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Kommentar

Mehr Wert!

Jürn Sanders | 09.06.2022


BW Institut für Betriebswirtschaft

Weniger Stickstoffbelastung für Gewässer, weniger Ressourcenverbrauch, mehr biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft – der ökologische Landbau erbringt zahlreiche Leistungen für Umwelt und Gesellschaft. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen diese Leistungen wert und sind bereit einen höheren Preis für ihre Lebensmittel zu bezahlen. Auswertungen von Buchführungsabschlüssen ökologisch wirtschaftender Betriebe zeigen jedoch, dass die höheren Produktpreise nur einen Teil der Kosten kompensieren, die mit der Erbringung der Umweltleistungen verbunden sind. Die restlichen Kosten werden theoretisch durch die flächenbezogene Förderung der ökologischen Wirtschaftsweise ausgeglichen. Im Jahr 2017 haben EU, Bund und Länder dafür rund 283 Mio. Euro ausgegeben.

Kalkulationsgrundlage für die Berechnung der Prämien sind die Mehraufwendungen bzw. Ertragsverluste, die durch die ökologische Bewirtschaftung entstehen. Bei dieser Berechnung werden die externen Kosten der Landwirtschaft, etwa die Kosten für die Beseitigung von Pflanzenschutzmitteln bei der Trinkwasseraufbereitung, allerdings nicht berücksichtigt. Es ist deshalb nicht überraschend, dass wissenschaftliche Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dass der volkswirtschaftliche Nutzen der Umweltleistungen, die durch den Ökolandbau erbracht werden, wesentlich höher ist, als die Mittel, die die Ökobauern und -bäuerinnen dafür erhalten. Gleiches trifft auch für andere Agrarumweltmaßnahmen zu, soweit diese zu einer verminderten Umweltbelastung führen.

Dieser Befund bedeutet auf den ersten Blick, dass der Staat mit relativ wenig Mitteln einen relativ hohen Nutzen erzielen kann. Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass mit den zurzeit verfügbaren finanziellen Mitteln die ökonomischen Anreize nicht ausreichen, damit die Landwirtschaft bzw. der ökologische Landbau Umweltleistungen in dem Umfang bereitstellt, wie dies aus agrarumweltpolitischer Sicht notwendig wäre.

Wenn der Rückgang der Biodiversität gestoppt und die Nitratbelastung der Gewässer vermindert werden sollen, muss mehr investiert werden. Dazu bedarf es eines Honorierungssystems, das sich durch eine hohe Wirksamkeit und Kohärenz, möglichst geringe Transaktionskosten und eine hohe Justiziabilität auszeichnet.

Ein entsprechendes praxisgerechtes System liegt bisher noch nicht vor, gleichwohl die in den vergangenen Jahren vorgeschlagenen alternativen Honorierungsansätze in die richtige Richtung gehen. Es ist an der Zeit, dass diese im Rahmen von regionalen Pilotstudien getestet, weiterentwickelt und anschließend umgesetzt werden. Der ökologische Landbau würde davon wesentlich profitieren. Insofern ist es zu begrüßen, dass das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sich in seiner Zukunftsstrategie ökologischer Landbau mit der Entwicklung eines effizienten Honorierungssystems befasst.

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