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Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
© Thünen-Institut/BD
Ein Mitarbeiter sammelt Ameisen auf einer Untersuchungsfläche.
Institut für

BD Biodiversität

Agrarsystemökologie

In Agrarsystemen leben Tiere und Mikroorganismen, die durch ihre gemeinschaftliche Aktivität eine umweltfreundliche Nutzbarkeit gewährleisten können. Die positiven Ökosystemleistungen wie Bestäubung oder Bodenfruchtbarkeit werden typischerweise durch eine hohe Biodiversität gefördert, die auch bei extremen Umweltbedingungen, wie Hitze, Trockenheit, Starkregen oder Sturmereignissen stabil bleiben. Besonders wichtig sind in Agrarsystemen Insekten, Bodentiere und Bodenmikroorganismen.

Bodentiere und Mikroorganismen ermöglichen die Bildung von fruchtbaren Bodenaggregaten durch die Zersetzung von Pflanzenresten und dem Aufbau organischer Substanz. Mikroorganismen speichern ungenutzten Stickstoff aus Düngern oder entsorgen ihn als unschädliches Gas. Übrig gebliebene Pflanzenschutzmittel werden mikrobiologisch abgebaut. Um die positiven biologischen Effekte zu fördern und die negativen zu kontrollieren, untersuchen wir, wie unterschiedliche Bewirtschaftungssysteme auf das Bodenleben wirken und wie sich durch den Schutz der bodenbiologischen Ressource eine möglichst hohe Bodenfruchtbarkeit sicherstellen lässt.

Für die mikrobiologischen Analysen nutzt das Institut die neuen Potenziale der Boden-Metagenom-Analysen, bei denen DNA durch Hochdurchsatzmethoden sequenziert und bioinformatisch interpretiert wird. Durch die Untersuchung von individuellen Bodenaggregaten können wir seit Neuestem bisher verborgene Interaktionsmuster und Regulationsprozesse sichtbar machen.

Unsere bodenzoologischen Untersuchungen konzentrieren sich auf Funktion und Leistung der Bodentier-Gemeinschaften in unterschiedlichen Landnutzungssystemen. Am Beispiel der Regenwurm-Gemeinschaften stellen wir den Bezug zwischen ökologischen Gruppen und ihren spezifischen Gangsystemen zum Wasserhaushalt des Bodens her. Pilzfressende Bodentiere dienen uns als Schlüsselorganismen für die Verbesserung der Bodengesundheit durch Regulation bodenbürtiger phytopathogener Pilze und ihrer Toxine.

Alternative Fruchtfolgen z. B. durch den Anbau von Leguminosen, durch Zwischenfruchtanbau, Mischkulturen und kombinierten Formen mit Deckfrüchten, kann Agrarland bei weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln Boden-schonender genutzt werden. Wir untersuchen, wie sich diversifizierte Anbausysteme, ober- und unterirdisch, auf die Vielfalt von Insekten, Bodentieren und Mikroorganismen und deren Ökosystemleistungen auswirken.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen:Jens Dauber, Stefan Schrader, Brandon Seah, Christoph Tebbe, Jan Thiele


Aktuelle Themen

Mikrobielle Lebensgemeinschaften sind vielfältig und veränderlich in Zeit und Raum – Wie finden sich die einzelnen Organismen zu einer Gemeinschaft zusammen und wie reagieren sie auf eine veränderte Umwelt? Dies wird in unterschiedlichen Forschungsprojekten von uns untersucht.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Das Mikrobiom ist der zentrale Motor für die Umsetzung organischer Substanz in Böden, durch die letztendlich biogeochemische Stoffkreisläufe und andere wichtige Ökosystemdienstleistungen aufrecht gehalten werden. Die Bedeutung der biologischen Vielfalt für diese Leistungen ist jedoch bis heute kaum verstanden. Hierdurch sind die Voraussagen über die Veränderung mikrobieller Vielfalt und Dienstleistungen auf Feldebene und darüber hinaus sehr stark eingeschränkt. Unsere Forschung zielt darauf ab, die Implikationen von Energie- und Stoffflüssen auf die Diversität und Komplexität mikrobieller Gemeinschaften zu charakterisieren, um so zu einem besseren, systembasierten Verständnis zu gelangen, wie Böden Energie und Stoffe mikrobiologisch verarbeiten. Die Daten werden im Rahmen von komplexen Bodensäulen-Experimenten in einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen erhoben.

