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Seetagebuch

Maria S. Merian, Reise MSM 41

Von Reinhold Hanel und dem Thünen-Team


FI Institut für Fischereiökologie

Dauer der Reise: 1. bis 29. April 2015

Fahrtgebiet: Sargasso-See (West-Atlantik) 

Zweck der Reise: Es soll erforscht werden, welche Bedeutung die hydrographischen Bedingungen in der Sargasso-See und die dortige Planktongemeinschaft auf den Reproduktionserfolg des Europäischen Aals (Anguilla anguilla) haben. Mit dieser Reise werden die Untersuchungen fortgesetzt, die mit den beiden Reisen des Forschungsschiffs Walther Herwig III in die Sargasso-See in den Jahren 2014 und 2011 begonnen wurden.

Fahrtleiter: Reinhold Hanel, Thünen-Institut für Fischereiökologie

  1. Wir wollen untersuchen, ob die aktuellen hydrographischen Bedingungen in der Sargasso-See ein ‚mismatch‘ zwischen Aallarven und ihren Nahrungsorganismen (in erster Linie Plankton) begünstigen.
  2. Planktonische Nahrungsorganismen werden identifiziert und die Nahrungsbeziehungen von Larven verschiedener Aalarten (sog. Weidenblatt-Larven) analysiert und direkt mit der umgebenden Planktongemeinschaft verglichen.     
  3. Zusätzlich untersuchen wir den Ernährungszustand und die Fettsäuremuster von Aallarven. Diese Erkenntnisse sollen helfen zu klären, ob die lokalen Bedingungen die Entwicklung einiger Arten im Vergleich zu anderen begünstigen.
  4. Wir wollen die energetischen Bedürfnisse von Schlüsselkomponenten der Planktongemeinschaft bestimmen, um den pelagischen Energiefluss in der Sargasso-See besser zu verstehen. Die horizontale und vertikale Verteilung von Aallarven in Beziehung zu den hydrographischen Bedingungen soll weiter untersucht werden.

