Weiter zum Inhalt

Projekt

Enhancing Soil health through Values-based business models


Federführendes Institut MA Institut für Marktanalyse

© Marie von Meyer-Höfer

SoilValues Verbesserung der Bodengesundheit durch wertebasierte Geschäftsmodelle

Boden ist ein wichtiges Gut, das für die Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion von wesentlicher Bedeutung ist. Es bedarf kontinuierlicher Investitionen von Landbewirtschaftern (also Landwirten, Förstern etc.), um die Böden in gutem Zustand zu halten, d. h. Bodendegradation zu verhindern und die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen, aber auch um den Klimawandel bewältigen zu können und die Resilienz der Betriebe zu erhöhen. Darüber hinaus sind Böden auch für die Gesellschaft als Ganzes wichtig, da sie wichtige Ökosystemleistungen wie sauberes Wasser, Kohlenstoffbindung und Biodiversität erbringen. Während das Bewusstsein darüber in der Fachwelt zunimmt, sind Böden und ihre Rolle für Unternehmensvorstände und die breite Öffentlichkeit immer noch relativ unsichtbar. Dies führt zu einer Unterinvestition in die Bodengesundheit, da den Landbewirtschaftern oft die Ressourcen fehlen, um Praktiken zur Unterstützung der Bodengesundheit einzuführen.

Hintergrund und Zielsetzung

Die Soil Mission der EU

Gesunde Böden sind die Grundlage, um die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen in der Land- und Ernährungswirtschaft zu erreichen. Denn der Boden verbindet viele der UN-Nachhaltigkeitsziele eng miteinander. Dazu gehören Kreisläufe von Wasser oder Nährstoffen, die Artenvielfalt, aber auch die Produktionsmöglichkeiten von Lebensmitteln.

Derzeit gelten mehr als 70 Prozent der Böden in der EU aufgrund nicht nachhaltiger Landbewirtschaftung als nicht gesund. Die EU hat sich mit der Soil Mission das Ziel gesetzt, bis 2030 den Zustand der europäischen Böden zu verbessern. Ziele sind unter anderem, den Humusgehalt von Böden zu erhöhen, Erosion zu verhindern und die Bodenstruktur zu verbessern. Dafür sollen zahlreiche Leuchtturm-Projekte entstehen, die die Bodengesundheit mit praxisnaher und interdisziplinärer Forschung voranbringen.

Investieren in Bodengesundheit

Mit Hilfe von Geschäftsmodellen können Einzelpersonen und Organisationen Werte schaffen und erfassen. Landbewirtschafter kombinieren vom Menschen geschaffene Ressourcen mit natürlichen Ressourcen (Ökosystemen), um marktfähige Produkte wie Lebensmittel, Futtermittel, Fasern und Holz herzustellen. Gleichzeitig erbringen sie dabei Ökosystemleistungen, die im Allgemeinen nicht vermarktet oder kompensiert werden, wie z. B. sauber Wasser, saubere Luft, Biodiversität, ästhetische Landschaften usw. Besonders gesunde Böden tragen zu vielen Ökosystemleistungen bei. Landbewirtschafter haben jedoch im Allgemeinen wenig Anreiz, in gesunde Böden zu investieren, da sie den durch diese Ökosystemleistungen generierten Wert nicht ausreichend erfassen können. Aus diesem Grund wird weltweit die Machbarkeit der Einrichtung von Finanzmechanismen zur Überwindung dieses Problems erforscht. Der Großteil der wissenschaftlichen Literatur konzentriert sich auf Zahlungen für Ökosystemleistungen entweder durch staatliche Subventionen (z. B. Agrarumweltprogramme) oder private Anreize, hauptsächlich in Form von Preisprämien. Andere Mechanismen wie Eigenkapitalinvestitionen oder Kompensation für Risiko- oder Kostensenkungen sowie hybride Anreizsysteme, die öffentliche und private Anreize kombinieren, sind relativ wenig untersucht.