Die Ökosystemleistungen mikrobieller Gemeinschaften sind das Ergebnis der funktionellen Potenziale ihrer vielfältigen Mitglieder. Unter den spezifischen Lebensbedingungen in der Rhizosphäre werden Mikroorganismen selektiert, die einerseits das Pflanzenwachstum fördern, um ihren Bedarf an energiereichen Kohlenstoffverbindungen durch Wurzelabgaben zu decken, andererseits jedoch besteht ein Wettbewerb um die Aufnahme von Nährstoffen aus dem Boden, insbesondere von Stickstoff (N) und Phosphor (P). Diese Ambivalenz können als positive bzw. negative Rückkopplungen zwischen der Pflanze und die Mikroorganismengemeinschaften verstanden werden. Wir charakterisieren die funktionelle Diversität mikrobieller Gemeinschaften in der Rhizosphäre in Reaktion auf Wurzeleigenschaften und Bodenbedingungen wie Trockenheit, Verdichtung und Kontaktzone zur Wurzel, aufzuklären. Dabei nehmen wir alternative genetische Versionen für Schlüsselfunktionen von Boden N-Transformationen und P-Mobilisierungen aus Aggregat-Boden-DNA unter die Lupe. Unser Fokus auf N-Transformation und P-Mobilisierung wird ein neues Verständnis über positive und negative Rückkopplungseffekte zwischen Pflanzen, Boden und Mikroorganismen geben können.

Je höher die mikrobielle Biomasse in Böden ist, umso höher ist im Allgemeinen auch ihre Leistungsfähigkeit, Ökosystemleistungen zu vollbringen. Das Wachstum von Mikroorganismen in Agrarböden ist bei einem Überschuss an Stickstoff aus verbleibendem Dünger oft durch einen Mangel an energiereichem Kohlenstoff, wie er über Pflanzenreste zur Verfügung gestellt werden kann, limitiert. Aber auch andere Faktoren wie z.B. der Mangel an Mikronährstoffen, wie Mangan, Magnesium, Eisen oder Zink, könnte eine wichtige Rolle bei Aufbau der mikrobiellen Biomasse in Böden spielen. Wir unterstützen diese an der Rhein-Waal Universität stattfindende Forschung mit unserer Expertise in Bodenmetagenom Analysen.

Die Bedeutung der Bodenmikrobiome als Träger von Ökosystemfunktionen und damit als wichtiges Element einer nachhaltigen Landwirtschaft ist heute unumstritten. Wie aber wirken sich neue Technologien, wie der Anbau gentechnisch veränderte Kulturpflanzen oder die Nutzung Viren-basierter Pflanzenschutzmittel auf die Vielfalt und Funktion von Bodenmikrobiomen aus? Sollten Bodenmikrobiome ein Schutzgut sein?


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Landwirtschaft ist zur Optimierung ihrer Produktivität sowie in Antwort auf aktuelle und zu erwartende Anforderungen an ihre Produktion permanent Veränderungen unterworfen. Dabei kann die Implementierung neuer Techniken und Produkte nicht immer auf Erfahrungswissen zurückgreifen um Umweltauswirkungen vor einer Vermarktung zu bewerten. Aufgrund der Bedeutung von Mikrobiomen für die Ökosystemleistungen führen wir daher Untersuchungen zur Wirkung neuer Technologien auf Boden- und Pflanzen-assoziierte Mikrobiome durch. Dabei suchen wir nicht unbedingt Einzelorganismen auf Art-Ebene als Indikatoren, sondern wollen vor allem verstehen, wie sich die Mikrobiome verändern, z.B. indem einzelne Arten ersetzt oder Verbindungen zwischen unterschiedlichen Arten neu organisiert werden. Auf Grundlagen von Bodenmetagenom-Analysen lassen sich diese Parameter bestimmen.

