitung, Ökologie und Nutzung ist jedoch nur wenig bekannt. Angesichts des erwarteten Bevölkerungswachstums und der damit einhergehenden wachsenden menschlichen Einflüsse auf die Umwelt ist es dringend notwendig, den ökologischen Zustand von Gewässersystemen zu erheben, um Gebiete mit hoher Artenvielfalt gezielt als schutzwürdig ausweisen zu können.

Hintergrund und Zielsetzung

Aale werden in vielen Küstenregionen traditionell befischt und sind damit eine wichtige Quelle für Nahrung und Einkommen. Die Bestände verschiedener Aal-Arten sind jedoch weltweit rückgängig und es wird vermutet, dass verschiedene anthropogene Ursachen eine wichtige Rolle dabei spielen. Als Wanderfische, die verschiedenste Habitate nutzen, sind Aale auf die Durchgängigkeit der Gewässer angewiesen, unterliegen verschiedensten anthropogenen Einflüssen und gelten deshalb als besonders sensibel.

Etwa 40 anguilliforme Fischarten der Familien der Muränen, Conger und Flussaale sind für Tansania beschrieben. Über ihre Verbreitung, Ökologie und Nutzung ist jedoch wenig bekannt und selbst die genaue Artzugehörigkeit ist in einigen Fällen zweifelhaft. Sie standen bislang nicht im Fokus der biologischen und fischereilichen Forschung und auch die Erfassung der Fänge erfolgt nicht im Detail.

Aus der Familie der Flussaale und der Gattung Anguilla sind vier Arten für Ostafrika bekannt: Anguilla bengalensis, A. bicolor, A. marmorata und A. mossambica. Das Wissen über deren Verbreitung und andere grundlegende biologische Parameter ist jedoch gerade für Tansania lückenhaft, obwohl zwei dieser Arten, A. bengalensis und A. bicolor, von der Weltnaturschutzunion IUCN als „potenziell gefährdet“ eingestuft werden.

Neben Lebensraumverlust sind diese tropischen Aal-Arten auch einem zunehmenden Fischereidruck ausgesetzt, seit sie der internationale Handel als Setzlingsersatz für den bedrohten Europäischen und Japanischen Aal für Aal-Mastbetriebe vor allem in China erkannt hat. Zusätzlich könnte das für die kommenden Jahrzehnte erwartete Bevölkerungswachstum zu einem erhöhten Risiko der Überfischung sowie zu einer zunehmenden Beeinträchtigung von Gewässerhabitaten vor allem in Küstennähe führen (z.B. Verbau, Verschmutzung).

Für eine nachhaltige Bewirtschaftung bedarf es nicht nur eines politischen und administrativen Rahmens, sondern auch ausreichenden Wissens über den Status der verfügbaren Ressourcen und ihrer Nutzung. Neben einer Dokumentation des gegenwärtigen Zustands soll das Projekt deshalb auch die Grundlagen für ein langfristiges, aber kostengünstiges Überwachungskonzept erarbeiten.

Vorgehensweise

Die Projektpartner haben vier hauptsächliche Projektziele definiert:

  • Erfassung und Bewertung der Biodiversität sowie Dokumentation biologischer und ökologischer Aspekte Aal-artiger Fische in ausgewählten Fließ- und Küstengewässerhabitaten
  • Rekonstruktion der Bestandsentwicklung und der Fangzahlen von Aalen, um den Einfluss der Fischerei auf die Bestände zu bewerten
  • Erfassung soziokultureller und ökonomischer Faktoren, die die Nachhaltigkeit der Aalfischerei beeinflussen
  • Wissenstransfer und Kompetenzbildung für den Schutz der Biodiversität und eine nachhaltige Nutzung

Die Studie, die von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im MeerWissen-Programm finanziert wird, konzentriert sich auf Gebiete der wichtigsten Küstenflüsse in Tansania – Rufiji im Distrikt Rufiji und Pangani in der Region Tanga – deren Fischbestände eine wichtige fischereiliche Ressource in der Region darstellen. Die Studie soll Flussabschnitte sowie Mündungs- und Küstengebiete umfassen. In beiden Flüssen sind bereits ökologische Verschlechterungen mit ökonomischen und sozialen Auswirkungen festzustellen.

Das Artenspektrum in den Flüssen und Küstengewässern soll möglichst repräsentativ erfasst, fotografisch dokumentiert und mit modernen molekulargenetischen Methoden analysiert werden. Für Aale sollen einige biologische Aspekte, z.B. die Nahrungswahl und die Belastung mit Schadstoffen, genauer untersucht werden. Zudem sollen erste Untersuchungen über die ozeanische Laichwanderung mit sogenannten Pop-up-Satellitentransmittern erfolgen.

Die sozioökonomischen, fischereilichen und soziokulturellen Aspekte werden vornehmlich durch die tansanischen Projektpartner bearbeitet. Dabei wird auf eine enge Einbindung der örtlichen Fischer-Gemeinschaften geachtet, beispielsweise bei der Habitatbeschreibung, der Probengewinnung und der Einschätzung der Fangentwicklung. Dafür werden Fragebögen und Interviews zum Einsatz kommen.

