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Projekt

Fischbestandserhebung mit genetischen Methoden


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie
Beteiligte Institute SF Institut für Seefischerei

Verbesserung der Kosteneffizienz von Fischereiforschungserhebungen und der Bewertung von Fischbeständen durch den Einsatz genetischer Sequenzierungsmethoden der nächsten Generation.

Wie es um die Bestände von Meeresfischen in der EU bestellt ist, beurteilen Experten bislang vor allem anhand von kommerziellen und wissenschaftlichen Fängen. Genetische Sequenzierungs­methoden der nächsten Generation sollen auf ihre Fähigkeit getestet werden, einen informativen und wirtschaftlichen Ansatz im Vergleich zu den herkömmlichen Methoden zu bieten.

 

Hintergrund und Zielsetzung

Für eine nachhaltige Meeresfischerei muss der Zustand der Fischbestände regelmäßig bewertet werden. Diese Bewertung basiert auf verschiedenen Datengrundlagen, darunter die Auswertung kommerzieller und wissenschaftlicher Fänge, sowie biologische Beobachtungen.

Zu den Nachteilen dieser traditionellen Methodik zählen die hohen Kosten und die komplexe Logistik. Hinzu kommt die trotz alledem sehr spärliche Datenlage in Raum und Zeit und die damit einhergehende oft mangelnde Genauigkeit der Bestandsschätzung und anderer Schlüsselparameter für eine nachhaltige Bestandsbewirtschaftung.

DNA-Hochdurchsatz-Sequenzierungsmethoden der nächsten Generation (Next Generation Sequencing – kurz: NGS) bieten nun die Möglichkeit, die traditionellen Methoden zur Unterstützung des Fischereimanagements zu ergänzen bzw. langfristig Teile davon zu ersetzen. Die Umwelt-DNA-Analyse (eDNA-Analyse) verwendet die genetischen Spuren, die Organismen in der Umwelt hinterlassen, z. B. im Meerwasser. Sie stellt eine vielversprechende, nicht-invasive Methode dar, die eine signifikante Verbesserung der räumlichen und zeitlichen Überwachung aquatischer Ökosysteme ermöglichen kann. Obwohl mehrere Studien bereits gezeigt haben, dass dieser Ansatz für die Bestandsaufnahme von Fischen in verschiedenen Umgebungen wirksam ist, müssen noch einige wichtige methodische Herausforderungen gelöst werden, bevor er in der Fischereiforschung angewendet werden kann.

Vorgehensweise

Zusammen mit der Universität der Balearen (Spanien) forscht das Thünen-Institut an der eDNA-Analyse. Im Rahmen eines International Bottom Trawl Surveys (IBTS) an Bord des Forschungsschiffes Walther Herwig III sollen Wasser- und Sedimentproben genommen werden. Im Labor wird daraus DNA extrahiert und diese qualitativ und quantitativ analysiert. Nach bioinformatischer und statistischer Auswertung werden die gewonnenen Daten mit den Fängen verglichen, die mit Schleppnetzfahrten in den gleichen Gebieten gewonnen wurden, aus denen die Wasser- und Sedimentproben stammen. Neben einer reinen Bewertung der Fischdiversität wird ein quantitativer Ansatz getestet, um herauszufinden, ob die Häufigkeitsdaten der Fische mit den eDNA-Mengen korrelieren, wobei der Kabeljau (Gadus morhua) als Testart verwendet wird.

Zusätzlich werden verschiedene Gewebeproben von Kabeljau und Seehecht (Merluccius merluccius) entnommen und daraus DNA extrahiert, damit unsere Projektpartner weitere genetische Methoden testen können. Die Ergebnisse aller Projektpartner werden in Standardprotokollen zusammengefasst und das gesamte Datenerhebungsverfahren schließlich einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen, um das Potenzial der genetischen Methoden zur Unterstützung des Fischereimanagements zu bewerten.

Daten und Methoden

Durch einfache Entnahme von Wasser- bzw. Sedimentproben mit anschließender DNA-Extraktion und DNA-Analyse kann das Vorhandenseins oder Fehlen von Arten in einem bestimmten Umkreis nachgewiesen werden. Hierfür wird in der Regel das sogenannte Metabarcoding eingesetzt, bei dem zunächst bestimmte Genregionen mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) amplifiziert und anschließend mittels NGS sequenziert werden. Durch geeignete bioinformatische Aufbereitung können die ermittelten DNA-Sequenzen einzelnen Fischarten zugeordnet werden. Mittels quantitativer PCR-Verfahren (Realtime-PCR) können darüber hinaus Aussagen über die Biomasse bzw. Abundanz von Fischarten gemacht werden.