Es geht auch um die Frage, ob das Bodenmikrobiom als Schutzgut für die Bewertung neuer Technologien zukünftig herangezogen werden sollte. Für Umweltrisikobewertungen, wie sie in der EU oder anderen Teilen der Welt durchgeführt werden, spielt das Mikrobiom als Schutzgut bei Zulassungsverfahren bis heute keine Rolle.

Viren und Bakteriophagen (Bakterienviren) kommen als umweltfreundliche Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft zunehmend in Betracht. Am Beispiel von Bakteriophagen zur Kontrolle von Pflanzen-pathogenen Bakterien wurde von uns untersucht, in wie weit auch verwandte Nicht-Ziel Organismen beeinträchtigt werden und sich dadurch Mikrobiome an Phagen-behandelten Pflanzen und Böden unbeabsichtigt verändern könnten. Unsere bisherigen Ergebnisse zeigen eine hohe Spezifität der Phagen für die Zielorganismen und keine weiter Wirkung auf Mikrobiome.

Bodenaggregate sind zeitlich und räumlich dynamische Einheiten, die den unmittelbaren Lebensraum für die meisten Bodenmikroorganismen darstellen. Auswirkungen von Umweltveränderungen auf die Struktur und funktionelle Organisation von Mikrobiomen ließen sich hier am besten nachweisen, wenn man die Techniken dazu hätte. Wichtige methodische Limitierungen um diese Skala informationsbringend nutzen zu können, wurden von uns dazu in den letzten Jahren entwickelt.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Jeder Boden enthält DNA und damit auch die Erbsubstanz der Organismen die in ihm leben oder gelebt haben. Dabei handelt es sich primär um die DNA der Mikroorganismen. Dank der heute zur Verfügung stehenden Hochdurchsatz-DNA Sequenzierung kann diese genetische Information, das sogenannte Metagenom erfasst und zumindest teilweise auch entschlüsselt werden.

Metagenome werden üblicherweise aus etwa einem Gramm Boden gewonnen. Diese Menge missachtet jedoch die strukturellen Eigenschaften, die den Lebensraum Boden für Mikroorganismen definieren. Denn Böden bestehen aus primärem mineralischen, organisch-mineralischen und organischen Partikeln, die sich unter dem Einfluss von physikalisch-chemischen aber auch biologischen Faktoren zu Aggregaten formieren. Boden-Aggregate sind damit Assoziationen aus lebenden Mikroorganismen, organischem Material in unterschiedlichen Abbaustadien, sowie aus mineralischen Partikeln.

Die spezifischen Lebensbedingungen in Aggregaten und auf ihren Oberflächen haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie ein Boden funktioniert und welche Leistungen er auf Ökosystemebene und darüber hinaus vollbringt. Die biologische Aktivität von Aggregaten wird nicht nur durch die darin enthaltenen Organismen, sondern auch über physikalisch-chemische Wechselwirkungen mit abiotischen Komponenten kontrolliert. Diese Aggregate sind klein und selbst innerhalb eines Gramms Boden sehr unterschiedlich.

