Expertise
Wenig USA, mehr EU – deutscher Agrarhandel findet vor allem auf dem Binnenmarkt statt
Martin Banse | 11.04.2025
US-Präsident Donald Trump beklagt, dass die Handelsbilanzen zwischen den USA und der EU nicht ausgeglichen sind. Das Thünen-Institut für Marktanalyse hat sich deshalb den Agrarhandel genauer angesehen. Wer importiert oder exportiert welche Produkte in welcher Menge? Wie groß ist das Handelsdefizit tatsächlich und wie wirken dementsprechend erhöhte Steuersätze? Eine Analyse.

US-Präsident Donald Trump hat auf Importe aus der EU und anderen Ländern erhöhte Zölle angedroht. Welche Einbußen drohen tatsächlich? Ein Blick auf die Handelsdaten (Grafik 1) zeigt, dass der EU-Binnenmarkt das zentrale Standbein des deutschen Agrarhandels ist: Rund 78 Prozent der deutschen Agrarexporte und 70 Prozent der Agrarimporte entfallen auf EU-Mitgliedstaaten. Der Handel mit sogenannten Drittländern, also mit Ländern außerhalb der EU, spielt dagegen eine deutlich kleinere Rolle. Innerhalb dieses Drittlandshandels hat der US-amerikanische Markt zwar Bedeutung. Dominierend ist er aber nicht: Etwa 16 Prozent der Exporte in Drittländer gehen in die Vereinigten Staaten. Etwa zehn Prozent der entsprechenden Importe stammen aus dem Land.
Bedeutung des Außenhandels mit Agrarprodukten und Lebensmitteln
Der bilaterale Handel mit Agrarprodukten und Lebensmitteln zwischen Deutschland und den USA ist insgesamt leicht defizitär: Das heißt, der Wert der deutschen Agrareinfuhren aus den USA ist geringer als der Wert der deutschen Exporte an Agrarprodukten und Lebensmittel in die USA (Grafik 2). Jedoch unterscheiden sich diese Handelsströme deutlich in ihrer inhaltlichen Zusammensetzung.
Die deutschen Exporte in die USA bestehen überwiegend aus hoch verarbeiteten Lebensmitteln sowie Genussmitteln – also Produkten mit hoher Wertschöpfung. Dazu zählen etwa Schokolade, Backwaren oder alkoholische Getränke. Diese Produkte sind in den Grafiken farblich in orange und blau hervorgehoben und liegen im Bereich oberhalb der Nulllinie.
Im Gegensatz dazu sind die US-amerikanischen Ausfuhren nach Deutschland breiter aufgestellt. Neben verarbeiteten Lebensmitteln spielen auch unverarbeitete Agrarrohstoffe wie Ölsaaten, insbesondere Sojabohnen, sowie Obst und Gemüse eine wichtige Rolle. Diese Importgüter sind in den Grafiken unterhalb der Nulllinie verzeichnet.
Die Handelsbilanz ist also nicht nur in Bezug auf die Wertströme, sondern auch hinsichtlich der Produktarten asymmetrisch. Während Deutschland hochwertige Endprodukte liefert, importiert es aus den USA vor allem agrarische Rohstoffe und Grundnahrungsmittel.
Ist der Außenhandel zwischen der EU und den USA fair?
Die EU und damit auch Deutschland erheben im Durchschnitt höhere Zölle auf US-Agrarprodukte als umgekehrt. Das betrifft insbesondere bestimmte verarbeitete Produkte wie Zucker und Milchprodukte (Grafik 3). Ist das unfair, wie US-Präsident Trump behauptet?
Bei genauer Betrachtung relativiert sich auch dieses Bild. Der Unterschied wird nämlich deutlich geringer, wenn man die sogenannten gewichteten Durchschnittszölle berechnet. Sie berücksichtigen die reale Bedeutung einzelner Produktgruppen. Der durchschnittliche gewichtete Zollsatz der EU auf US-Agrarprodukte liegt bei rund 11,8 Prozent, während der entsprechende US-Zollsatz auf EU-Produkte etwa 5,1 Prozent beträgt.
Ein wesentlicher Grund für diesen vergleichsweise geringen Unterschied liegt in der Zusammensetzung der Importe: Etwa ein Viertel der deutschen Agrarimporte aus den USA besteht aus Ölsaaten wie Sojabohnen, einer Warengruppe, für die in der EU keine Zölle erhoben werden. Diese zollfreien Rohstoffe senken den durchschnittlichen Zollsatz für US-Produkte insgesamt deutlich.
Die Zollstruktur ist also auf beiden Seiten asymmetrisch, aber nicht eindeutig unfair. Die Unterschiede ergeben sich vielmehr aus den jeweiligen handelsstrategischen Interessen und der Produktzusammensetzung im Agrarhandel.
Weitere Informationen
- Project brief 2025/18Banse et al.; Wirkungen der ‘neuen‘ US-Handelspolitik auf den internationalen Agrarhandel
- Project brief 2025/16Janine Pelikan, Tatjana Döbeling; Update: EU-Mercosur-Abkommen - Folgen für den Agrar- und Ernährungssektor