Neben der eDNA-Analyse stellt die Close-Kin-Mark-Recapture-Analyse (CKMR) eine weitere vielversprechende Methode zur Bestandsschätzung von Fischen dar. Über die Analyse von Eltern-Nachkommen-Beziehungen kann die CKMR-Methodik theoretisch drei entscheidende Parameter für das Fischereimanagement beantworten: die absolute Häufigkeit von Fischen innerhalb eines Bestandes, deren Fruchtbarkeit sowie deren Überlebensraten im Laufe der Zeit.

Epigenetische Altersbestimmungsmethoden (EAD) bieten eine weitere Alternative zu traditionellen Techniken in der Fischereiforschung, in diesem Fall der klassischen Altersbestimmung durch Jahresringzählung von Gehörsteinen (Otolithen). Dabei wird die DNA-Methylierung (DNAm) von Wirbeltieren als ein vielversprechender alternativer Biomarker für das Alter genutzt. Bei Fischen wurden entsprechende Untersuchungen bisher ausschließlich am Zebrafisch als Modellart durchgeführt, wo bei einigen Genen ein allmählicher und deutlicher Methylierungsverlust mit zunehmendem Alter gezeigt wurde. Für Wildfische gibt es bislang nur wenige DNAm-Altersdaten, ihre mögliche Verwendung als Biomarker für das Alter der verschiedenen Fischarten muss noch bewertet werden.

Unsere Forschungsfragen

Unser Schwerpunkt liegt auf Fragen zur eDNA-Analyse. Wir wollen Antworten auf folgende Fragen finden: 

Welche Fischarten sind durch die eDNA-Analyse nachweisbar? 

Wir werden dafür den Metabarcoding-Ansatz anwenden, um die Biodiversität der Fische zu bestimmen, und die Ergebnisse mit Fangdaten aus den jeweiligen Schleppnetzfahrten vergleichen. 

Ist es möglich, aus eDNA-Daten das Fischvorkommen quantitativ oder zumindest semi-quantitativ abzuleiten?

Wir werden quantitative Realtime-PCR-Verfahren verwenden, um die DNA-Menge in der Wasserprobe mit der Häufigkeit von Kabeljau im jeweiligen Probengebiet zu korrelieren.

Ergebnisse

Im Rahmen des Projektes wurden verschiedene Methoden zur Extraktion von eDNA aus Sedimenten und Meerwasser verglichen und optimiert.

Bei der Erfassung der Gesamt-Biodiversität von Fischen ergab die Metabarcoding-Analyse von eDNA aus Wasserproben ein größeres Artenspektrum als die parallel durchgeführte Schleppnetzfischerei, obwohl aufgrund des Fehlens zahlreicher Fischarten in internationalen Referenzdatenbanken nicht alle gefundenen Sequenzen auch eindeutig den jeweiligen Arten zugeordnet werden konnten.

Darüber hinaus wurde ein für Kabeljau (Gadus morhua) spezifischer qPCR-Assay für Abundanzschätzungen entwickelt. In ersten Versuchen ließ sich Kabeljau damit bereits in sehr geringen Dichten von weniger als 1 kg/ha bei gleichzeitig hoher Spezifität von bis zu 100% nachweisen.

Die Anwendung dieses Tests auf Wasserproben aus der Nordsee (Reise WH428) ermöglichte den Nachweis von Kabeljau eDNA in all jenen Stationen, in denen er auch in den begleitenden Schleppnetzfängen auftrat. Zusätzlich gab es eine überraschend hohe Übereinstimmung (98%) zwischen der Anzahl der nachgewiesenen eDNA-Kopien und dem Fang pro Aufwandseinheit (CPUE) in den Vergleichsfängen.

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass eDNA-basierte Verfahren gut geeignet sind, um herkömmliche, invasive Verfahren in der marinen Biodiversitätsforschung substanziell zu ergänzen und für einzelne Fragestellungen zukünftig eventuell sogar zu ersetzen.

Beteiligte externe Thünen-Partner

Geldgeber

  • Europäische Union (EU)
    (international, öffentlich)

Zeitraum

1.2019 - 6.2022

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