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Expertise

Digitalisierung im Pflanzenbau: Einsparpotenziale und Rentabilität

Philipp Hölscher, Thomas de Witte | 12.05.2023


AT Institut für Agrartechnologie
BW Institut für Betriebswirtschaft

Mit der Digitalisierung im Ackerbau werden große Hoffnungen für einen nachhaltigeren Pflanzenbau verbunden. Doch wie hoch sind die Kosten und welcher Nutzen ist von den mittelfristig verfügbaren Technologien zu erwarten? Diesen Fragen ist das Thünen-Institut nachgegangen.

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Pflanzenproduktion werden große Hoffnungen auf neue digitale Technologien gesetzt. Allerdings ist unklar, wie hoch die Einsparpotenziale neuer digitaler Technologien sind und unter welchen Bedingungen die Technologien rentabel eingesetzt werden können. Vor diesem Hintergrund hat das Thünen-Institut im Rahmen eines Projektes Kosten-Nutzen-Analysen für marktgängige sowie kurz vor der Markteinführung befindliche digitale Systeme in den Bereichen

  • „Präzises Unkrautmanagement“,
  • „Präzises Düngemanagement“ sowie
  • „Präzises Pflanzenkrankheits- und Schädlingsmanagement“

durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in mehreren Workshops zur Validierung mit Expert*innen aus Industrie und Wissenschaft diskutiert.

Präzises Unkrautmanagement

Für die Kosten-Nutzen-Analysen eines präziseren Unkrautmanagements wurden sowohl chemische als auch mechanische Verfahren betrachtet. Als chemische Verfahren wurde eine konventionelle flächige Spritzung mit einem angebauten sowie einem autonomen Spotspraying-System vergleichen. Bei den mechanischen Verfahren wurde eine konventionelle angebaute Reihenhacke einer angebauten Präzisionshacke und einem Hackroboter gegenübergestellt.

Als Ergebnis zeigt sich, dass derzeitige Spotspraying-Ansätze ein Einsparpotenzial für blattaktive Herbizide in der Größenordnung von etwa 50-70 %, teils sogar bis zu 90 % aufweisen. Derzeit rechnen sie sich lediglich in Kulturen mit hohen Herbizidkosten, wie z.B. Zuckerrüben oder bestimmten Sonderkulturen. Kostensenkungspotenziale bestehen darin, wenn die Systeme zusätzlich in Kulturen mit anderen Applikationszeiten, wie z.B. Raps eingesetzt werden. Das Einsparpotenzial steigt mit zunehmender räumlicher Auflösung der Applikationstechnik. Vor diesem Hintergrund werden in neueren Entwicklungen Düsenabstände von weniger als 10 cm eingesetzt, die unter Hauben nahe am Bestand arbeiten.

Dagegen sind Präzisionshacken, die auch innerhalb der Reihen zwischen den einzelnen Kulturpflanzen arbeiten können, vor allem im ökologischen Landbau und bei Sonderkulturen rentabel, da sie hier in erheblichem Umfang Lohnkosten einsparen können. Im konventionellen Landbau sind die Gesamtkosten rein mechanischer Verfahren bisher noch erheblich höher als die chemischer Pflanzenschutzverfahren, im Zuckerrübenanbau beispielsweise fast viermal so hoch.

Präzises Düngemanagement

Für ein präziseres Düngemanagement wurden Systeme auf Basis von Multispektral-Kameras am Schlepper, an Drohnen sowie an Satelliten miteinander verglichen.

Nach den Analysen ist die Stickstoff-Bedarfsermittlung mittels Multispektral-Kameras an Drohnen und Satelliten vor allem für sehr heterogene Standorte eine Option, da hier die Unterschiede hinreichend differenzierbar sind. Die Düngung mit Applikationskarten auf Basis von Satellitenbildern bietet aufgrund der geringen Fixkosten auch für kleinere Betriebe einen günstigen und risikoarmen Einstieg in die teilflächenspezifische Düngung. Im Gegensatz dazu hat der Einsatz von Drohnen einen höheren Investitions- sowie Arbeitszeitbedarf für das Überfliegen und Auswerten. Auf homogeneren und ertragreicheren Standorten sowie Betrieben mit großer Flächenausstattung bieten oftmals die am Traktor montierten Multispektral-Kamerasysteme das bessere Kosten-Nutzen-Verhältnis. Sie lassen sich einfacher in den Betriebsablauf integrieren und sind wetterunabhängig.

Präzises Pflanzenkrankheits- und Schädlingsmanagement

Mit Prognosemodellen sollen die Wahrscheinlichkeiten von Schaderregerbefällen abgeschätzt werden. Bei einer geringen Wahrscheinlichkeit könnten komplette Behandlungsmaßnahmen ausgelassen werden. Dadurch ergeben sich entsprechende Einsparpotenziale bei Pflanzenschutzmitteln. Allerdings liegt die Treffsicherheit dieser Vorhersagen aktuell in der Größenordnung von etwa 85 %. Es gibt deshalb vielfach den Ansatz, kleinräumiger erfasste Wetter- und Klimadaten hinzuzuziehen, um die Treffgenauigkeit von Prognosemodellen zumindest in begrenztem Umfang zu erhöhen.
 

Die Ergebnisse sind im Thünen à la carte 12  sowie im Project brief 2022/31 aufbereitet.

 

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