

Institut für
WI Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen
Zahlen & Fakten 03/2025
Kommunalfinanzen 2024 in ländlichen Räumen
Dominik Frankenberg | 03.07.2025 | PDF-Download
- Die kommunalen Kernhaushalte verzeichneten 2024 mit 24,3 Mrd. Euro ein Rekorddefizit, 14,1 Mrd. Euro davon entfielen auf Kommunen in ländlichen Räumen.
- Ursächlich ist v. a. die anhaltende Sozialausgabendynamik – bei stagnierenden Einnahmen.
- Um die kommunale Investitionstätigkeit zu verstetigen, sind bundes- und landesseitige Entlastungsmaßnahmen unverzichtbar.
Nachdem die kommunale Ebene 2023 – erstmals seit 2011 – ein Finanzierungsdefizit aufwies, hat sich die Finanzlage 2024 weiter eingetrübt. Hinter dem bundesweiten Gesamtdefizit verbergen sich ausgeprägte regionale Disparitäten. Inwiefern sind ländliche Räume betroffen?
2024 wiesen die kommunalen Kernhaushalte ein Rekorddefizit von insgesamt 24,3 Mrd. Euro aus (2023: 6,3 Mrd. Euro). 14,1 Mrd. Euro davon entfielen auf ländliche Räume (2023: 3,7 Mrd. Euro). Je Einwohner (Ew.) entspricht dies 250 Euro (Tabelle 1). Das Pro-Kopf-Defizit ländlicher Räume ist damit rund 45 Prozent geringer als in urbanen Räumen (452 Euro/Ew.). Dies ist insbesondere auf geringere Personalausgaben sowie niedrigere Fallzahlen und -kosten im Sozialbereich zurückzuführen.
Innerhalb der ländlichen Räume sind die kreisangehörigen Gemeinden hinsichtlich des Finanzierungsdefizits (147 Euro/Ew.) bundesdurchschnittlich stärker von der Eintrübung der Finanzlage betroffen als die Landkreisverwaltungen (103 Euro/Ew.).
Im Regionalvergleich ist eine höhere Neuverschuldung in urbanen Räumen zu beobachten (Tabelle 1). Auch das höhere Zinsumfeld macht sich mit bundesdurchschnittlichen Mehrbelastungen gegenüber dem Vorjahr von 32,1 Prozent (10 Euro/Ew.) sukzessive in den Kommunalhaushalten bemerkbar.
Das Steueraufkommen ländlicher Räume ist mit 1.551 Euro/Ew. etwa 27 Prozent geringer als in urbanen Räumen (2.139 Euro/Ew.). Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Aufkommensunterschiede indes verringert, da urbane Räume insgesamt nahezu stagnierende Steuereinnahmen verzeichneten, während ländliche Räume einen geringfügig höheren Zuwachs aufwiesen (+1,9 Prozent, Tabelle 1). Insbesondere die Gewerbesteuerentwicklung stagnierte, in urbanen Räumen war das Aufkommen sogar rückläufig (-0,9 Prozent).
Tabelle 1: Entwicklung der kommunalen Kernhaushalte
Anm.: ländliche Räume entsprechen den Gesamtkreisen und urbane Räume den kreisfreien Städten (s. Datenbeschreibung). Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen; Finanzierungssaldo ohne Bezirksverbände.
Maßgeblich für die massive Verschlechterung des Finanzierungssaldos ist allerdings die Ausgabenentwicklung: die bereinigten Ausgaben stiegen gegenüber dem Vorjahr doppelt so stark wie die bereinigten Einnahmen (ländliche Räume: 8,6 Prozent ggü. 4,0 Prozent). Für den von Pflichtaufgaben geprägten Sozialbereich ist bundesweit eine anhaltend hohe Dynamik zu beobachten. Wesentliche Treiber sind die Eingliederungshilfe sowie die Jugend- und Sozialhilfe. Ländliche Räume sind mit einem Anstieg von 12,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr geringfügig stärker betroffen als urbane Räume. Hinsichtlich der Pro-Kopf-Ausgaben weisen ländliche Räume gegenüber urbanen Räumen jedoch weiterhin ein erheblich geringeres Soziallastenniveau auf (792 bzw. 1.142 Euro/Ew.). Im Personalhaushalt machen sich die Tarifsteigerungen sowie Personalzuwächse (vorwiegend im Kita-Bereich) bemerkbar.
