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Projekt

Potenziale von Pflanzenkohle als negative Emissionstechnologie


Federführendes Institut KB Stabsstelle Klima und Boden

© Pixabay

Potenziale von Pflanzenkohle als negative Emissionstechnologie

Für das Ziel der Treibhausgasneutralität müssen nicht vermeidbare Emissionen durch dauerhafte Einbindung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, sogenannte negative Emissionen, kompensiert werden. Wir untersuchen, welchen Beitrag Pflanzenkohle leisten könnte.

Hintergrund und Zielsetzung

Die Anforderungen der Klimaschutzpolitik an die Landwirtschaft werden zunehmend ambitionierter. Auf europäischer Ebene liegen mit dem „fit for 55“-Paket Vorschläge der EU-Kommission für ehrgeizige Klimaziele bis 2030 vor. Den Vorschlägen zufolge sollen die Sektoren Landwirtschaft, Landnutzung und Forstwirtschaft (AFOLU) bis 2035 treibhausgasneutral sein, die EU insgesamt soll dieses Ziel bis 2050 erreichen.

 

Um Anreize zu mehr Klimaschutz im Bereich AFOLU zu setzen, sollen neuen Geschäftsmodelle unter dem Stichwort „Carbon Farming“ entwickelt werden. Auch gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz in seiner geänderten Fassung von 2021 ist eine Erhöhung der jährlichen, zusätzlichen Kohlenstoffeinbindung im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) vorgesehen. Deutschland soll bereits bis zum Jahr 2045 THG-neutral sein.

 

Der verbleibende, nicht vollständig vermeidbare Ausstoß von Treibhausgasen (THG) soll dann durch negative Emissionen kompensiert werden, um das Ziel der THG-Neutralität zu erreichen. Zu den negativen Emissionen zählt die Kohlenstoffeinbindung im LULUCF-Bereich. Hier werden unter dem Stichwort „Carbon Farming“ vor allem die Erhöhung der Kohlenstoffvorräte in bestehenden Wäldern, Aufforstung, Agroforstwirtschaft und Humusaufbau in landwirtschaftlich genutzten Böden verstanden. Diese Optionen haben jedoch ein begrenztes Potenzial. Kohlenstoffvorräte in der Vegetation und im Boden können nur solange erhöht werden, bis sich ein neues Gleichgewicht einstellt, außerdem ist dieser Prozess etwa aufgrund von Landnutzungsänderung umkehrbar. Im Fall von Aufforstung und Agrargehölzen wird außerdem zusätzliche Fläche in Anspruch genommen.

Pflanzenkohle aus Pyrolyse von Biomasse, die im Boden auch über Jahrhunderte hinweg nicht abgebaut wird, könnte eine Option zur langfristigen Speicherung von biogenem Kohlenstoff mit hohem Potenzial darstellen. In der wissenschaftlichen und klimapolitischen Debatte wird die Option aber kontrovers diskutiert, als zu teuer, zu unsicher und mit Risiken wie der Belastung der Böden mit chemischen Schadstoffen verbunden. Wenn von der Option, Pflanzenkohle zu produzieren, künftig Gebrauch gemacht werden soll, muss frühzeitig eine Entscheidung getroffen werden. Nur dann kann im Rahmen der künftigen Investitionen in die physikalisch-chemische Konversion von Biomasse dafür Sorge getragen werden, dass Pyrolysekohle für die langfristige Kohlenstofffestlegung hergestellt und so aus dem biologischen Kohlenstoffkreislauf „abgezweigt“ wird. Die Produktion von Pflanzenkohle könnte dann zu einer Schlüsseltechnologie für die Erreichung der Klimaziele werden.

Ziel des Projekts ist es, den Stand des Wissens über Pflanzenkohle als Option zur langfristigen Speicherung von biogenem Kohlenstoff zusammenzufassen und Empfehlungen für die Klimapolitik und die Forschung abzuleiten.

Vorgehensweise

  1. Analysen zur Entwicklung von Carbon-Farming-Ansätzen in Deutschland und der EU und von Geschäftsmodellen für den CO2-Zertifikatehandel.
  2. Wissenschaftliche Literaturanalyse zur Herstellung von Pflanzenkohlen und zu ihren Eigenschaften, insbesondere in Hinblick auf die langfristige Festlegung von Kohlenstoff, zu den Rohstoffgrundlagen, zu Herstellungsverfahren, zu Emissionsvermeidungskosten und zu den Verwendungsoptionen einschließlich positiver und negativer Effekte.
  3. Durchführung und Auswertung einer Expertenbefragung zu Potenzialen, Chancen und Risiken des Einsatzes von Pflanzenkohlen in der Landwirtschaft.
  4. Analyse zu den Rohstoffpotenzialen zur Herstellung von Pflanzenkohlen. Untersuchung der Produktivität von Agrargehölzen, Auswertung von Langzeitbeobachtungsflächen mit schnellwachsenden Baumarten und Erstellung einer wissenschaftlichen Publikation.
  5. Synoptische Zusammenführung der Ergebnisse zu Pflanzenkohle inklusive Best-Practice-Beispielen in einer Thünen-Publikation für die wissenschaftliche Fachöffentlichkeit und Erarbeitung von Empfehlungen für die weitere Forschung und die Klimapolitik.

Daten und Methoden

Mit Hilfe einer Literaturrecherche, Experteninterviews und einer Analyse der C-Sequestrierungspotenziale von Agrargehölzen wird der Wissensstand zu Pflanzenkohle zusammengetragen und daraus eine grobe Potenzialabschätzung abgeleitet. Darauf aufbauend wird eine synoptische Darstellung zur Bewertung der Potenziale, Möglichkeiten und Grenzen von Pflanzenkohle für die langfristige Speicherung von biogenem Kohlenstoff erstellt.

Unsere Forschungsfragen

  • Was sind die Potenziale sowie Vor- und Nachteile der Nutzung von Pflanzenkohle im Vergleich zu anderen negativen Emissionstechnologien und/oder Carbon-Farming-Maßnahmen?
  • Erfüllen Geschäftsmodelle zur C-Sequestrierung mit Pflanzenkohle wichtige Nachhaltigkeitskriterien für den CO2-Zertifikatehandel?
  • Wie hoch sind die lokalen Ertragspotenziale von Agrargehölzen im Hinblick auf die Rohstoffversorgung für eine kombinierte Karbonisierung und bioenergetische Nutzung?
  • Im Falle einer positiven Einschätzung: Welche Hindernisse gibt es auf dem Weg zum praktischen Einsatz von Pflanzenkohlen und können diese unter Berücksichtigung verschiedener Interessen (Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Politik) abgebaut werden?
  • Gibt es in Deutschland und Europa Best-Practice-Beispiele für die C-Sequestrierung und die Bodenverbesserung durch Pflanzenkohle, einschließlich Zertifizierungsmodellen?

Zeitraum

11.2021 - 1.2023

Weitere Projektdaten

Projektstatus: abgeschlossen

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