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Ökologischer Betrieb
© BLE, Bonn/Thomas Stephan
Ökologischer Betrieb
Institut für

BW Betriebswirtschaft

Projekt

Wie lassen sich die Vorschläge der Borchert-Kommission in der Praxis umsetzen?


Federführendes Institut BW Institut für Betriebswirtschaft

Schweinefamilie in Bronze
© Claus Deblitz

Analyse möglicher Umsetzungspfade der Empfehlungen des Kompetenznetzwerks Nutztierhaltung am Beispiel zweier Praxisbetriebe mit Sauenhaltung bzw. Schweinemast

Das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung unter Leitung des ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert hat umfangreiche Vorschläge für den Umbau der Nutztierhaltung in Deutschland zu tierwohlgerechten Produktionsverfahren vorgelegt.

Hintergrund und Zielsetzung

Das Thünen-Institut hat hierzu im Mai 2021 eine Politikfolgenabschätzung vorgelegt. Hierbei konnte aufgrund der kurzen Bearbeitungszeit und der relativ dünnen Datenlage lediglich eine grobe Abschätzung vorgenommen werden. Für die Stufen 2 und 3 der KNW-Vorschläge konnten „lediglich“ Stallneubauten berechnet werden. In der Praxis wird es aber einen Mix aus Um- und Ausbau bestehender Ställe sowie Neubauten geben.

In dem Vorhaben soll untersucht werden, wie und in welchen Schritten die langfristige Umstellung der praktischen Schweinehaltung bei Umsetzung der Stufen 2 und 3 in der Praxis funktionieren kann. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der Fragestellungen erfolgt dies zunächst für einen spezialisierten Sauenbetrieb und einen spezialisierten Mastbetrieb.

Dabei adressieren wir folgende Fragestellungen:

  • Welche Möglichkeiten bestehen in der praktischen Umsetzung des Bochert-Plans?
  • Wo gibt es Herausforderungen und Probleme?
  • Welche Auswirkungen haben die Umbaumaßnahmen auf die Betriebsstrukturen?
  • Welche betriebswirtschaftlichen Auswirkungen hat die Umsetzung der Tierwohlstufen?

Zielgruppe

Politik, Verbände, landwirtschaflticher Praxis, NGOs

Vorgehensweise

Feststellung des Status quo und des rechtlichen Rahmens (Tierschutznutztierhaltungsverordnung, Vorgaben der Nutztierstrategie der Borchert Kommission Stufen des Tierwohls 1 bis 3, 13 Kriterien des Tierwohls (Platz, Raufutter etc.), TA Luft, Baurecht, Düngeverordnung)

Status quo Erhebung der Daten und Leistungen des Sauenbetriebs und des Mastbetriebes.

 

Die Datenerhebung der Referenzsituation erfolgt unter Anwendung der Methoden und Modellinfrastruktur (TIPI-CAL) des agri benchmark Schweinenetzwerkes.

 

Anschliessend berechnen wir 2 Szenarien: zum einen den Umbau auf Stufe 2 (Szenario A), zum anderen den Umbau auf Stufe 3 (Szenario B). Dafür erfolgt in enger Abstimmung mit Praktikern und Praktikerinnen die Definition, Spezifikation und Quantifizierung dieser Maßnahmen für die ausgewählten Betriebe. Für die so spezifizierten Umbaumaßnahmen werden Angebote von Stallbaufirmen eingeholt. Damit lassen sich die Investitionskosten ermitteln. Weitere Aspekte betreffen mögliche Bestandsveränderungen, Leistungsparameter und variable Kosten sowie die Arbeitswirtschaft. All diese Informationen erlauben es, die Veränderungen auf die langfristige Wirtschaftlichkeit und den erforderlichen Mehrerlös zum Ausgleich der Mehrkosten darzustellen.

 

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigen, dass eine Umstellung auf die Haltungsstufen 2 und 3 auf den konkret betrachteten Betrieben technisch und baulich möglich ist. Die Empfehlungen, welche vom Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung für die einzelnen Haltungsbereiche herausgegeben werden, können in beiden Stufen erfüllt werden. Dies gilt jedoch nicht generell für alle schweinehaltenden Betriebe in Deutschland. Außerdem sind an einigen Stellen die Empfehlungen unvollständig und nicht präzise definiert. Diese Empfehlungen gilt es zu konkretisieren, um eine Planungssicherheit zu schaffen und Missverständnisse zu vermeiden. Beide Haltungsstufen stellen die Betriebe vor unterschiedliche Herausforderungen in der Umsetzung, sowohl bei den baulichen Maßnahmen als auch bei der Arbeitserledigung und dem Betriebsmanagement. Da die betrachteten Betriebe unter das Baurecht und nicht unter BimSchG fallen, müssen die Schutzanforderungen erfüllt werden, jedoch können bei entsprechenden Ausbreitungen Vorsorgemaßnahmen notwendig werden. Die Umsetzung führt zu erheblichen Investitionen für bauliche Maßnahmen und Anschaffung von Maschinen. Ergänzend werden höhere Kosten für zusätzliche Betriebsmittel wie Einstreu und zusätzliche Kosten für einen größeren Arbeitskraftbedarf entstehen.

Die Kosten steigen auf den betrachteten Betrieben deutlich an. So steigen die Kosten in der Ferkelerzeugung um 21,37 € je Ferkel in Haltungsstufe 2 und um 33,86 € in Haltungsstufe 3. Auf dem Schweinemastbetrieb ist in Haltungsstufe 2 eine Erhöhung der Kosten, um 31 € je Mastschwein zu kalkulieren und in Haltungsstufe 3 um 55 €. Im Vergleich zu den theoretischen Annahmen der Politikfolgenabschätzung werden deutlich höhere Kosten ermittelt. Ursachen für diese Abweichungen werden in der Diskussion aufgeführt. Es hat sich darüber hinaus auch gezeigt, dass es unter gewissen Umständen für den Landwirt attraktiver sein kann, sofort in Haltungsstufe 3 zu wechseln, um gewisse Synergien zu nutzen. Die weiteren Möglichkeiten in der baulichen und technischen Umsetzung, sowie die auftretenden Probleme werden in der Diskussion behandelt.

Abschließend gilt es die erhöhten Kosten über ein geeignetes Finanzierungsmodel zu finanzieren, um die Wertschöpfung weiterhin positiv zu halten und den Betrieben eine Umstellung zu ermöglichen. Die betrachteten Betriebe sind unter den entsprechenden Voraussetzungen zu einer Umstellung bereit, sodass die erarbeiteten Umsetzungsmöglichkeiten der Haltungsstufen im großen Rahmen der Realität entsprechen.

Beteiligte externe Thünen-Partner

  • Universität Osnabrück
    (Osnabrück, Deutschland)

Zeitraum

10.2021 - 6.2022

Weitere Projektdaten

Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen zum Projekt

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