SoilValues zielt darauf ab, diese Forschungslücke zu schließen, indem untersucht wird, wie die Bedingungen für die Entwicklung erfolgreicher Geschäftsmodelle für Bodengesundheit verbessert werden können.

Geschäftsmodelle für Bodengesundheit sind Modelle, in denen Landbewirtschafter Produktionsentscheidungen treffen, die zu höheren bodenbasierten Ökosystemleistungen führen, und für die von ihnen generierten, nicht vermarkteten bezahlt werden. Anders ausgedrückt: Dem Angebot an bodenbasierten Ökosystemleistungen der Landbewirtschafter steht eine Nachfrage nach diesen Leistungen gegenüber. Angebot und Nachfrage bilden den Kern jedes Geschäftsmodells. Damit solche Geschäftsmodelle funktionieren, müssen drei wichtige Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Die Ergebnisse der bodenbasierten Ökosystemleistungen müssen gemessen werden, wofür Wissen, Indikatoren und Modelle erforderlich sind; (2) die von diesen Indikatoren und Modellen generierten Daten und Informationen müssen ausgetauscht werden, um Monitoring, Berichterstattung und Verifizierung zu erleichtern; und (3) all diese Aktivitäten sollten durch einen geeigneten institutionellen Rahmen geregelt werden, der die notwendigen Gesetze, Standards und Anreizsysteme umfasst. Digitale Technologien können all diese Komponenten zusätzlich deutlich verbessern. Für den Erfolg von Geschäftsmodellen für Bodengesundheit müssen all diese Komponenten vorhanden sein. Daher erfordert die Bewertung und Verbesserung von Geschäftsmodellen für Bodengesundheit einen integrierten, systembasierten Ansatz, der mehrere Ebenen (Betrieb, Wertschöpfungskette, Gebiet) berücksichtigt.

Vorgehensweise

Um diese Ziele zu erreichen, führt SoilValues Aktivitäten in fünf voneinander abhängigen Arbeitspaketen sowie ein Projektmanagement-Arbeitspaket (AP 6) in drei Phasen durch: eine Explorationsphase, eine Testphase und eine Skalierungsphase.

Arbeitspaket 1 erstellt einen Bewertungsrahmen, der alle relevanten Komponenten auf mehreren Ebenen umfasst und auf verschiedenen Inputs basiert: weltweite Fallbeispiele, Erkenntnisse einer Praxisgemeinschaft (AP3) und Erkenntnisse aus der Aktionsforschung in sechs EU-weiten Testfeldern (AP 2) in Belgien, Dänemark, Deutschland, den Niederlanden, Polen und Portugal. Diese Testfelder dienen der Analyse neuer und entstehender Initiativen und ihres unterstützenden Umfelds (Institutionen, Wissens- und Datenaustausch), aber auch deren Verbesserung und der Entwicklung neuer, innovativer Modelle. Die Erkenntnisse aus AP 1 und 2 werden durch die Praxisgemeinschaft (AP 3) weiterverbreitet, die als Botschafter für Geschäftsmodelle im Bereich Bodengesundheit fungiert. AP 4 entwickelt eine interaktive Toolbox mit Anreizen und politischen Empfehlungen, basierend auf einer gründlichen Analyse der Anreizmechanismen weltweit sowie der in den Testfeldern untersuchten Anreize. AP5 wird das Bewusstsein für die Bedeutung der Bodengesundheit und die damit verbundenen Chancen bei einem breiten Kreis von Interessengruppen schärfen und mithilfe einer Vielzahl von Kommunikationsansätzen, die sich an unterschiedliche Gemeinschaften, einschließlich der breiten Öffentlichkeit, richten, bewährte Verfahren vorstellen und Projektergebnisse kommunizieren.