Die Studienergebnisse zu biologischen Charakteristiken, zur Nutzung der Arten und zu den sozioökonomischen Aspekten werden den staatlichen Institutionen und Behörden zusammen mit Vorschlägen für ein angemessenes und praktikables Überwachungsschema mitgeteilt. Dies beinhaltet auch Erkenntnisse zu potenziellen Bedrohungen für die Arten im Untersuchungsgebiet.

Ergebnisse

Anhand von 334 genetischen Proben wurden 70 Fischarten aus 59 Gattungen und 40 Familien nachgewiesen. In einigen Fällen stimmten die morphologische und die genetische Artbestim­mung nicht überein. In diesen Fällen sind weitere Untersuchun­gen erforderlich.

Zusätzlich wurde erstmals das Vorkommen von A. bicolor, A. bengalensis und A. marmorata in Tansania wissenschaftlich dokumentiert. Während A. bicolor zwar in allen beprob­ten Flussabschnitten nachgewiesen wurde, liegt die Haupt­ver­breitung in Mündungsnähe. A. marmorata und A. bengalensis wurden nur stromaufwärts in den Mittelläufen der beiden Flüsse gefunden.

Mit einem Wert von 109,3 µg/kg Nassgewicht lag die mittlere Quecksilberkonzentration im Muskel von 42 untersuchten Aalen (A. bicolor und A. bengalensis) aus verschiedenen Stand­orten in den beiden Flüssen in einem erwarteten Bereich und deutlich unter dem EU-Grenzwert für den mensch­lichen Verzehr (500 µg/kg für Fische, 1000 µg/kg für Anguilla-Arten). Es wurden keine eindeutigen Unterschiede zwischen den Arten und Standorten festgestellt. Auch die Messungen von PAK-Metaboliten in der Galle von 21 Aalen ergaben keine uner­warteten Werte (Mittelwert für 1-Hydroxypyren 272,9 ng/ml Galle) und waren etwas niedriger als in Aalproben aus deutschen Flüssen, aber höher als etwa in Aalen aus Marokko.

Das Projekt lieferte die ersten, wenn auch nur anekdotischen Informationen über die frühe Phase der ozeanischen Laichwan­derung von A. bengalensis aus Ostafrika. Die Daten eines mit einem Satellitentransmitter markierten Individuums zeigten, dass der Aal inner­halb einer Woche nach der Markierung etwa 300 km entlang der Küste nach Norden wanderte und dabei tägliche Vertikal­wanderungen vollzog. Dabei nutzte der Aal tagsüber eine Tiefe von mehr als 550 m und nachts nur etwa 65 m. Ein weiterer markierter Aal wurde möglicherweise gefressen.

Das Projekt lieferte auch erste Informationen über die sozioöko­nomische Bedeutung und die Wertschöpfungskette der Aalfischerei im Rufiji. Flussaale werden lokal für den mensch­lichen Verzehr genutzt, während andere aalartige Fische wie die Riesenmuräne vor allem als Köder für die Krabben­fischerei ver­wendet werden. Die Aalfischerei ist durch eine kurze Vermark­tungskette gekennzeichnet, die den Lebensun­ter­halt der Ge­meinden sichert. Während Aale in Küstennähe aufgrund ihrer schlangenartigen Form im Vergleich zu anderen Arten nur wenig konsumiert werden, sind die größeren, weiter land­einwärts lebenden Arten stärker nachgefragt und höher­preisig.

Links und Downloads

meerwissen.org/partnership-projects/bioeels-tz

Beteiligte externe Thünen-Partner

  • University of Dar es Salaam (UDSM)
    (Daressalam, Vereinigte Republik Tansania)
  • Tanzania Fisheries Research Institute (TAFIRI)
    (Daressalam, Vereinigte Republik Tansania)

Geldgeber

  • Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH
    (national, öffentlich)

Zeitraum

10.2020 - 1.2023

Publikationen

  1. 0

    Hanel R, Gaspare L, Mwakosya C, Kanyairitha C, Kaijage LL, Kammann U, Wysujack K (2024) Assessing the biodiversity of eels of Tanzania - Promoting sustainable fisheries through environmental monitoring and capacity building (BIOEELS). Bremerhaven: Thünen Institute of Fisheries Ecology, 2 p, Project Brief Thünen Inst 2024/02a, DOI:10.3220/PB1705398344000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn067508.pdf

  2. 1

    Hanel R, Gaspare L, Mwakosya C, Kanyairitha C, Kaijage LL, Kammann U, Wysujack K (2024) Bewertung der biologischen Vielfalt von Aalen in Tansania (BIOEELS). Bremerhaven: Thünen-Institut für Fischereiökologie, 2 p, Project Brief Thünen Inst 2024/02, DOI:10.3220/PB1705398049000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn067504.pdf

  3. 2

    Gaspare L, Mwakosya C, Kaijage L, Kanyairitha C, Wysujack K, Hanel R (2024) Environmental monitoring and genetic identification of freshwater fish species enable the conservation of biodiversity in coastal rivers of Tanzania : Policy brief. Dar es Salaam: University of Dar es Salaam, 7 p

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