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Seetagebuch

Tarajoq für Walther Herwig III, 488. Reise


SF Institut für Seefischerei

Dauer der Reise: 25. März bis 26. April 2025

Fahrtgebiet: Westbritische Gewässer (EU) 

Zweck der Reise: Makrelen- und Stöckereier-Surveys (MEGS)

Fahrtleiter:Jens Ulleweit, Thünen-Institut für Seefischerei

Blog-Autor:Jens Ulleweit

++ 30.03.2025 ++ Mit der „Tarajoq“ auf Kurs

Alle drei Jahre findet der international koordinierte Makrelen- und Stöckereier-Survey (MEGS) statt, der wichtige Daten für das Management dieser Bestände liefert. In diesem Jahr wurde dafür das grönländische Forschungsschiff „Tarajoq“ vom Thünen-Institut gechartert. Die „Tarajoq“ wurde 2021 gebaut und ist 61,4 m lang.

Auf einem unbekannten Schiff muss man sich natürlich erstmal orientieren und sich die Arbeitsplätze so einrichten, dass wir auf hoher See gut und sicher arbeiten können. Dazu haben wir die Anreise ins Untersuchungsgebiet genutzt. Auch absolvierten wir zwei erfolgreiche Testhols mit unserem Standard-Planktonfanggerät, dem “Nackthai”, um die Systeme zu überprüfen und auch den Einsatz mit neuer Mannschaft zu üben.

Am frühen Samstagmorgen gegen 2:50 Uhr erreichten wir dann das Untersuchungsgebiet und die Stationsarbeit ist seitdem im Gange. Bei recht guten Wetterbedingungen haben wir bisher 15 Planktonstationen beprobt, in denen wir auch schon Makrelen- und Stöckereier finden konnten. In den nächsten Tagen werden wir uns auf langen Ost-West-Transekten westlich Irlands bis auf 53°15' nördliche Breite in den Norden vorarbeiten, um dann wieder umzudrehen. Insgesamt werden wir das Gebiet während unseres Surveys mehrmals abdecken, um das Laichgeschehen der Makrelen zu erfassen.


++ 06.04.2025 ++ Perfekte Grönländisch-Deutsche-Färöer Kooperation in irischen Gewässern

Schnell vergeht die Zeit an Bord und wir sind jetzt schon fast am Ende des ersten Abschnittes der Reise. Nur noch wenige Transekte und wir haben das uns vorgegebene Untersuchungsgebiet zum ersten Mal abgedeckt. Bis jetzt haben wir 71 Planktonstationen mit dem „Nackthai“ und vier Fischereihols durchgeführt.

Das Arbeiten an Bord mit der grönländischen und färöischen Besatzung läuft gut und ist sehr angenehm. Die Arbeitsatmosphäre ist professionell, dabei aber immer freundlich und locker, was das Überwinden eventueller Sprachbarrieren erleichtert. Dabei hilft auch ein handgeschriebener Sprachführer am Whiteboard der Messe. Das Essen ist gut und der Koch serviert auch manchmal grönländische Küche – viel Fisch und es gab auch schon Rentier. Für die Fitness sorgt Martin, der erste Offizier, der abends um 21 Uhr eine Fitnessrunde organisiert, die auf der Brücke oder bei gutem Wetter auch auf dem Vordeck stattfindet. Ein Fitnessraum mit vielen Geräten und Gewichten gibt weitere Möglichkeiten zum sportlichen Ausgleich.

Wir sortieren gleich an Bord aus den Planktonproben die Fischeier heraus und bestimmen sie. Zur Erleichterung der Sortierung wenden wir die sogenannte „Spray-Methode“ an. Dabei wird die Probe in ein hohes Gefäß mit einem Ablass überführt. Dann wird mit einer feinen Wasserdüse Luft in die Flüssigkeit mit der Probe eingebracht. Dies hat den Effekt, dass sich feine Luftblasen an allen Extremitäten der vorherrschenden Krebschen und Fischlarven festsetzen und diese Partikel nach oben aufschwimmen, während die glatten Fischeier nach unten sinken und abgelassen werden können. Wiederholt man diesen Vorgang, kann man die Fischeier vollständig von der Restprobe trennen.

Sind die Eier separiert, fängt die eigentliche Sortier- und Bestimmungsarbeit erst an. In einem ersten Schritt werden die Eier nach einem einfachen Merkmal sortiert: Ist in ihrem Inneren eine (oder mehrere) Ölkugeln sichtbar oder nicht? Einige Arten, darunter auch Makrele und Stöcker bilden nämlich im Ei Ölkügelchen aus, von denen man annimmt, dass sie als Schwebehilfe dienen. 

Dann sehen wir uns die Eier mit Ölkugeln genauer an. Da Makrelen- und Stöckereier nur eine Ölkugel und keine weiteren besonderen Merkmale besitzen, können Eier mit mehreren Ölkugeln oder einer Stratifizierung der Eihülle sofort aussortiert werden. Weitere Merkmale sind zum Beispiel die Pigmentierung der Eihülle, der Ölkugel oder auch der entstehenden Larve. Primäres Bestimmungsmerkmal der ähnlich aussehenden Makrelen- und Stöckereier sind aber Ei- und Ölkugeldurchmesser sowie das Verhältnis dieser beiden Messwerte zueinander.

Als letzter Schritt muss dann noch das Entwicklungsstadium der gefundenen Makrelen- und Stöckereier bestimmt werden. Das ist deswegen nötig, weil nur die frühen Entwicklungsstadien in die Berechnung der Eiproduktion mit eingebracht werden. Erst nach diesem Schritt ist eine Probe vollständig aufgearbeitet.