Als wichtigster Träger öffentlicher Bauinvestitionen sichern die Kommunen die lokale Daseinsvorsorgeinfrastruktur, beispielsweise Straßen, Schulen und Sportstätten, und können damit die Standortattraktivität für Bürger und Unternehmen direkt beeinflussen. Regionale Unterschiede in der Investitionsfinanzierungsfähigkeit sind weiterhin ausgeprägt (Abbildung 1). In Verbindung mit hohen Investitionsrückständen und Neubedarfen (z. B. ÖPNV, Ganztagsbetreuung, Energiewende) kann daraus für finanzschwache Kommunen ein Standortnachteil erwachsen. In ländlichen Räumen ist die Investitionstätigkeit geringfügig niedriger als in urbanen Räumen, wobei zwischen und innerhalb der Flächenländer markante Unterschiede bestehen: In den finanzstarken Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ist einerseits die kommunale Investitionstätigkeit insgesamt erwartungsgemäß höher, andererseits gilt dies dort in besonderem Maße für urbane Räume. Allein in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Thüringen übersteigt die Investitionstätigkeit ländlicher Räume jene der urbanen Regionen.
Abbildung 1: Originäre kommunale Investitionstätigkeit (oh. investive Zuweisungen) in Euro/Ew. (2024)
Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen.
Regionale Unterschiede in der Investitionsfinanzierungsfähigkeit sind weiterhin ausgeprägt (Abbildung 1). In Verbindung mit hohen Investitionsrückständen und Neubedarfen (z. B. ÖPNV, Ganztagsbetreuung, Energiewende) kann daraus für finanzschwache Kommunen ein Standortnachteil erwachsen. In ländlichen Räumen ist die Investitionstätigkeit geringfügig niedriger als in urbanen Räumen, wobei zwischen und innerhalb der Flächenländer markante Unterschiede bestehen: In den finanzstarken Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen ist einerseits die kommunale Investitionstätigkeit insgesamt erwartungsgemäß höher, andererseits gilt dies dort in besonderem Maße für urbane Räume. Allein in Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Thüringen übersteigt die Investitionstätigkeit ländlicher Räume jene der urbanen Regionen.
Ausblick: Die jüngste Steuerschätzung verdeutlicht, dass eine kurzfristige Verbesserung der Finanzlage nicht in Sicht ist. Bereits der Substanzerhalt der Infrastruktur stellt für zahlreiche Kommunen eine Herausforderung dar – trotz künftiger Teilhabe am Sondervermögen „Infrastruktur und Klimaneutralität“ sowie der vollständigen Kompensation der Einnahmeausfälle, die im Rahmen des steuerlichen „Investitionsboosters“ entstehen werden. Um den Defizitpfad zu verlassen, ist neben der Überwindung der gesamtwirtschaftlichen Wachstumsschwäche ein Mix aus monetären (Reform der Soziallastenfinanzierung, Verbreiterung und Verstetigung der Grundfinanzierung) und nicht-monetären Maßnahmen (Bürokratieabbau, Aufgabenkritik, Erweiterung lokaler Ermessensspielräume) angezeigt, um die kommunale Selbstverwaltungskraft zu stärken.[1]
Weiterführende Informationen
Vierteljährliche Kassenstatistik (Statistisches Bundesamt); Aufgrund der Datenverfügbarkeit am aktuellen Rand sind ländliche Räume für diese Analyse als Gesamtkreise (Landkreishaushalte sowie Haushalte kreisangehöriger Gemeinden und Gemeindeverbände) definiert, während die kreisfreien Städte den urbanen Räumen entsprechen. Regionalisierte Ergebnisse werden mit größerem zeitlichen Verzug publiziert.
[1] Frankenberg D, Junkernheinrich M, Micosatt G (2025): Kommunalfinanzen im Jahr 2024: Massiver Einbruch und multiple Krisenstrategie. Jahrbuch für öffentliche Finanzen, Bd. 1/2025, S. 282-312.
Frankenberg D (2025) Kommunalfinanzen 2024 in ländlichen Räumen. Zahlen & Fakten zur Wirtschaft in ländlichen Räumen 03/2025. Thünen-Institut für Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen. DOI: 10.3220/253-2025-88
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