 

Daten und Methoden

Das SoilValues-Projekt zielt darauf ab, zur nachhaltigen Bewirtschaftung von Böden in der gesamten EU beizutragen, um die Qualität der Böden zu verbessern und die Ambitionen des EU Green Deal zu unterstützen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf finanziellen Impulsen und Anreizen für Landbewirtschafter für eine verbesserte Bodenbewirtschaftung, wodurch (1) landwirtschaftliche Bewirtschaftung (z. B. Boden- und Pflanzenbewirtschaftung und Kohlenstoffspeicherung) und Landschaftspflege und Zirkularität von Ressourcen, (2) langfristige Ökosystemleistungen verknüpft werden und andere externe Effekte und (3) Beteiligung anderer Interessengruppen von Regierungen bis zu NGOs.

Um seine Ziele erreichen zu können, wird SoilValues einen Multi-Akteurs-Ansatz verwenden, bei dem Praxisakteure in sogenannten testing grounds und durch die Praxisgemeinschaften (communities of practice) eingebunden werden. Das SoilValues-Konsortium umfasst eine Bandbreite von Praktikern, darunter Bauernorganisationen, NGOs, politische Entscheidungsträger, Akteure der Wertschöpfungskette, Berater, Finanzinstitute und Forschungsorganisationen.

Unsere Forschungsfragen

Um die Voraussetzungen für die Entwicklung erfolgreicher Geschäftsmodelle für Bodengesundheit zu verbessern, hat SoilValues die folgenden spezifischen Ziele (SO):

  • Bereitstellung eines umfassenden Bewertungsrahmens, der alle Faktoren berücksichtigt, die die Entwicklung von Geschäftsmodellen für Investitionen in die Bodengesundheit beeinflussen
  • Einrichtung von 6 Testgeländen in ganz Europa, um neu entstehende Geschäftsmodelle für die Bodengesundheit zu testen und zu verbessern
  • Aufbau von 12 Praxisgemeinschaften von Landbewirtschaftern, Akteuren der Wertschöpfungskette, Investoren und Behörden für Geschäftsmodelle zur Bodengesundheit
  • Entwicklung einer umfassenden Toolbox mit Anreizen und politischen Empfehlungen zur Erleichterung von Geschäftsmodellen für Bodengesundheit
  • Sensibilisierung und Wissensaustausch für Geschäftsmodelle zur Bodengesundheit

Vorläufige Ergebnisse

Anfang 2023 ist das EU-Forschungsprojekt SoilValues angetreten, um bis Ende 2026 die Entwicklung erfolgreicher Geschäftsmodelle für Bodengesundheit in der EU anzustoßen und wissenschaftlich zu begleiten. Untersucht wird, wie die praktischen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen für die Entwicklung solcher Geschäftsmodelle verbessert werden können.

Die Thünen-Institute für Marktanalyse und Betriebswirtschaft haben dafür gemeinsam mit der Landring GmbH in der Region Schleswig-Flensburg aus einem sogenannten testing ground sowie einer community of practice (Praxisnetzwerk) aufgebaut. Gemeinsam mit Praxispartnern aus der Landwirtschaft, Biogasbranche, Akteuren der Wertschöpfungskette, aus Politik und Verwaltung und vielen anderen Bereichen wird so der Aufbau einer kooperativen, regionalen Kreislaufwirtschaft zur Förderung der Bodengesundheit in der Region umgesetzt und analysiert.

Ziel ist eine regionale Kreislaufwirtschaft

Die Region ist durch Grünlandwirtschaft, intensiven Maisanbau sowie die Milch- und Biogasproduktion geprägt. Das Grundwasser ist durch die Landwirtschaft in einigen Gebieten stark mit Nitrat belastet. Es geht hier also vor allem darum die Gesundheit von Boden und Pflanzen zu erhalten, beziehungsweise zu erhöhen. Der Einsatz von Agrarkompost und der Aufbau von Humus spielen dabei eine entscheidende Rolle um die bisherige Abhängigkeit der intensiven Landbewirtschaftung von synthetischen Düngemitteln zu reduzieren und neue gesellschaftlich anerkannte Wertschöpfungsoptionen für die Beteiligten zu eröffnen.

