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OF Ostseefischerei

Weniger Heringsnachwuchs in der Ostsee: Neue Studie liefert weiteres Puzzleteil für Ursachen

Die Menge an Beutetieren für Heringslarven hat seit 2013 stark abgenommen. Das hat die Auswertung von Proben aus dem Greifswalder Bodden gezeigt. Der Rückgang gefährdet das Überleben der Heringslarven und reduziert damit die Anzahl erwachsener Heringe, die damit nur weniger befischt werden können.

Ein silbriger sehr dünner Fisch vor schwarzem Hintergrund ungefähr 15mm lang
© Thünen-Institut/Vivian Fischbach

Heringslarve

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Ostseefischerei, der kanadischen Universität von Quebec und der Universität Hamburg haben für eine neue Studie Zooplankton-Proben aus dem Greifswalder Bodden aus 13 Jahren ausgewertet. Dabei hat sich gezeigt, dass die Nahrung, die den Heringslarven zur Verfügung steht, deutlich zurückgegangen ist.

In früheren Studien haben die Forschenden bereits gezeigt, dass die reduzierte Anzahl an Heringslarven vor allem mit klimabedingten Veränderungen der Phänologie zusammenhängt, also den jahreszeitlichen Abläufen.  In den aktuell milderen und meist auch späteren Wintern schlüpfen die Heringslarven im Durchschnitt drei Wochen früher als noch vor 30 Jahren. Bisher wurde vermutet, dass es zu dieser Zeit noch nicht genügend Larven von Kleinkrebsen gibt, von denen sich die Heringslarven ernähren. Die meisten Heringslarven verhungern daher. Die nachfolgenden Jahrgänge werden schwächer. 

Die gezielte Suche nach dem Mechanismus, der für die Phänologieverschiebung sorgt, hat nun gezeigt, dass nicht nur die Heringslarven früher auftauchen, sondern auch die sogenannte Phytoplankton-Blüte, also das Auftreten kleiner Algen im Frühjahr. Eine mögliche Ursache: Bleibt die Eisbedeckung im Winter aus, kann früher im Jahr mehr Licht ins Wasser eindringen. „Es hat uns überrascht, dass dieser Effekt auch marine Nahrungsnetze verändert“, sagt Patrick Polte, der am Thünen-Institut für Ostseefischerei die Arbeitsgruppe Heringsrekrutierung leitet.

Die Algen sind Nahrung der planktischen Kleinkrebse, die mit dem Auftreten des Planktons auch ihren Nachwuchs produzieren. Warum dieser wiederum nicht ebenfalls früher im Jahr auftritt, ist noch unbekannt. Klar ist nun aber, dass seit 2013 die Menge des Zooplanktons, das frühe Heringslarven fressen können, stark abgenommen hat. Die durch den Klimawandel bedingten phänologischen Verschiebungen führen also tatsächlich zu einer Nahrungsknappheit für die Heringsbrut in der westlichen Ostsee. 

Auch die spät geschlüpften Heringe haben übrigens keine besseren Überlebenschancen: Da sich das Küstenmeer im Frühjahr schneller erwärmt, werden früher Wassertemperaturen erreicht, die bei den Larven zu physiologischen Ausfällen führen und sie absterben lassen.

Das zeigt: Klimabedingte Kaskadeneffekte auf das Küstennahrungsnetz haben bereits heute direkten Einfluss auf unsere Meere und Fischbestände. „Wenn sich solche Veränderungen auf andere Gebiete ausweiten, und das erscheint wahrscheinlich, könnten die Folgen für das gesamte Ökosystem gravierend sein“, sagt Patrick Polte.

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  • OriginalveröffentlichungLīna Livdāne, Gesche Winkler, Saskia Otto, Paul Kotterba, Annegret Finke, Dorothee Moll, Vivian Fischbach, Christopher Zimmermann, Patrick Polte (2025) Herring (Clupea harengus) recruitment failure in the western Baltic Sea as a consequence of a drastic zooplankton decline. Marine Ecology Progress Series, Volume 764:75–89. https://doi.org/10.3354/meps14891

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