Der von uns entwickelte Begriff „Aggregatome“ betrachtet Bodenaggregate als funktionelle biologische Einheiten. Diese Einheiten sind zeitlich und räumlich dynamisch und kontrollieren den Energie- und den Substratfluss in Böden. „Aggregatomik“ zielt darauf ab, die Gesamtheit der biologischen Bestandteile qualitativ und quantitativ unabhängig von den Einzelorganismen zu erfassen. Hierbei kann es sich um informationstragende Makromoleküle, also Nukleinsäuren (DNA, RNA) und Proteine, oder um mikrobielle Stoffwechselprodukte handeln. Bei unseren aktuellen Arbeiten analysieren wir die mikrobiellen Gemeinschaften von Aggregaten auf DNA-Ebene, um biologische Diversität und mikrobielle Interaktionen aufzuklären.

Die Aggregate lassen sich auch experimentell manipulieren, in dem man z.B. Wachstumsfaktoren zugibt und die Reaktion der Mikrobiome auf diesen Eingriff verfolgt. Mit diesem Ansatz gelang es uns jetzt zu beweisen, dass die gegenseitige Wachstumsförderung Mikrobiome zusammenhält. Eine Bakterienart versorgt die Nachbarn mit einer wichtigen Aminosäure, wodurch es sich diese Nachbarn leisten können, auf die Energie aufwendige Herstellung dieses Nährstoffs zu verzichten. So kommt es innerhalb der Mikrobiome zu Arbeitsteilungen und damit zu deren Stabilisierung.

Durch landwirtschaftliche Nutzung ändern sich die Lebensbedingungen für Bodenmikrobiome ständig. Wir untersuchen und vergleichen den Einfluss von Monokulturen, einfachen Fruchtfolgen und räumlich und zeitlich diversifizierten Anbausysteme auf Bodenmikrobiome, und berücksichtigen dabei auch besonders den Einfluss der variablen Standort-gegebenen Bodeneigenschaften.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Bodenmikrobiome benötigen für ihre Vermehrung energiereiche Nährstoffe, die in erster Linie von Pflanzen stammen. Diese Substanzen können von wachsenden Pflanzen über die Wurzeln in den Boden abgegeben werden, wodurch die sog. Rhizosphäre entsteht, oder sie wird aus Pflanzenresten in Zuge des biologischen Abbaus freigesetzt. Jede Pflanzenart, auch unsere Kulturpflanzen wie Mais, Weizen oder Kartoffeln, sondern in der Rhizosphäre einen für sie typischen Cocktail aus unterschiedlichen Substanzen ab, so das sich pflanzen-spezifisch unterschiedlich zusammengesetzte Mikrobiome bilden. In Monokulturen werden immer die gleichen Bakterien und Pilzarten gefördert, was zu einer Verarmung der mikrobiellen Vielfalt führt. Im Gegensatz führen Fruchtfolgen und, mehr noch, diversifizierte Systeme mit Deckfrüchten oder der gleichzeitigen Kultivierung unterschiedlicher Kulturpflanzen zu einer erhöhten mikrobiellen Vielfalt. Dadurch erhöht sich auch die Stabilität der Mikrobiome und ihre Fähigkeit Nährstoffe zu speichern oder auch pathogene Bodenmikroorganismen zu unterdrücken.

Wir konnten bereits zeigen, dass sich an unterschiedlichen Standorten in Europa ähnliche aber doch nicht gleiche Bakteriengemeinschaften in der Rhizosphäre von Mais versammelten, d.h. auch der Standort und damit verbundenen charakteristische Bodeneigenschaften trugen zur Vielfalt der Mikroorganismen bei. In einem Langzeitfeldexperiment zeigten wir, dass Zwischenfrüchte über Winter die mikrobielle Gemeinschaft stabilisierten, so dass die im Frühjahr folgenden Kulturpflanzen bessere Startbedingungen hatten. Während Fruchtwechsel wie erwartet die Vielfalt der dominanten Bodenmikroorganismen beeinflussten, hatte die Einarbeitung organischer Reststoffe in den Boden über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten vor allem einen positiven Einfluss auf die weniger dominanten Arten, die aber einen wichtigen Beitrag zur Bodenfruchtbarkeit leisten können, und deren Überleben durch organische Bodensubstanz gewährleistet ist.

