Kerstin Martens
Institut für Betriebswirtschaft
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Die Zahl landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland hat sich in den vergangenen 20 Jahren halbiert. Ein Ende des rasanten Strukturwandels ist nicht abzusehen.
Politik und wirtschaftliche Rahmenbedingungen wirken in vielfältiger, wenig erforschter Weise auf den Wandel der Strukturen im Agrarsektor ein. Welche Effekte etwa haben globale Märkte und Versuche, sie zu regulieren, auf die Entwicklung der Betriebszahlen? Und wie werden sich frei gesetzte Ressourcen – wie zum Beispiel Ackerland – auf die verbleibenden Betriebe verteilen? Es gibt bislang nur sehr wenige Studien, die auf Fragen zu diesen Prozessen antworten. Diese Studien basieren aufgrund begrenzter Verfügbarkeit von Daten meist auf „Daumenregeln“ zur Betriebsaufgabe. Im Rahmen der DFG-Forschergruppe SIAG wollen wir die Lücke schließen.
Wir verbinden ein Modell, das die Wahrscheinlichkeit für eine Betriebsaufgabe anhand beobachteter Entwicklungen erklärt, mit der vorausschauenden Modellierung betrieblicher Anpassungsreaktionen und ausgewählter Faktormärkte (wie z.B. des Bodenmarktes).
Wir konnten auf einzelbetriebliche Daten aus den Agrarstrukturerhebungen 1999, 2003 und 2007 sowie ökonomische Informationen aus dem Testbetriebsnetz zurückgreifen. Das von uns spezifizierte Modell erklärt die Aufgabewahrscheinlichkeit landwirtschaftlicher Betriebe in Abhängigkeit vom aktuellen und erwarteten zukünftigen Gewinnniveau und der erwarteten Entwicklung von Konkurrenten (z. B. Nachbarbetrieben, die auf dem Pachtmarkt um landwirtschaftliche Nutzflächen konkurrieren). Wir haben dabei auch betriebliche und regionale Charakteristika berücksichtigt, die einen Einfluss auf das strategische Verhalten der Betriebe haben (Margarian, 2010). Das ökonometrische Modell der Aufgaberaten wird iterativ mit dem für den deutschen Agrarsektor repräsentativen Betriebsgruppenmodell FARMIS gekoppelt. Dies ermöglicht die ex-ante-Analyse komplexer Politikreformen.
Für die Projektion der gesamten sektoralen Agrarproduktion spielt es in den bisher untersuchten Szenarien kaum eine Rolle, wenn explizit berücksichtigt wird, wie sich veränderte Rahmenbedingungen (wie z.B. die Abschaffung der Milchquote) auf den Strukturwandel auswirken – jedenfalls im Vergleich zu einer Fortschreibung historischer Trends. Eine erste Anwendung des Modells weist jedoch auf die divergierenden Effekte hin, die unterschiedliche Szenarien für eine Reform der Milchmarktregelungen auf die Anzahl der Milchviehbetriebe unterschiedlicher Größe oder Lage sowie deren Einkommen und Produktion ausüben können (Offermann und Margarian, 2014).
Wenn unser Modellsystem mit Marktmodellen verbunden wird, dann könnte man aus unserer Sicht in Folgeuntersuchungen eine ganze Reihe weiterer spannender Fragen beantworten, beispielsweise wie sich die einzelbetriebliche Investitionsförderung bei gleichzeitiger Mengenregulierung auf die Betriebszahl auswirkt, oder welche strukturellen Wirkungen eine umfassende Liberalisierung der EU-Agrarpolitik haben könnte.
1.2008 - 12.2013
Projekttyp:
Projektstatus:
abgeschlossen
Anzahl der Datensätze: 1