Weitere Forschungsthemen auf der Reise

  • Abundanz, Verteilungsmuster und Struktur der pelagischen Mollusken-Gemeinschaft
    Im Vordergrund stehen pelagische Schnecken und Kopffüßler, die das Zooplankton und Mikronekton/Nekton offener Ozeangemeinschaften charakterisieren. Beide Molluskengruppen treten gemeinsam mit Aallarven in teils hoher Abundanz in der Sargasso-See auf. Wir wollen überprüfen, in wieweit ein Genfluss zwischen Vertretern der Molluskenarten in weit entfernten Meeresgebieten erfolgt.
  • Ökologie der Sargassum-Gemeinschaft
    Es gibt Hinweise, dass die Bestände des Schwimmtangs Sargassum natans in letzter Zeit deutlich abgenommen haben. Wir wollen untersuchen, ob die bisher gegensätzlichen Berichte über die Gesamtbiomasse und die räumliche und zeitliche Variabilität auf Schwankungen in der Hydrographie der Sargasso-See oder eher auf Umweltbelastungen zurückzuführen sind. Neben den treibenden Sargassum-Algen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in der Sargasso-See treibender Plastikmüll angehäuft, der ein Substrat für Mikroorganismen darstellt. Wir wollen untersuchen, ob der Müll ein alternatives Habitat für die Organismen der Sargassum-Gemeinschaft sein kann.
  • Erforschung der mikrobiellen Kunststoff-kolonisierenden Gemeinschaft im ‚Atlantic Garbage Patch‘
    In welchem Umfang haben sich Kunststoff-Partikel im Ökosystem und im Nahrungsnetz der Sargasso-See angereichert? Wie interagieren sie mit Mikroorganismen? Wir untersuchen die Kunststoff-kolonisierenden Gemeinschaften in unterschiedlichen Wassertiefen und analysieren das Ausmaß der Plastikanreicherung in der marinen Nahrungskette. Dafür erfassen wir Partikel im Verdauungstrakt von Fischen und Fischlarven.
  • Abundanz und Biomasse des Zoo- und Ichtyoplanktons werden mithilfe stratifizierter Vertikalhols oder doppelter Schräghols mit einem Multi-Schließnetz (MOCNESS) oder einem Isaac-Kidd Midwater Trawl (IKMT) ermittelt. Alle Weidenblatt-Larven werden sortiert und noch an Bord auf Artzugehörigkeit bestimmt. Weidenblatt-Larven der Gattung Anguilla werden die Otolithen entnommen, um den Schlüpftag anhand der Tagesringe zu bestimmen. Der Energiebedarf von dominanten Zooplankton-Arten wird durch Respirationsmessungen individueller Exemplare bestimmt.
  • Physikalische Ozeanographie: Um ein tieferes Verständnis der ozeanographischen Bedingungen am Laichplatz der Aale zu erhalten, werden Temperatur, Salzgehalt und Strömungen entlang der Abschnitte erfasst, in denen MOCNESS- und IKMT-Hols durchgeführt werden. Regelmäßige CTD-Profile bis zu Tiefen von 500 m werden in etwa 25 km Abständen aufgezeichnet.
  • Für die quantitative Bestimmung der Nahrungszusammensetzung werden Exemplare der dominanten Arten aus den Fängen sortiert und fixiert. Die Räuber-Beute-Beziehungen werden auch anhand der Verhältnisse der stabilen Isotope von Stickstoff und Kohlenstoff (delta 15N und delta 13C) untersucht.
  • Mollusken: Flügelschnecken, Heteropoden und Kopffüßler werden an Bord aus dem Fang sortiert und soweit möglich bestimmt. Möglichst viele Individuen verschiedener Arten und Größen werden fotografiert. Von Exemplaren aller Arten werden Gewebeproben für spätere DNA-Analysen entnommen. Die kalkhaltigen Statolothen größerer Kopffüßler werden für spätere mikroskopische Altersschätzungen entnommen.
  • Ökologie der Sargassum-Gemeinschaft: Der physiologische Zustand des frisch gesammelten Sargassums wird durch Messungen der Photosynthese beurteilt und es werden Parameter für physiologischen Stress erhoben. Treibende Sargassum-Talli und (Plastik-)Müll werden bei fahrendem Schiff entlang von Transekten gezählt.
  • Kunststoffpartikel von der Meeresoberfläche, aus der Wassersäule und dem Verdauungstrakt der Fische werden fixiert, um sie später elektronenmikroskopisch zu untersuchen bzw. ihre assoziierten Mikroorganismen molekularbiologisch zu charakterisieren.

Die Lebensgeschichte eines jeden Aals in Europa nimmt ihren Anfang und – wenn ihm nicht der Mensch in die Quere kommt – auch ihr Ende in den Tiefen und Weiten des südwestlichen Nordatlantiks. Genauer, in der Sargasso-See, einem Seegebiet größer als Mitteleuropa.

Die Route der Aallarven aus dem Laichgebiet konnte durch mehrere Untersuchungen in den letzten hundert Jahren stückweise rekonstruiert werden. Basierend auf der Längenverteilung der Aallarven in verschiedenen Abschnitten des Nordatlantikstroms konnte man deren Ursprung – also deren Schlupf aus dem Ei – so weit rekonstruieren, dass man mit einiger Sicherheit sagen kann, dass das Laichgebiet in der Sargasso-See liegt. Das große Rätsel bleibt aber nach wie vor, wie die erwachsenen Aale aus Europa zur Fortpflanzung in dieses Gebiet kommen.