Die ersten Ergebnisse zeigen, dass das Laichgeschehen der Makrele begonnen hat. Haben die irischen und spanischen Kollegen, die vor uns im Gebiet waren, noch keine oder wenige Makreleneier gefunden, sind bei uns schon deutlich ein paar Hotspots entlang des Kontinentalhanges an der 200 m Tiefenlinie zu sehen. Stöcker ist später dran und es zeigen sich nur wenige Punkte mit frisch abgelaichten Eiern. Wie sich das Laichgeschehen weiter entwickelt, werden wir im nächsten Abschnitt unserer Reise erforschen.


++ 15.04.2025 ++ Österliche Eindrücke vom „Eiersuchen“ auf der „Tarajoq“

Mittlerweile haben wir schon den zweiten Abschnitt der Reise nach einem kurzen Aufenthalt in Brest angetreten. Am Abend des 10. Aprils haben wir auf unserem südlichsten Transekt begonnen, das Gebiet nochmals Richtung Norden abzudecken.

Routinemäßig wird der „Nackthai“ zum Sammeln der Makrelen- und Stöckereier eingesetzt. Kurz vor Ostern haben wir 128 Planktonhols durchgeführt und über 10000 Fischeier aus den Proben aussortiert.
Zusätzlich setzen wir, wenn wir im richtigen Gebiet sind, wo wir Makrelenfänge erwarten können, das Fischereinetz aus. Denn wir brauchen auch Informationen darüber, wie fruchtbar Makrelen sind, d. h. wie viele Eier ein durchschnittliches Weibchen produziert, um über die Eiproduktion auf die Biomasse der adulten Makrelen, die sogenannte Laicherbiomasse, schließen zu können. Dazu haben wir bisher 8 Fischereihols durchgeführt.

Bei den Arbeiten unterstützen uns auch Studentinnen der Hochschule Bremerhaven und der Universität Hamburg. Lizzy Draudt und Pauline Wagner schildern hier ihre Eindrücke von der „Tarajoq“:

„Beim ersten Rundgang durch die „Tarajoq“ am 24. März fällt uns zweierlei auf: die wunderschönen Fotodrucke, welche alle Kammern und Flure schmücken, und die gute Stimmung an Bord. Als wir ein paar Tage später die Dartscheibe in der Maschine ausprobieren wollen und nach einer Erlaubnis fragen, sagt der Maschinist: „Ihr dürft hier alles“ - überlegt und fügt lachend an - „fast!!“. Natürlich war das nicht ganz ernst gemeint, aber wir fühlen uns hier sehr herzlich aufgenommen.

Bei den Arbeiten ist Verständigung, aufgrund der verschiedenen Sprachen, die gesprochen werden (färöisch, grönländisch, englisch und deutsch) zwar etwas holprig, am Ende hat bis jetzt aber noch alles geklappt. Die Durchsage „Fieren in 10 Minuten“ verstehen wir inzwischen auf allen Sprachen und dank dem kollektiven Austausch von Vokabeln am Schwarzen Brett sitzen auch „Guten Morgen“ und „Kakao und Brötchen um 19 Uhr“. Diese gibt es jeden Sonntagabend, nachdem wir gemeinsam einige grönländische und dänische und mittlerweile auch deutsche Lieder singen, was dann doch noch etwas herausfordernd ist.

„Tarajoq“ bedeutet „Meersalz“ auf Grönländisch. Unsere „Tarajoq“ ist ein Schiff mit mehreren Einsatzmöglichkeiten, hauptsächlich ist sie aber ein Fischereiforschungsschiff. Ein kompliziertes Laufbandsystem zum Sortieren des Fangs, ein Fischbecken mit absenkbarem Boden und höhenverstellbare Schreibtische sind nur wenige Teile der Ausstattung, die das Arbeiten angenehm gestalten. Auch die tolle Crew hilft uns, wo sie nur können, von der Probennahme bis hin zur Verarbeitung des Fangs. Sogar das Filetieren haben wir gelernt.

Neben dem schon beschriebenen Brückensport lassen wir den Abend auch oft mit Kartenspielen ausklingen und wachen dann am nächsten Morgen zu einem leckeren Frühstück auf, bereit für den neuen Tag, an dem wir wieder unzählige Fischeier aus Planktonproben sortieren oder den Fischfang aufarbeiten.“


++ 24.04.2025 ++ Richtung Heimat

Am Dienstag haben wir mit dem 184. „Nackthai“-Planktonhol die Probennahme erfolgreich abschließen können. Wir haben zweimal das uns zugewiesene Untersuchungsgebiet abgedeckt und dabei Makrelen- und Stöckereier gesucht und auch gefunden. Zusätzlich haben wir 12 Fischereihols durchgeführt und haben Proben für die Fruchtbarkeitsanalyse der adulten Tiere gewonnen. Das daraus abgeleitete Laichgeschehen scheint für unseren Survey auf einen kleineren Makrelenbestand hinzuweisen als in den Vorjahren. Final können wir das allerdings erst sehen, wenn die Ergebnisse aller beteiligten Nationen im Sommer 2025 vorliegen und die Ergebnisse in die Bestandsabschätzungen einfließen.

Das Arbeiten auf der „Tarajoq“ mit der tatkräftigen Unterstützung der grönländischen und färöischen Besatzung hat super geklappt. Ein herzliches Dankeschön an sie. Wir haben die freundliche Arbeitsatmosphäre an Bord der „Tarajoq“ alle sehr genossen. Vielen Dank auch an die wissenschaftliche Crew, die ohne nachzulassen auch bei widrigen Wetterbedingungen mit Eifer bis zum letzten Hol dabei war.

Der nächste Survey findet 2028 statt – bis dahin alles Gute!

Jens Ulleweit (Fahrtleiter)

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