Die hohen Energiegehalte und wertvollen Nährstoffe in landwirtschaftlichen Abfällen, insbesondere in Tierexkrementen, bieten die Möglichkeit, durch anaerobe Fermentation Biogas, und damit einen wichtigen Energieträger, umweltfreundlich herzustellen. Die Umsetzungsprozesse erfolgen durch komplex zusammengesetzte Mikrobiome, die jedoch nicht immer die optimale Effizienz aufweisen. Der Schlüssel, diese Effizienz zu steigern, ist ein tieferes Verständnis der mikrobiologischen Funktionen und deren Regulation. Metagenom Analysen bieten hierfür einen völlig neuen und gewinnbringenden Ansatz. 


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Christoph Tebbe


Die Funktion von Biogasanlagen beruht auf einem engen Zusammenspiel unterschiedlicher Bakterien und Archaeen beim Abbau von organischen Substraten und deren Umwandlung in den Energieträger Methan-Gas. Hierfür sollen vor allem auch landwirtschaftliche Abfallprodukte wie Exkremente von Nutztieren wertschöpfend verwendet werden. Problematisch erweist sich aber zum Beispiel für die Nutzung von Hühnerkot der damit verbundene Eintrag von Ammoniak und die Erhöhung des pH-Werts in den Biogasanlagen. Hohe pH-Werte hemmen die Mikrobiome und führen zu einer drastischen Reduktion oder zum kompletten Stillstand der mikrobiellen Biogassynthese. Wir untersuchen, wie sich Ammoniak-tolerante Mikrobiome anreichern lassen damit diese noch in der Lage sind, Biogas zu bilden. Analysen zur Zusammensetzung dieser Gemeinschaften mit Hilfe der Metagenomik werden wichtige Hinweise geben, wie sich in Zukunft effizientere Biogasreaktoren bei hohen pH-Werten managen lassen.

Eukaryontische Einzeller, sogenannte Protisten, sind weit verbreitet aber wenig bekannt. Im Vergleich zu mehrzelligen Pflanzen und Tiere sind Protisten mikroskopisch und daher leicht zu übersehen. Im Vergleich zu Prokaryonten (z.B. Bakterien) sind ihre Genome komplexer, und umso schwieriger zu sequenzieren oder zu analysieren. In Zusammenarbeit mit externen Kooperationspartnern forschen wir insbesondere an Artengruppen, die für den Boden oder aquatische Habitate relevant sind, z.B. die Ciliaten.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Brandon Seah


Eukaryontische Mikroorganismen (auch “Protisten” genannt), z. B. Ciliaten und Amöben, sind sowohl in ihrer Vielfalt als auch in ihrer Anzahl wesentlich reicher als Pflanzen und Tiere. Dank ihrer Häufigkeit im Boden und in aquatischen Lebensräumen sind sie vielversprechende ökologische Indikatorarten, aber ihre eigenen ökologischen Rollen sind nur wenig bekannt. In der Literatur werden sie oft nur als “Bakterienfresser” charakterisiert, obwohl sie mit anderen Arten in verschiedenen Rollen interagieren können, z. B. als Prädatoren, Parasiten, Wirte, und Symbionten. Außerdem gibt es nur wenige genomische Referenzdaten von Protisten. Daher werden sie in metagenomischen Studien, die auf Vergleiche mit Referenzdaten angewiesen sind, leicht übersehen. Auch Metabarcoding-Studien, die PCR-Methoden verwenden, können die Artenvielfalt von Protisten ebenfalls unterschätzen, da die Primersequenzen auf bereits vorhandenen Referenzsequenzen basieren.