Ohnehin versetzt dieser Fisch jeden, der sich genauer mit ihm befasst, in Erstaunen. Die Larve des Aals, aufgrund ihres Aussehens Weidenblattlarve genannt, wächst während ihrer vermutlich mehrjährigen Reise mit dem Nordatlantikstrom heran, bevor sie sich kurz vor Erreichen der Küstengewässer zum Glasaal wandelt. Dieser bleibt entweder im Küstenbereich und im Brackwasser oder wandert über Flussmündungen in Flüsse und Seen ein. In den jeweiligen Habitaten verbringen die Aale dann als Gelbaale viele Jahre ihres räuberischen Lebens, bevor sie irgendwann die Nahrungsaufnahme einstellen und sich zum Blank- oder Silberaal umwandeln. Während dieses Stadiums nimmt die letzte Reise der Aale, ihr Weg zu ihren Laichgründen, ihren Anfang. Erst während des Wegs in die Sargasso-See reifen die Blankaale zur Geschlechtsreife heran – und hier endet auch weitgehend der heutige Kenntnisstand!

++01.04.2015++ Leinen los!

Nachdem alle 22 Personen der wissenschaftliche Besatzung nach und nach auf der Hochseeinsel Bermuda und letztlich auf dem Schiff eingetroffen sind, stechen wir wie geplant am Morgen des 1. April mit der „Maria S. Merian“, dem Forschungsschiff des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung Warnemünde (IOW), in See.

Bei gutem Wetter und moderatem Wind nutzen wir die Zeit bis zum Eintreffen an der ersten Probenahmestation, um die Container und Seekisten zu entladen, die wissenschaftliche Geräte einsatzbereit zu machen und die Laboratorien für die anstehenden Arbeiten einzurichten.

Nur in einem interdisziplinären Forschungsansatz lassen sich die unterschiedlichen Komponenten des komplexen Ökosystems der Sargasso-See erforschen. Dass es gelungen ist, Wissenschaftler aller großen deutschen Meeresforschungsinstitute gemeinsam mit internationalen Experten unter Leitung des Thünen-Instituts für dieses Projekt zu gewinnen, zeigt, dass die zu untersuchende Problematik – der Rückgang der Bestände der atlantischen Aale – auch für die Grundlagenforschung ein wichtiges Thema ist.  

Entlang von fünf Nord-Süd-Transekten sollen hydrographische Messungen und Plankton-Beprobungen Aufschluss über Verbreitung und Häufigkeit des Auftretens von Aal-Larven und der mit ihnen assoziierten Lebensgemeinschaften geben.

++04.04.2015++ Die ersten Stationen liegen hinter uns

Nach einem erfolgreichen Test aller Fanggeräte auf der ersten Probenahmestation südwestlich von Bermuda auf 70° westlicher Länge und 30° nördlicher Breite setzen wir die Beprobung entlang des festgelegten Stationsplans fort. Dank der günstigen Wetterbedingungen und der hervorragenden Zusammenarbeit zwischen der Schiffsbesatzung und dem Wissenschaftler-Team läuft der Stationsbetrieb reibungslos.

So werden auf jeder Station Temperatur- und Sauerstoff-Profile, die bis in maximal 1000 m Wassertiefe reichen, mit der CTD-Sonde (Conductivity, Temperature, Depth) erstellt und das IKMT-Netz (Isaaks-Kidd-Midwater-Trawl), ein pelagisches Planktonnetz mit 0,5-mm- Maschenweite, eingesetzt. Zusätzlich verwenden wir alternierend an benachbarten Standorten noch engmaschigere Netze in unterschiedlichen Wassertiefen, um die Tiefenverteilung des Planktons zu erforschen.  

Die Auswertung der Fänge an Bord ist arbeitsintensiv. Sie fordert den vollen Einsatz der 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter auch Masterstudenten und Doktoranden.

++10.04.2015++ Eine Alge als Namensgeber

Neben der Planktonbeprobung bildet die Erfassung von Schwimmtangen der Braunalgen-Gattung Sargassum einen der Schwerpunkte des Arbeitsprogramms dieser Seereise.

