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Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
© Thünen-Institut/BD
Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
Institut für

BD Biodiversität

Projekt

Auswirkungen historischer Landnutzung auf Grünland-Artengemeinschaften


Federführendes Institut BD Institut für Biodiversität

Im Rahmen der Biodiversitäts-Exploratorien untersuchen wir anhaltende Effekte der historischen Landnutzung und Landschaftsstruktur auf aktuelle Artengemeinschaften von Arthropoden und Pflanzen im Wirtschaftsgrünland.
© Thünen-Institut/BD
Im Rahmen der Biodiversitäts-Exploratorien untersuchen wir anhaltende Effekte der historischen Landnutzung und Landschaftsstruktur auf aktuelle Artengemeinschaften von Arthropoden und Pflanzen im Wirtschaftsgrünland.

Auswirkungen historischen Landnutzungswandels auf Artenreichtum und Zusammensetzung von Artengemeinschaften in fragmentierten und neu geschaffenen Habitaten

Hat die Struktur und Zusammensetzung der Landschaft im 19. und 20. Jhd. anhaltende Auswirkungen auf aktuelle Artengemeinschaften von Arthropoden und Pflanzen im Grünland? Wir untersuchen diese Frage im Rahmen der Biodiversitäts-Exploratorien.

Hintergrund und Zielsetzung

Hintergrund

Historischer Landnutzungswandel kann erheblichen Einfluss auf die aktuelle Zusammensetzung, Struktur und Funktion von Ökosystemen haben. Frühere Landnutzungsarten können sich durch „legacy effects“ in den heutigen Lebensgemeinschaften abzeichnen, z.B. durch nachhaltige Veränderungen der Standortbedingungen, der Samenbank oder durch überdauernde Arten. Auf der Landschaftsebene kann Landnutzungswandel zu drastischen Veränderungen der räumlichen Konfiguration von Lebensräumen, wie z.B. Pachtgrößen, Gesamtfläche und Konnektivität, führen. Die Konfiguration von Lebensräumen hat Auswirkungen auf die Zusammenstellung und Diversität von Lebensgemeinschaften. Wenn sich die Landschaftsstruktur aufgrund von Landnutzungswandel stark verändert hat, kann daher die historische Lebensraumkonfiguration signifikanten Einfluss auf die aktuellen Lebensgemeinschaften haben.

Ziele

  • Kartierung der historischen Landnutzung auf bis 1 km Radius um die 150 Grünland-EP zu vier Daten: 1870, 1930, 1960 und 2010.
  • Berechnung verschiedener Landschaftsmaße für das Grünland und andere Landbedeckungstypen auf Grundlage der historischen Landnutzungskartierung.
  • Modellierung der Auswirkungen der historischen Landnutzung und Grünlandkonfiguration auf Artenreichtum und Zusammensetzung der Arteigenschaften der Pflanzen und Arthropoden in den Grünland-EP.

Vorgehensweise

Arbeitspakete

1.) Historische Landnutzungs- und Landschaftsanalyse

Die historische Landnutzung wird in Pufferkreisen von 100 m, 250 m, 500 m und 1 km um die EP herum anhand digitaler historischer Karten im Geographischen Informationssystem (GIS) rekonstruiert und kartiert. Auf dieser Grundlagen werden die Landnutzungstrajektorien auf lokaler und landschaftlicher Ebene bestimmt. Außerdem werden verschiedene Landschaftsmaße (Patchfläche, Shape Index, Nächster-Nachbar-Distanz, Proximitätsindex, Flächenanteil und Anzahl Patches innerhalb der Landbedeckungstypen) berechnet – sowohl für den zentralen Patch, der den EP enthält als auch für die gesamten Pufferkreise (Mittelwerte innerhalb der Landbedeckungsklassen). Auf diese Weise quantifizieren wir die historische Grünlandkonfiguration und Landschaftsstruktur in den Gebieten Schorfheide-Chorin und Schwäbische Alb. Für den Hainich wurden diese Analysen bereits in einer Vorstudie durchgeführt.