Daher streben wir an, die Grundlage für die Dokumentation der Biodiversität eukaryontischer Mikroorganismen zu legen, indem wir uns an Genomprojekten für relevante Arten, nämlich Schalenamöben und Ciliaten, beteiligen. Durch die strukturelle und funktionelle Annotation ihrer Gene ermöglichen wir die Prädiktion ihres Stoffwechsels und ihrer ökologischen Rolle, insbesondere zu den Fragen:

  • Wie sind die Genome von verschiedenen Protisten strukturiert?
  • Wie interagieren sie mit anderen Organismen in der Gemeinschaft, z. B. Symbiose?
  • Inwiefern sind Protisten als Indikatorarten geeignet? Reicht die Datengrundlage dafür aus?

Regenwürmer gestalten durch ihre grabende Aktivität das Bodenprofil, wodurch sie für die Ertragssicherheit genutzter Böden wichtige Ökosystemleistungen und erbringen. Wir untersuchen die Genese und Funktion der Gangsysteme und Losungsaggregate als Beitrag zur Bodenfruchtbarkeit.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Stefan Schrader


Regenwurmgemeinschaften tragen standortabhängig in unterschiedlicher Weise zur Gestaltung des Bodenprofils und zur Steuerung der Bodenfunktionen bei. In Ackerböden sind es tiefgrabende Regenwurmarten, die primär die Infiltrationsfähigkeit des Bodens, den Wasserfluss und damit den Wasserhaushalt steuern. Ihr Beitrag zur Aggregatneubildung im Bodenprofil ist eher gering, weil sie ihre Losung primär an der Bodenoberfläche ablegen. Hingegen tragen flachgrabende Regenwurmarten, die im Oberboden netzartige Gangsysteme anlegen und diese teilweise mit Losung wieder verfüllen, primär zur Aggregatneubildung im Bodenprofil bei. In Bezug auf den Wasserhaushalt des Bodens, resultiert ihr Grabmuster in einer Retention des Bodenwassers d.h. einer Wasserspeicherung. Die Herausforderung für die Feldforschung besteht darin, den Zusammenhang zwischen der ökologischen Zusammensetzung der Regenwurmgemeinschaft eines Standorts und den Bodenprozessen zu verstehen, die im Bodenprofil bei landwirtschaftlichem Management ablaufen.

In Praxisbetrieben konnten wir bereits für einjährige und mehrjährige Energiepflanzenbestände den direkten Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung der Regenwurmgemeinschaft und der Wasserinfiltration messen. Aufbauend auf den gewonnenen Ergebnissen und Erfahrungen werden wir im nächsten Schritt Regenwurmgemeinschaften und Wasserflüsse im Boden auf der Landschaftsskala in sogenannten Living Labs analysieren. Basierend auf einem räumlichen Raster und unter Verwendung eines Farbtracers werden die wasserführenden Porenanteile im Feld ermittelt.

Ein Verbleib organischer Substanz aus Ernterückständen an der Bodenoberfläche fördert Bodenbiodiversität, begünstigt allerdings auch die Entwicklung phytopathogener Pilze. Pilzfressende Bodentiere haben hier eine Schlüsselfunktion für die biologische Selbstregulation im genutzten Oberboden. Wir untersuchen die antagonistischen Mechanismen der Bodentieraktivität als Beitrag zur Bodengesundheit.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Stefan Schrader


Nachhaltige dem Bodenschutz dienende Bodenbewirtschaftung schließt häufig einen Verbleib organischer Reststoffe an der Bodenoberfläche ein. Diese Form der Bodenbedeckung dient u.a. dem Schutz vor Erosion, einer Minderung der Evaporation (Verdunstung von der Bodenoberfläche) und stabilisiert das oberflächennahe Bodenmikroklima. Gleichzeitig wird damit ein attraktives Siedelsubstrat für bodenbürtige Schadpilze geschaffen. Fusarien gehören hierbei zu den wirtschaftlich bedeutenden Schadorganismen weltweit, weil sie durch ihren Befall zu Ertragseinbußen führen und durch Produktion von Toxinen (hier: Mykotoxine) das Erntegut kontaminieren und damit als Nahrungs- oder Futtermittel schädigen oder sogar unbrauchbar machen. Wir gehen hier der Frage nach, welche Rolle pilzfressende Bodentiere als Antagonisten zur Reduzierung einer Infektion spielen und inwiefern sie zum Abbau der Mykotoxine beitragen.