Die Häufigkeit des Auftreten von Sargassum gab diesem Teil des Nordwest-Atlantiks seinen Namen: Sargasso-See. Seefahrer früherer Zeiten berichteten über riesige Flächen, die dicht mit den an der Oberfläche treibenden Algen bewachsen waren. Für derart dichte Algenmatten gibt es in der jüngeren Geschichte keine glaubhaften Berichte. Im Rahmen der jetzigen Reise der „Maria S. Merian“ sollen nun sowohl das Auftreten der Algen erfasst als auch die mit ihnen assoziierten Lebensgemeinschaften untersucht werden.

Neben zahlreichen Krebstieren, Nesseltieren und Schnecken finden sich zwischen den Algen auch viele andere interessante Lebewesen. Junge fliegende Fische, Stachelmakrelen, Goldmakrelen und vor allem der Sargassumfisch nutzen diesen Lebensraum.

++14.04.2015++ Der Manta im Dienst der Wissenschaft

Die aktuelle Reise der „Maria S. Merian“ dient auch dazu, treibenden Müll im offenen Ozean zu erfassen. Von besonderem Interesse ist das Ausmaß der Belastung dieser mittlerweile international als schützenswert eingestuften Meeresregion durch Plastikteile und deren Fragmente. Größere Objekte werden entlang von Beobachtungstransekten vom fahrenden Schiff aus gezählt. Um kleine Partikel zu erfassen, setzen wir ein spezielles Oberflächen- oder Neuston-Netz ein. Es hat eine Maschenweite von nur 0,3 mm. Aufgrund seiner speziellen Form mit horizontalen Flügeln als Auftriebsflächen wird es auch Manta-Trawl genannt.

Kunststoffpartikel sowie Tier- und Pflanzenarten, die auf und knapp unter der Wasseroberfläche leben, werden in der Schleppstrecke eingesammelt und der Fang im Anschluss nach synthetischen Materialien durchsucht. Seit Beginn der Ausfahrt wurden bei jedem Einsatz des Manta-Trawls Plastikpartikel gefunden.

Nach Abschluss der Seereise und Transport der Proben nach Deutschland wird eine quantitative Bestimmung der Plastikteile erfolgen, ebenso wie eine detaillierte Analyse des Biofilms auf den Partikeln. Neben der „Plastiksammlung“ liefert der Manta-Trawl auch jede Menge „Beifang“, der von den Biologen mit ebenso großem Interesse untersucht wird. Quallen, Krebstiere, Tintenfische und auch zahlreiche Fische finden sich in den Fängen, viele davon fängt keines der anderen Fanggeräte.

++16.04.2015++ Ozeanographie und Aallarven-Verteilung

Das vermutete Laichgebiet der Atlantischen Aale ist groß. Noch immer ist nicht endgültig verstanden, wann und wo genau sich das Laichgeschehen abspielt. Um die für das Ablaichen der Aale notwendigen Umweltbedingungen besser zu verstehen, vergleichen wir die Verteilung der kleinsten und jüngsten Aallarven mit den ozeanographischen Daten vor Ort.

Auf jeder Station im Forschungsgebiet erstellen wir mit einer CTD-Sonde (Conductivity-Temperature-Depth) Messprofile für Salzgehalt, Temperatur, Trübung, Dichte und Sauerstoffsättigung bis in 1000 m Wassertiefe. Zusätzlich werden an Bord der „Maria S. Merian“ mithilfe eines ADCP-Echolots Strömungsgeschwindigkeiten bis in 400 bis 500 m Wassertiefe gemessen. Diese Messdaten werden später mit von Satelliten und driftenden Bojen aufgezeichneten Vergleichsdaten zusammengeführt, um Verteilungsmuster von Pflanzen und Tieren im Seegebiet besser erklären zu können. Dadurch soll sich auch rückberechnen lassen, von wo genau die Reise der jungen Aallarven vermutlich ihren Ausgang nahm.

