In ländlichen Räumen, die durch Bevölkerungsrückgang, Alterung und zentralisierte Dienstleistungen gekennzeichnet sind, werden Verantwortlichkeiten neu ausgehandelt. Insbesondere ältere Menschen werden in sogenannten ‚activation policies‘ (Aktivierungspolitiken) und im öffentlichen Diskurs adressiert, möglichst ‚aktiv‘ oder ‚produktiv‘ zu altern und sich in ihren Dorfgemeinschaften einzubringen. Vor diesem Hintergrund untersucht der Artikel die lokale Beteiligung von älteren Dorfbewohnenden anhand von 15 leitfadengestützten Interviews. Die Analyse zeigt, dass sich diese in unterschiedlichem Maße in drei Bereichen beteiligen: in der lokalen Politik, in Vereinen und Interessengruppen und an informellen Gemeinschaftsaktivitäten. Individuelle Erfahrungen werden dabei durch komplexe Wechselbeziehungen zwischen sozioökonomischem Status, Geschlecht und Wohnbiographie geprägt. Zudem weist die Analyse der Erzählungen von älteren Dorfbewohnenden auf die Rolle von Erwartungen hin. Einerseits berichten sie von an sie selbst gerichteten Erwartungen, andererseits erwarten sie auch, insbesondere von jüngeren und zugezogenen Personen, sich lokal zu beteiligen. Diese Erwartungen werden als Formen der Responsibilisierung interpretiert, die die Normativität der Beteiligung in lokalen Gemeinschaften in einem ländlichen Kontext unterstreichen.
Der Aufsatz „Local community participation of older village residents: Social differences and the role of expectations“ ist im Journal of Rural Studies erschienen, einer internationalen Fachzeitschrift mit Fokus auf gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Fragestellungen zu ländlichen Räumen. Franziska Lengerer hat die Publikation während ihrer Zeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Thünen-Institut für Lebensverhältnisse in ländlichen Räumen erarbeitet. Der Artikel ist Teil ihrer Doktorarbeit an der Universität Groningen, die von Annett Steinführer zweitbetreut wird und bis Ende 2025 verteidigt werden soll.
Kontakt: Franziska Lengerer
