PD Dr. habil. Tuuli-Marja Kleiner
Ausgezeichnete Wissenschaftlerin mit analytischem Blick.

Was hält unsere Gesellschaft zusammen? Welche Auswirkungen hat zunehmende Polarisierung? Wer hat Teil an ihr, und wer bleibt außen vor? Vertrauen die Bürger*innen ihrem politischen System? Identifizieren sie sich mit ihrer politischen Gemeinschaft?
Als habilitierte Soziologin und Politikwissenschaftlerin sucht Tuuli-Marja Kleiner nach Antworten auf genau diese Fragen. Sie forscht zu Demokratie, gesellschaftlichem Zusammenhalt und Partizipation – und seit ihrer Tätigkeit am Thünen-Institut mit einem besonderen Fokus auf ländliche Räume.
Was sie damals ans Thünen-Institut gebracht hat? Der Wunsch nach besseren Arbeitsbedingungen und einer ausgewogeneren Work-Life-Balance. Der Universitätsalltag war geprägt von befristeten Verträgen und Zukunftsängsten. Diese Bedingungen wollte sie nicht länger akzeptieren.
Dabei ist Tuuli-Marja Kleiner Wissenschaftlerin mit ganzem Herzen: Sie wollte schon immer verstehen, was die Gesellschaft im Innersten zusammenhält und warum Menschen handeln, wie sie handeln. Die Welt des sozialen Miteinanders ist für sie wie ein riesiges Puzzle: „Jedes Mal, wenn man ein weiteres Puzzleteil versteht, gibt einem das einen Kick“, sagt sie. Doch der intellektuelle Reiz allein reicht ihr nicht aus. Was sie schwer ertragen kann, sind Narrative, die unhinterfragt übernommen und weiterverbreitet werden. Hier sieht sie eine zentrale Aufgabe der Wissenschaft: „Es gehört mit zu unserem Auftrag, verbreitete Annahmen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen abzugleichen und gegebenenfalls die rosarote Brille herunterzureißen.“
Tuuli-Marja Kleiner ist bekannt dafür, gängige Narrative kritisch zu hinterfragen – eine Haltung, die nicht immer auf Zustimmung trifft und auch mal Gegenwind mit sich bringt. Ihre Habilitation an der Goethe-Universität Frankfurt, mehrere wissenschaftliche Auszeichnungen und ihre Mitgliedschaft in sieben Fachgremien zeigen jedoch, dass ihre Arbeit in der Fachwelt breite Anerkennung findet.
Verbesserungspotenzial für die Situation von Frauen sieht Tuuli-Marja Kleiner auch in der Wissenschaft. Genderstudien belegen, dass Diskriminierung bei Fördermitteln, Publikationen und Berufungen weiterhin ein Problem ist. Doch es braucht nicht nur strukturelle Veränderungen, sondern auch mehr weibliche Vorbilder: Frauen, die in wichtigen Positionen sitzen und jüngere Wissenschaftlerinnen ermutigen. Ebenso sind Mentorenprogramme gefragt, die Karrierewege aufzeigen und junge Frauen dabei unterstützen, sich im Wissenschaftssystem zurechtzufinden. Das hilft den nachfolgenden Generationen.
Für die Zukunft wünscht sich Tuuli-Marja Kleiner ein echtes Bewusstsein für Diskriminierung, das über bloße Lippenbekenntnisse hinausgeht – nicht nur gegenüber Frauen, sondern auch gegenüber sozioökonomisch benachteiligten Menschen, Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Beeinträchtigungen. „Es wäre schön, wenn die Gesellschaft erkennen könnte, dass Inklusion ein Gewinn für alle ist – nicht nur in der Wissenschaft, sondern insgesamt.“