Die ozeanographischen Arbeiten an Bord dieser Reise finden in enger Zusammenarbeit mit Dr. Håkan Westerberg von der Abteilung für aquatische Ressourcen der schwedischen Universität für Landwirtschaft statt.

++19.04.2015++ Die Nahrungsnetz-Forscher

Ein Forscherteam der Universitäten Bremen (BreMarE) und Madeira sowie des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung in Bremerhaven untersucht die Produktivität, das Nahrungsnetz und die Räuber-Beute-Beziehungen in der Sargasso-See mit Bezug auf das Leben der Aallarven.

Wegen der hohen Wassertemperaturen an der Meeresoberfläche bis über 26 °C bildet sich eine scharf abgegrenzte Übergangsschicht zwischen der Oberfläche und dem deutlich kälteren Wasser in größerer Tiefe aus. Diese Sperrschicht verhindert, dass Düngestoffe für das Algenwachstum aus der Tiefe zurück in die lichtdurchflutete Oberflächenschicht gelangen. Daher ist die Produktion der mikroskopisch kleinen, einzelligen Algen (Phytoplankton, z.B. Kieselalgen, Dinoflagellaten, Abb. 1-3 in der Fotostrecke) sehr eingeschränkt. Als Folge steht auch dem tierischen Plankton (Zooplankton) nur wenig Nahrung zur Verfügung. Die höchsten Algendichten finden sich nicht – wie sonst üblich – an der Oberfläche, sondern in 120 bis 140 m Tiefe. Dort ist wegen des extrem klaren Wassers immer noch genügend Sonnenlicht verfügbar, und von unten werden mehr Nährstoffe nachgeliefert als an der Meeresoberfläche. Hier spielen insbesondere winzige Algen im Größenbereich 0,02 mm und kleiner eine wichtige Rolle.

Zur Untersuchung des Phytoplanktons werden Wasserproben aus unterschiedlichen Tiefen mit Hilfe des Kranzwasserschöpfers entnommen, mehrere Liter Seewasser auf sehr feinporige Filter filtriert und dann später auf unterschiedliche Pigmente untersucht, die Rückschlüsse auf die Zusammen­setzung der Phytoplanktongemeinschaft geben können (Abb. 4).

An den südlicheren Stationen wird das Phytoplankton von kleinsten Cyanobakterien („Blaualgen“) an der Meeresoberfläche dominiert. Diese Mikroorganismen besitzen die Fähigkeit, Stickstoff aus der Luft als Dünger für ihr Wachstum zu nutzen und dienen dann als wesentliche Nahrungsquelle in der „blauen Wüste“ der Sargassosee.

Wegen des Nahrungsmangels sind auch die Zooplanktonbestände sehr niedrig. Insbesondere Ruderfußkrebse (Copepoden), die Planktongemeinschaften normalerweise weltweit dominieren, finden wir in der Sargassosee kaum. Nahe der Oberfläche kommen nur winzig kleine Copepoden vor. In der Tiefe dagegen wird die Biomasse von oft knallroten Tiefseegarnelen (Deca­poden), Leuchtsardinen und anderen bizarren Tiefseefischen beherrscht (Abb. 5).

Die ganze Artengemeinschaft beproben wir u.a. mit dem MOCNESS, einem speziellen  Multischließnetz mit neun einzelnen Netzen und verschiedenen Maschenweiten. Dieses Netz ermöglicht Stufenfänge von der Oberfläche bis in 1000 m Tiefe (Abb. 6).

Ähnlich wie die Ruderfußkrebse kommen auch die Leuchtgarnelen (Euphausiacea, Abb. 7+8), oft auch Krill genannt, in der Sargassosee in geringeren Mengen vor als sonst im Atlantik, dafür aber mit einer großen Anzahl verschiedener Arten: mehrere Krillarten versammeln sich nachts im Bereich der nahrungsreichen Sprungschicht, um zu „grasen“ oder zu jagen: Dabei kann der Allesfresser Krill sowohl Nahrungskonkurrent als auch Räuber der Aallarven sein.

