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Ein Holztransporter voll beladen mit Baumstämmen fährt in einem Wald über eine sehr einfache Holzbrücke.
© Thünen-Institut
Ein Holztransporter voll beladen mit Baumstämmen fährt in einem Wald über eine sehr einfache Holzbrücke.
Institut für

WF Waldwirtschaft

Projekt

Klimaschutzleistungen der Forstwirtschaft


Federführendes Institut WF Institut für Waldwirtschaft

© Lydia Rosenkranz

Modellierung der Klimaschutzleistungen der Forstwirtschaft unter veränderten klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen

Werden bei veränderten klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen die Handlungsentscheidungen eines ökonomisch-rationalen Waldeigentümers für den Klimaschutz vorteilhaft sein?

Hintergrund und Zielsetzung

Für das Vorhaben besteht die Forschungshypothese, dass in Folge von künftigen Veränderungen der klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass ein ökonomisch-rational handelnder Waldeigentümer an einer Waldbewirtschaftung mit hoher Klimaschutzleistung festhalten wird. Bei den veränderten klimatischen Rahmenbedingungen sind insbesondere veränderte Risiken bei der Baumartenwahl und den Bewirtschaftungskonzepten in Folge des Klimawandels zu beachten. Veränderte eigentümerspezifische Rahmenbedingungen leiten sich aus einer fortschreitenden Pluralisierung der deutschen Kleinprivatwaldeigentümerschaft ab. Ebenso sind häufiger auftretende Marktstörungen der Rohholzmärkte in Folge biotischer und abiotischer Klimaschäden zu erwarten. Zudem deutet sich an, dass sich die institutionellen Rahmenbedingungen, wie z. B. die öffentlichen Beratungs- und Betreuungsleistungen für den Kleinprivatwald oder die Klima- und Energiepolitik, ändern werden. Anzunehmen ist, dass Waldeigentümer auf diese veränderten Rahmenbedingungen ihre zukünftige Waldbewirtschaftung anpassen werden.

Vor diesem Hintergrund verfolgt das Forschungsvorhaben, welches im Sinne einer systematischen Vorstudie angelegt ist, folgende Ziele:

  • Identifizierung möglicher Veränderungen bei den klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für eine ökonomisch-rationale Waldbewirtschaftung in Zukunft
  • Modellierung einer ökonomisch-rationalen Anpassung der Waldbewirtschaftung an geänderte Rahmenbedingungen
  • Analyse der Klimaschutzleistung dieser Waldbewirtschaftungsstrategien
  • Durch den Charakter als Vorstudie soll das Forschungsvorhaben auch dazu dienen, mögliche Wissens- und Forschungsdefizite zu identifizieren, die ggf. in einem nachfolgenden größer angelegten Forschungsprojekt bearbeitet werden können.

Zielgruppe

Politik, Verwaltungen, Verbände und Praxis

Vorgehensweise

Aufgrund der langen Lebenszyklen von Waldökosystemen und der langen forstlichen Produktionszeiträume wird der methodische Schwerpunkt des Vorhabens auf der systematischen Analyse und Weiterentwicklung eines vorhandenen forstbetrieblichen Simulationsmodelles.

Mit dem Forest Economic Simulation Model (FESIM) (ehemals Strugholtz-Englert-Simulationsmodell), welches an der Abteilung Forstökonomie der Georg-August-Universität Göttingen entwickelt und vom Thünen-Institut für Waldwirtschaft in mehreren Forschungsprojekten angewendet und weiterentwickelt wurde, liegt ein entsprechendes Modell hierfür vor. Für das Forschungsvorhaben wäre dieses Modell im Hinblick auf die klimasensitive Modellierung, wie z. B. durch Einbeziehung klimasensitiver Waldwachstumsfunktionen und Überlebenswahrscheinlichkeiten, kalamitätsbedingte Marktstörungen oder eine erweiterte Berechnung der Klimaschutzwirkungen in den holzbasierten Wertschöpfungsketten, weiterzuentwickeln.

Für das Vorhaben sind daher folgende Arbeitsschritte vorgesehen:

  • Systematische Analyse des Forest Economic Simulation Model (FESIM) und weiterer forstbetrieblicher Simulationsmodelle
  • Identifizierung der Einflussfaktoren für mögliche Veränderungen bei den klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für eine ökonomisch-rationale Waldbewirtschaftung in Zukunft
  • Ableitung von ökonomisch-rationalen Waldbewirtschaftungsstrategien zur Anpassung an geänderte Rahmenbedingungen
  • Entwicklung von Szenarien zur zukünftigen Waldbewirtschaftung und Modellierung dieser mit dem FESIM-Modell
  • Analyse der naturaler und wirtschaftlicher Kennzahlen zur Waldbewirtung dieser Szenarien und deren Klimaschutzleistung
  • Ableitung von Schlussfolgerungen für Politik, Verwaltungen, Verbände und Praxis
  • Ableitung von weiterem Forschungsbedarf und Initiierung von Folgeforschungsprojekten

Daten und Methoden

Wesentliche Eingangsdaten für unsere Simulationen mit dem Forest Economic Simulation Model sind Daten der aktuellen Bundeswaldinventur (BWI 2012) sowie umfangreiche Literaturrecherchen zu den künftigen klimatischen, eigentümerspezifischen, wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für die künftige Waldbewirtschaftung in Deutschland.