Reste aus Biogasanlagen werden zu Agrarkompost

Das Zentrum der Kreislaufwirtschaft bilden Rinder- und Milchviehbetriebe, egal ob konventionell oder ökologisch wirtschaftend, Biogasanlagen sowie eine sogenannte Gärresteaufbereitungsstation. Die am Projekt beteiligten Landwirtinnen und Landwirte liefern die Feststoffe aus der Rindergülle, Futter- und Erntereste sowie Mist und andere organische Reststoffe an die Partner Biogasanlagen zur Energiegewinnung. Die flüssige Phase der Rindergülle kann direkt auf den Betrieben im Pflanzenbau und der Graslandwirtschaft verwendet werden. Zunächst werden die von den Betrieben angelieferten Stoffe in der Biogasanlage zur Biogasproduktion genutzt. Die Ration der Biogasanlage besteht somit zu einem großen Teil aus der festen Phase der Milchviehgülle, pflanzlichen Reststoffen und nur noch zu einem geringeren Anteil aus Silomais verglichen mit konventionell geführten Biogasanlagen. Die nach der Biogasproduktion in der Biogasanlage anfallenden Gärreste werden dann zu Agrarkompost aufbereitet und anschließend an die beteiligten Landwirte zurückgeliefert. Dies ermöglicht den Landwirten nicht nur eine nachhaltige Nährstoffversorgung ihrer Felder, sondern schließt auch den Nährstoffkreislauf.

Neue Perspektiven für die lokale Wirtschaft

Insgesamt schafft diese Kreislaufwirtschaft auf den landwirtschaftlichen Betrieben die Möglichkeit, vorhandene Ressourcen effektiver zu nutzen. Der oftmals teure und auf nicht erneuerbaren Ressourcen basierende synthetische Dünger kann durch den Einsatz der flüssigen Güllephase und des Kompostes – so die Vorhersage – weitgehend ersetzt werden. Aus Ernteabfällen und Futterresten werden wertvolle Rohstoffe für die Produktion von Biogas. Durch den geringeren Maisbedarf für die Biogasproduktion kann die Maisanbaufläche verringert und für andere Sorten verfügbar gemacht werden.

Am Projekt beteiligte Biogasanlagen gewinnen eine wichtige Zukunftsperspektive für ihre Existenz nach Auslaufen der EEG-Regelung. Das existierende Netz von Biogasanlagen und der entsprechenden Infrastruktur aus Leitungen und Einspeisepunkten kann in Zukunft auch für weitere Wertschöpfung im Bereich der erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Denkbar ist E-Methanol, das durch die Kombination von überschüssigem Strom aus erneuerbaren Quellen mit CO2 aus landwirtschaftlichen oder biogenen Reststoffen hergestellt wird.

Insgesamt kann die aufgebaute Kreislaufwirtschaft in der Region als Prototyp für mögliche weitere Zusammenschlüsse dienen. Zudem wird die Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Gemeinden und Bürgern gestärkt und trägt zur nachhaltigen Entwicklung des ländlichen Raums bei. Damit setzt das Projekt ein sichtbares Zeichen für innovative, ressourcenschonende Landwirtschaftspraktiken und zeigt auf, wie regionale Kreisläufe gestaltet und genutzt werden können.

Hier sind weitere Informationen zum aktuellen Stand der Arbeiten in der Region Schleswig-Flensburg zum Download zusammengestellt: https://www.thuenen.de/media/institute/ma/Downloads/Infos_zum_SoilValues_Projekt_in_der_Region_Schleswig.pdf

 

Links und Downloads

soilvalues.eu

Publikationen zum Projekt

  1. 0

    Vanzini M, Limni S, Pallara F, Guarnaschelli S, Mathijs E, Van Ruymbeke K, Rosiers M, Schwarz G, Meyer-Höfer M von, Facq E (2024) Incentivising the transition to soil-health, regenerative farming practices : leveraging blended finance for effective incentives design. Genève: Zenodo, 38 p, DOI:10.5281/zenodo.13771540

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn069986.pdf

    Nach oben