++21.04.2015++ Strukturen im offenen Ozean

Im offenen Ozean sind Strukturen Mangelware. Schwimmende oder treibende Objekte, ob natürlich oder menschlichen Ursprungs, werden daher von einer Vielzahl von Organismen gerne als neues Zuhause oder Unterstand genutzt. Treibgut bietet nicht nur idealen Untergrund für festsitzende Organismen, wie verschiedenen Algen und Entenmuscheln, sondern damit auch als Futterquelle und Deckung für Schwimmkrabben und Jungfische.

Was für kleinere Objekte wie Treibholz und auch Plastikmüll zutrifft, gilt in besonderem Maße für große, treibende Plattformen oder auch fest verankerte Bojen. Junge, kleinere Fische nutzen sie als Schutz und locken ihrerseits wiederum größere Räuber an. Dieses Phänomen ist auch in der kommerziellen Fischerei wohlbekannt, und schon seit langer Zeit werden bewusst schwimmende Objekte und Bojen, teils auch mit Sendern ausgestattet, ausgebracht, um sie als sogenannte „fish aggregating devises“ für eine intensive Befischung zu nutzen.

Eine fest verankerte Tsunami-Warn-Boje am südlichen Ende eines unserer Transekte lieferte erstmals in dieser Reise die Gelegenheit, auch etwas größere Ansammlungen von Raubfischen der offenen See zu sehen.

Während die Nährstoffarmut der Sargasso-See nur sehr geringe Fischdichten erlaubt und daher auch die Fischerei in dieser Region keine Rolle spielt, konnten wir doch typische Raubfische der Region fangen, deren Analyse zum Verständnis der Nahrungsbeziehungen beitragen wird. Einer der für die Sargassosee typischen Raubfische am oberen Ende des Nahrungsnetzes ist die Goldmakrele (Coryphaena hippurus). Diese nah mit den Stachelmakrelen verwandten, farbenprächtigen Räuber jagen mit Vorliebe fliegende Fische, Krebse und andere in den treibenden Sargassum-Algen lebende Beutetiere und können bei ihrer Jagd Spitzengeschwindigkeiten von über 60 km/h erreichen. Auch Bernsteinmakrelen und Dreischwanzbarsche sind typische Räuber an treibenden Objekten im offenen Ozean.

Eine fest verankerte Tsunami-Warn-Boje am südlichen Ende eines unserer Transekte lieferte erstmals in dieser Reise die Gelegenheit, auch etwas größere Ansammlungen von Raubfischen der offenen See zu sehen.

Während die Nährstoffarmut der Sargasso-See nur sehr geringe Fischdichten erlaubt und daher auch die Fischerei in dieser Region keine Rolle spielt, konnten wir doch typische Raubfische der Region fangen, deren Analyse zum Verständnis der Nahrungsbeziehungen beitragen wird. Einer der für die Sargassosee typischen Raubfische am oberen Ende des Nahrungsnetzes ist die Goldmakrele (Coryphaena hippurus). Diese nah mit den Stachelmakrelen verwandten, farbenprächtigen Räuber jagen mit Vorliebe fliegende Fische, Krebse und andere in den treibenden Sargassum-Algen lebende Beutetiere und können bei ihrer Jagd Spitzengeschwindigkeiten von über 60 km/h erreichen. Auch Bernsteinmakrelen und Dreischwanzbarsche sind typische Räuber an treibenden Objekten im offenen Ozean.

++23.04.2015++ Tintenfische in der Sargasso-See

Uwe Piatkowski und Alexandra Lischka untersuchen im Rahmen der Forschungsreise die Verbreitung und Häufigkeit des Auftretens von Tintenfischen in der zentralen Sargassosee. Das hauptsächlich zum Fang von Weidenblattlarven eingesetzte Planktonnetz (Isaaks Kitt Midwater Trawl  oder kurz IKMT) eignet sich aufgrund der Netzöffnung von mehr als 6 m² und der Maschenweite von 500 µm auch hervorragend zum Fang von größerem Zooplankton sowie Larven- und Jugendstadien von Fischen und Tintenfischen. Die etwa 3-stündigen Fänge reichen bis in eine Wassertiefe von 300 m.