Unsere Forschungsfragen

Unser Forschungsprojekt hat zwei übergeordnete Forschungsfragen:

  • Wie wirken sich veränderte klimatische, eigentümerspezifische, wirtschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen auf die zukünftige Waldbewirtschaftung aus?
  • Welche Auswirkungen hat eine veränderte Waldbewirtschaftung in Zukunft auf die Klimaschutzleistungen und die wirtschaftliche Situation der deutschen Forstwirtschaft?

Ergebnisse

Alternative Waldbehandlungsstrategien zur Waldanpassung an den Klimawandel

Angesichts veränderter Überlebenswahrscheinlichkeiten der Baumarten in Folge des Klimawandels wurde die langfristige Wirkung alternativer Behandlungsstrategien zur Klimaanpassung analysiert. Hierfür wurden folgende Szenarien zur künftigen Bewirtschaftung des deutschen Waldes entwickelt und mit FESIM simuliert:

  • High Intensity Adaptation (HIA) - Szenario: In diesem Szenario erfolgt eine aktive Waldumwandlung auf den Kalamitäts- und regulären Endnutzungsflächen mit Baumarten, die an den Klimawandel angepasst sind.
  • Low Intensity Adaptation (LIA) - Szenario: In diesem Szenario wird eine passive Waldbewirtschaftung bzw. ein Teilrückzug aus dem aktiven Waldmanagement verfolgt. Hier wird ein passiver Ansatz mit natürlicher Sukzession auf allen Kalamitätsflächen verfolgt und nur auf regulären Endnutzungsflächen ein aktiver Baumartenwechsel durchgeführt.

Als zentrale Erkenntnisse der Analyse der Simulationsergebnisse kann nachfolgendes herausgestellt werden:

  • Die aktive Anpassung der Wälder an den Klimawandel erfordert erhebliche finanzielle Opfer der heutigen Generation zugunsten künftiger Generationen in einer Größenordnung von jährlich 400-600 Mio. Euro.
  • Trotz erheblicher Investitionskosten erweist sich eine aktive Klimaanpassung langfristig gegenüber einem passiven Ansatz mit natürlicher Sukzession als wirtschaftlich vorteilhafter. Zum Ende des 200jährigen Simulationszeitraumes würde der stehende Holzvorrat und dessen Kohlenstoffspeicher bei einer aktiven Klimaanpassung rund 50 % über dem einer passiven Anpassung liegen. Zudem wären die naturalen und ökonomischen Erträge aus Holznutzung bei einer aktiven Klimaanpassung vor allem zum Ende des Simulationszeitraumes deutlich höher.
  • Die hohen Unsicherheiten über die künftigen Klima-, Wachstums- und Ertragsbedingungen könnte die Waldbesitzer davon abhalten, diese Investitionen in Klimaanpassung der Wälder zu tätigen.

FESIM-Weiterentwicklung

Im Rahmen des Forschungsvorhabens konnten folgende zentrale Modellweiterentwicklungen realisiert werden:

  • Es wurden die Grundlagen geschaffen, um klimasensitiv Veränderungen der Überlebenswahrscheinlichkeiten zu simulieren.
  • Die Behandlung und Entwicklung der Folgebestände kann auf regulären Endnutzungsflächen und Kalamitätsflächen separat modelliert werden.
  • In das Modell wurde mit der Birke eine zusätzliche Sukzessionsbaumart integriert.

Initiierung von Folgeprojekten

Auf Basis der Forschungsprojektergebnisse konnte ein Folgeprojekt zur Weiterentwicklung des FESIM-Modells sowie ein Folgeprojekt zur Klimawirksamkeit unterschiedlicher Honorierungsoptionen für den Klimaschutz in der Waldwirtschaft realisiert werden.

Project brief:
Waldbehandlungsstrategien zur Klimaanpassung. Project Brief Thünen Inst 2023/44
Rosenkranz et al: DOI: 10.3220/PB1701076790000

Ehemalige Thünen-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Beteiligte externe Thünen-Partner

Zeitraum

6.2020 - 5.2023

Weitere Projektdaten

Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen

  1. 0

    Rosenkranz L, Arnim G von, Englert H, Husmann K, Regelmann C, Roering H-W, Rosenberger R, Seintsch B, Dieter M, Möhring B (2023) Alternative forest management strategies to adapt to climate change: an economic evaluation for Germany. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 38 p, Thünen Working Paper 219, DOI:10.3220/WP1691499012000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn066641.pdf

  2. 1

    Rosenkranz L, Arnim G von, Englert H, Husmann K, Regelmann C, Roering H-W, Rosenberger R, Seintsch B, Dieter M, Möhring B (2023) Forest management strategies for climate change. Hamburg: Thünen Institute of Forestry, 1 p, Project Brief Thünen Inst 2023/44a, DOI:10.3220/PB1701156270000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn067249.pdf

  3. 2

    Rosenkranz L, Arnim G von, Englert H, Husmann K, Regelmann C, Roering H-W, Rosenberger R, Seintsch B, Dieter M, Möhring B (2023) Waldbehandlungsstrategien zur Klimaanpassung. Hamburg: Thünen-Institut für Waldwirtschaft, 1 p, Project Brief Thünen Inst 2023/44, DOI:10.3220/PB1701076790000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn067242.pdf

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