2.) Auswirkungen historischer Landnutzung und Grünlandkonfiguration auf den Artenreichtum

In diesem Arbeitspaket testen wir die Hypothese, dass historische Lebensraumkonfiguration sich auf den aktuellen Artenreichtum auswirkt und dass sie bedeutender als die aktuelle Konfiguration ist, wenn starke Veränderungen der Patchgrößen des Grünlandes und/ oder der Gesamtgrünlandfläche stattgefunden haben (Zu- oder Abnahme). Des Weiteren werden wir spezifische Analysen für neu entstandene Grünlandflächen und Landschaften mit starker Grünlandzunahme (z.B. im Hainich) sowie für Gebiete mit Grünlandfragmentierung durchführen. Mit Hinblick auf Neugrünland werden wir untersuchen, ob Grünlandfläche und –konnektivität zur Zeit der Anlage des Grünlands den aktuellen Artenreichtum erklärt. In fragmentierten Grünlandgebieten werden wir testen, ob es eine Aussterbeschuld gibt, indem wir Arten-Areal-Beziehungen von stabilen und fragmentierten Grünlandpatches miteinander vergleichen.

3.) Auswirkungen historischer Landnutzung und Grünlandkonfiguration auf Zusammensetzung der Artenmerkmale der Lebensgemeinschaften

Wir werden die historischen Effekte auf die multivariate Merkmalszusammensetzung, die Anteile bestimmter Artengruppen (z.B. Habiatspezialisten) und (gewichteter) Mittelwerte der Merkmale in den Lebensgemeinschaften modellieren. Mit multivariate Analysen soll die relative Bedeutung der historischen Landnutzung und Grünlandkonfiguration für die aktuelle Zusammensetzung der Artenmerkmale abgeschätzt werden. Außerdem wird mit Hilfe von GLMM untersucht, ob die Anteile der Habitatspezialisten, ausbreitungslimitierten und persistenten Arten von der historischen Grünlandfläche und –konnektivität abhängen. Schließlich sollen die historischen Effekte auf die (gewichteten) Mittelwerte der Arteigenschaften, die in Bezug zu Ausbreitung und Persistenz stehen, modelliert werden, um die Hypothesen zu testen, dass Isolation die Ausprägung der Ausbreitungsfähigkeit und Fragmentierung die Persistenz erhöht.

4.) Interaktionen der Arteigenschaften mit Effekten der historischen Landnutzung und Grünlandkonfiguration

Wir werden einen neuen Modellierungsansatz verfolgen, der auf GLMM basiert, um zu quantifizieren wie stark bestimmte Arteigenschaften die Wirkungen der historischen Landnutzung und Grünlandkonfiguration auf die Lebensgemeinschaften modifizieren. Zur Vorauswahl von Arteigenschaften, die den stärksten Zusammenhang mit historischer Landnutzung und Konfiguration zeigen, werden wir RLQ-Ordination verwenden. Danach werden Interaktionen zwischen den historischen Settings und den Arteigenschaften mittels “random intercept and random slope models” GLMM modelliert und getestet (vgl. Jamil et al. 2013). Wir testen die Hypothese, dass Merkmale, die die Ausbreitungsfähigkeit bestimmen, mit den generellen Effekten der Grünlandfläche, -konnektivität und dem -alter auf die Vorkommenswahrscheinlichkeit der Arten interagieren.

Unsere Forschungsfragen

Haupthypothesen

  • Die historische Konfiguration des Grünlandes hat stärkeren Einfluss auf den Artenreichtum der Pflanzen und Arthropoden als die aktuelle Konfiguration, wenn die Gesamtmenge und Konnektivität des Grünlandes sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert haben.
  • Historische Landnutzung und Grünlandkonfiguration erklären einen signifikanten Anteil der Variation in der aktuellen Zusammensetzung der Arteigenschaften der Pflanzen- und Arthropoden-Gemeinschaften.
  • Arteigenschaften, die mit Ausbreitung und Persistenz zusammenhängen, interagieren mit den generellen Auswirkungen der (historischen) Grünlandfläche und –konnektivität auf die Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften.

Ergebnisse

Historische Landschaftsstruktur hat bis heute andauernde Einflüsse auf den Artenreichtum von Pflanzen und Arthropoden im Wirtschaftsgrünland. 

Scherreiks P,. Gossner MM, Ambarlı D, Ayasse M, Blüthgen N, Fischer M, Klaus VH, Kleinebecker T, Neff F, Prati D, Seibold S, Simons NK, Weisser WW, Wells K, Westphal C, Thiele J (2022) Present and historical landscape structure shapes current species richness in Central European grasslands. Landscape Ecology. DOI: 10.1007/s10980-021-01392-7.

 

Links und Downloads

www.biodiversity-exploratories.de/projekte/aktuelle-projekte/theorie-modellierung-upscaling/hilucc/

Beteiligte externe Thünen-Partner

  • Technische Universität München
    (München, Freising-Weihenstephan, Deutschland)

Geldgeber

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

3.2017 - 9.2022

Weitere Projektdaten

Projektfördernummer: TH 1295/6-1
Projektstatus: abgeschlossen

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