Zur Halbzeit der Expedition wurden bereits etwa 1000 Tintenfische aus den Planktonproben sortiert. Sie werden auf Artzugehörigkeit bestimmt und vermessen. Danach werden die Tiere tiefgefroren für die spätere Analyse von stabilen Isotopen, Aminosäuren und Schadstoffen, um ihre Ernährungsmuster und ihre Position im marinen Nahrungsnetz sowie ihre Schadstoffbelastung abzuschätzen. Für einzelne Belegexemplare werden auch genetische Untersuchungen folgen.

Die bisher gefangenen Tintenfische verteilen sich auf 14 verschiedene Familien und 19 zumeist typisch ozeanische Arten. Dominante Arten stammen aus den Familien der Hakenkalmare (Onychoteuthidae), Flugkalmare (Ommastrephidae), und Gallertkalmare (Cranchiidae). Die Oberflächentemperatur des Wassers, die auf den drei bisherigen Stationsschnitten bei etwa 27°N sich jeweils von Nord nach Süd von ca. 25°C auf 23°C verringerte, weist auf die typische Subtropische Konvergenzzone hin. Diese agiert als Frontensystem auf die Verbreitungsmuster der Tintenfische mit deutlich verschiedenen Artenassoziationen nördlich und südlich der Frontenzone.

Unsere bisherigen Arbeiten an Bord verlaufen optimal, die wissenschaftliche Ausbeute ist hervorragend. Das gewonnene Material wird neue, weitreichende Erkenntnisse zur Verbreitung, Taxonomie und Ernährungsökologie von frühen Lebensstadien subtropischer und tropischer Tintenfische liefern.

Es dient weiterhin als Basis für die Masterarbeit von Alexandra Lischka, die in Zusammenarbeit zwischen dem GEOMAR in Kiel und dem Hamburger Thünen-Institut für Fischereiökologie durchgeführt wird.

++26.04.2015++ Die Weidenblattlarven

Mittlerweile liegen 25 Tage auf See und 45 Arbeitsstationen hinter uns. Durch die günstige Wetterlage kommen wir zügig voran und alle Arbeiten konnten bisher wie geplant durchführt werden. Auch der Einsatz des Isaacs-Kidd Midwater Trawls (IKMT) läuft reibungslos. Mit einer Netzöffnung von 6,3 m² und eine Maschenweite von 0,5 mm wird das Netz zur Beprobung der Zooplanktongemeinschaft verwendet und wurde bisher auf jeder Station eingesetzt.

Lediglich ein bis zwei Handvoll Plankton zieht das IKMT nach 3-stündiger Schleppzeit durch die oberen 300 Tiefenmeter aus dem nährstoffarmen Wasser der Sargassosee. Kaum ist das Netz an Bord, verschwindet die Probe auch schon im kühlen Labor, wo sie sofort sortiert und konserviert wird. Neben der Entnahme von Fischen, Tintenfischen, Schnecken und Krebsen liegt der Schwerpunkt dabei auf den Larven aalartiger Fische (Anguilliformes). Die oftmals bizarr anmutenden sogenannten Leptocephalus-  oder Weidenblattlarven dieser Ordnung machen es uns nicht leicht. Aufgrund ihrer völlig transparenten Körper sind sie oftmals nur schwer zwischen den anderen Planktonorganismen zu entdecken. Es benötigt viel Ausdauer und Konzentration, um sicherzustellen, dass wirklich alle Larven aus den Fängen sortiert wurden. Das fast vollständige Fehlen von Pigmenten ermöglicht den Larven, über Monate zu stattlichen Größen heranzuwachsen, ohne im klaren Wasser der Sargassosee sofort von Fressfeinden entdeckt zu werden. Bis heute gibt es nur wenige Untersuchungen, die sich mit dem Vorkommen und der Ökologie dieser Larven beschäftigen und auch grundlegende Erkenntnisse über Wachstum, Ernährung, Schwimmaktivität und Sterblichkeit fehlen.

