Weiter zum Inhalt
© Kay Panten
Institut für

SF Seefischerei

Neue Heimat in der Nordsee?

Thünen Wissenschaftler entdecken bisher unbekannten Einsiedlerkrebs in der Meldorfer Bucht. Ist er gekommen, um zu bleiben?

© Thünen-Institut/ H. Neumann

Der „Demersal Young Fish Survey (DYFS)“ ist ein seit 1974 jährlich durchgeführter Fischereisurvey, der dazu dient, Bestandsindizes für die Nachwuchsjahrgänge kommerziell genutzter Bodenfischarten zu bestimmen. Wenn man einen Survey so lange durchführt, ist man normalerweise bestens vertraut mit den vorkommenden Arten. Umso überraschender waren die letzten Fänge in der Meldorfer Bucht vor Büsum: Insgesamt 61 Individuen des langarmigen Einsiedlerkrebses Pagurus longicarpus konnten an neun Stationen in der Meldorfer Bucht nachgewiesen werden. Normalerweise ist der langarmige Einsiedler an der Ostküste Nordamerikas vom Golf von Mexiko im Süden bis zum St.-Lorenz-Golf im Norden beheimatet. In der Nordsee ist er bisher gänzlich unbekannt.

Neue Arten in unseren Meeresgebieten sind weder heutzutage, noch in der Vergangenheit eine Seltenheit. Aber der zunehmende globale Warenverkehr und die klimabedingte Erwärmung der Nordsee, scheint die Etablierung neuer Arten in den letzten Jahrzehnten zu befördern. Neue Arten können dabei entweder in angrenzende Meeresgebiete einwandern oder sie werden – meist von Menschenhand - eingeschleppt. Im Fall des langarmigen Einsiedlers gehen wir von einer Einschleppung aus, da die großräumige Abdeckung des DYFS entlang der deutschen Küstengebiete zeigt, dass die Population bisher nur sehr lokal vorkommt. Der wahrscheinlichste Vektor für die Einschleppung ist die Freisetzung von Ballastwasser durch Frachtschiffe. Hierbei wurden schon in der Vergangenheit häufig Arten aus entlegenen Gebieten in die Nordsee eingeschleppt. Da der DYFS jährlich durchgeführt wird, können wir annehmen, dass die Einschleppung des langarmigen Einsiedlers erst kürzlich erfolgt ist. Dies gibt uns die einmalige Gelegenheit, die Ausbreitung einer neuen Art und deren Folgen auf das Ökosystem von Anfang an zu untersuchen. So werden erst die kommenden Jahre zeigen, ob der langarmige Einsiedler beispielsweise andere Arten verdrängt und damit als invasive Art zu bezeichnen ist. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass er sich „friedlich“ in den Lebensraum Wattenmeer eingliedern wird, wie es für die meisten hier entdeckten Arten der Fall war. Den diesjährigen DYFS erwarten wir auf jeden Fall mit Spannung.

Ihre Fragen zu diesem Thema richten Sie bitte an:

Dr. Hermann Neumann

Dr. Holger Haslob

Nach oben