Bislang haben wir die Bioregulation der Fusarien und ihrer Toxine für pilzfressende Regenwürmer, Enchytraeiden und Collembolen analysiert und quantifiziert. Die bioregulatorische Leistung wurde unter Berücksichtigung äußerer Wirkungsfaktoren wie der Zeit, Temperatur, Textur und Häckselgröße untersucht und bewertet. Es zeigte sich, dass es zur Synergie zwischen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung (Top-down-Effekte) und natürlicher Bioregulation (Bottom-up-Effekte) kommen kann. Hierauf aufbauend verfolgen wir im nächsten Schritt das Ziel, dieses bioregulatorische Potential pilzfressender Bodentiere durch innovative Managementmaßnahmen zu fördern und gleichzeitig einem erhöhten Input an Pflanzenschutzmitteln entgegen zu wirken. Dafür arbeiten wir mit Landwirten in Praxisbetrieben zusammen.

Durch eine Diversifizierung von Anbausystemen kann der Beitrag der biologischen Vielfalt mit ihren Ökosystemleistungen für die landwirtschaftliche Produktion in Hinblick auf eine umweltfreundliche und ressourcenschonende Landnutzung gesteuert werden. Aus agrarökologischer Sicht entwickeln und erproben wir innovative Anbausysteme zur Förderung und Nutzung der Vielfalt der Bodentiere, oberirdisch lebender Arthropoden und blütenbesuchender Insekten und ihrer Funktionen und Leistungen.


Verantwortliche Wissenschaftler*innen: Jens Dauber, Stefan Schrader, Christoph Tebbe


Wir untersuchen und bewerten die Leistungsfähigkeit von alternativen Fruchtfolgen, Zwischenfruchtanbau, Mischkulturen und kombinierten Formen der Anbaudiversifizierung in unterschiedlichen Böden und bei verschiedenen Klimabedingungen im Vergleich zu herkömmlichen Anbausystemen. Oft geht eine Diversifizierung auch einher mit Anpassungen der Bodenbearbeitung und des Pflanzenschutzes. Unsere Forschungsfragen sind:

  • Wie wirken sich diversifizierte Anbausysteme auf die bodenmikrobiologische Vielfalt und deren Ökosystemleistungen aus?
  • Welche Organismen und Organismengruppen werden gefördert, gehemmt oder ausgelöscht?
  • Lassen sich aus den Veränderungen mikrobieller Leistungen auf Prozessebene in kleinen Skalen (z. B. Bodenaggregaten) Schlussfolgerungen für höhere Skalen (Feld, Landschaft, Klimazonen) bis hin für den globalen Wandel ziehen?
  • Wie wirken sich diversifizierte Anbausysteme auf die Artenzahl und Abundanz von natürlichen Gegenspielern (insbesondere epigäische Raubarthropoden) aus?
  • Welche Arthropoden werden gefördert, welche gehemmt?
  • Wie wirken sich diese Veränderungen auf die Schädlingskontrolle aus?
  • Sind mit der Anbaudiversifizierung Einsparungen im Pflanzenschutz und der Düngung möglich und welche Wirkung hat dies auf die natürlichen Gegenspieler und deren Leistung?
  • Welche Folgen hat eine Integration von Energiepflanzen (insbesondere mehrjährige Kulturen) in Anbausysteme zur Nahrungsproduktion?
  • Steigern diversifizierte Anbausysteme mit blühenden Kulturen, Untersaaten oder Zwischenfrüchten (z.B. Leguminosen) das Nektar- und Pollenangebot und werden dadurch blütenbesuchende Insekten gefördert?
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