Unsere Untersuchungen der Aallarven-Gemeinschaft konzentrieren sich vor allem auf die Verteilung der Larven des Europäischen (Anguilla anguilla) und des Amerikanischen Aals (Anguilla rostrata). Beide Arten nutzen die Sargassosee als einziges Laichgebiet, ihre Larven waren bisher in fast allen Fängen vertreten. Darüber hinaus finden wir aber auch eine erstaunliche Menge Larven anderer aalartiger Fische. Darunter finden sich neben Arten, die ausschließlich im Freiwasser auf hoher See vorkommen, wie zum Bespiel Schnepfenaalen, Langnackenaalen, Pelikanaalen und Schlingern auch zahlreiche Vertreter, die eigentlich nur in küstennahen Gebieten heimisch sind, wie Muränen, Meeraale  oder Schlangenaale.

Im Laufe der vergangenen 25 Tage konnten wir bereits über 2000 Leptocephalus-Larven aus 14 Familien fangen und identifizieren. Ein Vergleich der Häufigkeit des Auftretens von Weidenblattlarven der verschiedenen Arten über mehrere Jahre soll Aufschluss über Änderungen in der Entwicklung der Bestände geben. Ähnlich wie es bei Heringen, Makrelen und vielen anderen Fischarten üblich ist, soll auch für den Aal das Jungfischaufkommen besser überwacht werden, um klimatische Einflüsse besser zu verstehen und den Erfolg von Schutz- und Nutzungskonzepten besser überprüfen zu können.

++29.04.2015++ Erfolgreiches Ende

Nach einer witterungsmäßig ruhigen Zeit auf dem Atlantik geht die Forschungsfahrt auf der Maria S. Merian ihrem Ende zu. Nach der Ankunft auf Bermuda verlassen die wissenschaftlichen Mitglieder das Schiff, um in ihre Heimatländer zurückzufliegen. Schon jetzt ist deutlich, dass es eine sehr erfolgreiche Expedition war.

Über 2000 Weidenblattlarven konnten gesammelt und an Bord bestimmt werden, davon mehr als 360 Aal-Larven der Gattung Anguilla. Die exakte Differenzierung zwischen Europäischem und Amerikanischem Aal wird nach dem Eintreffen der Proben in Hamburg noch endgültig mit molekulargenetischen Methoden im Labor geklärt. Die zahlreichen Fänge der verschiedenen Netze erbrachten umfangreiches Proben- und Datenmaterial, das zum Teil erst in den kommenden Wochen und Monaten ausgewertet werden kann. Es ist die Grundlage für genauere Untersuchungen zur trophischen Struktur des marinen Nahrungsnetzes und zu möglichen Wechselbeziehungen zwischen seinen einzelnen Gliedern. An den frisch gesammelten Sargassum-Algen konnten wichtige ökophysiologische Messungen vorgenommen werden. Ein 'Short Cruise Report' (in englisch) gibt einen kurzen Abriss der Reise, ergänzt um zahlreiche Fotos.

Die Maria S. Merian wird direkt von Bermuda aus zu ihrer nächsten Reise aufbrechen. Auf der Fahrt Richtung Kanada wird ein wissenschaftliches Team unter der Fahrtleitung von Dr. Dagmar Kieke von der Universität Bremen physikalisch-ozeanographische Daten in der Flämischen Passage erheben.

Ein herzlicher Dank geht an Kapitän Ralf Schmidt und seine Besatzung, die uns in allen Belangen unterstützt und wesentlich zum Erfolg der Reise beigetragen haben.

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