

Institut für
WI Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen
Zahlen & Fakten 01/2025
Start-ups in ländlichen Räumen
Christian Bergholz | 09.04.2025 | PDF-Download
- Wie häufig Start-ups gegründet werden, unterscheidet sich regional deutlich. Sowohl der Grad der Ländlichkeit der Region als auch ihre sozioökonomische Lage spielen eine Rolle.
- Selbst in eher ländlichen Regionen, die häufig im Umland urbaner Zentren liegen, betragen die Gründungsraten weniger als ein Drittel der Start-up-Raten urbaner Räume.
- Innerhalb der ländlichen Räume scheinen sich Start-ups vor allem auf regionale Zentren wie kleinere kreisfreie Städte zu konzentrieren.
Start-ups bezeichnen neu gegründete Unternehmen, die durch ihren innovativen Charakter und ihre Wachstumsorientierung gekennzeichnet sind. Sie gelten als wichtiger Treiber für die regionalwirtschaftliche Entwicklung[1], was sich in Form von neu geschaffenen Arbeitsplätzen, steigender Wertschöpfung oder in der Zahlung kommunal wirksamer Steuern, wie der Gewerbesteuer, äußern kann.
Um einen Eindruck über die Verteilung von Start-ups und das damit einhergehende Potenzial für die Regionen in Deutschland zu gewinnen, zeigt Karte 1 die Start-up-Raten für den Zeitraum 2014-2020 auf Kreisebene. Je dunkler eine Region eingefärbt ist, desto mehr Gründungen gab es. Normiert wird die Zahl der Start-ups mit der Zahl der Einwohner im Alter zwischen 18 und 64 Jahren. Mit Werten zwischen null und knapp 21 Gründungen pro 100.000 Personen und Jahr variiert die regionale Start-up-Rate erheblich.
Besonders häufig werden Start-ups in den Zentren großer Agglomerationsräume gegründet: in und um München und Berlin, in Hamburg sowie in Großstädten des Rheinlands und des Rhein-Main-Gebietes. Dies hängt damit zusammen, dass Start-ups generell dort entstehen, wo sich Branchen- oder Technologiewissen konzentrieren. Beides ist überwiegend in den Köpfen der Beschäftigten großer Unternehmen mit eigener Forschungs- und Entwicklungsabteilung sowie in Forschungseinrichtungen zu finden.[2] Darüber hinaus bieten urbane Räume eine Reihe von Agglomerationsvorteilen, die als Katalysator für Start-ups wirken.[3]
Die Konzentration der Start-ups auf die größten Agglomerationszentren führt gleichzeitig zu einer Konzentration im Westen und Süden Deutschlands, die sich in Karte 1 aber noch grundsätzlicher zeigt.
In allen Bundesländern beobachten wir für kreisfreie Städte höhere Start-up-Raten als für umliegende Landkreise. Dies gilt auch für eher kleine kreisfreie Städte, die häufig den ländlichen Räumen zugeordnet werden, wie zum Beispiel Flensburg im Norden Schleswig-Holsteins, Cottbus und Frankfurt/Oder im Osten Brandenburgs oder kleinere kreisfreie Städte im Nordosten Bayerns bzw. im Süden von Rheinland-Pfalz. Dieses räumliche Muster deutet darauf hin, dass sich Start-ups auch innerhalb der ländlichen Räume auf Zentren konzentrieren.
Landkreise im Umland von Agglomerationszenten weisen häufig höhere Start-up-Raten auf als Regionen, die weiter entfernt liegen. Nur wenige Start-ups verzeichnen Regionen in Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, aber auch peripher gelegene Regionen in Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. Eine Unterscheidung nach Regionstypen in Abbildung 1 zeigt allerdings, dass die größten Unterschiede in den Start-up-Raten entlang des Land-Stadt-Kontinuums nicht zwischen sehr und eher ländlichen Räumen bestehen, sondern zwischen urbanen und eher ländlichen Räumen. Letztere umfassen insbesondere Landkreise im Umland urbaner Regionen. Dies bedeutet, dass Start-ups im Umland von Agglomerationen deutlich seltener gegründet werden als in den urbanen Regionen selbst.
Abbildung 1: Start-ups pro 100.000 Einwohner (18-64 Jahre) und Jahr nach Raumtyp, ø 2014-2020
Quelle: startupdetector, eigene Berechnungen; Regionstypen gemäß Thünen-Typologie[4].
Für Start-up-Gründungen in ländlichen Räumen spielt neben dem Grad der Ländlichkeit auch die sozioökonomische Lage eine bedeutende Rolle. Sowohl in sehr als auch in eher ländlichen Räumen ist die Gründungsrate in Regionen mit guter sozioökonomischer Lage um mehr als 60 Prozent höher als in Regionen mit weniger guter sozioökonomischer Lage.
Fazit: Start-ups werden in ländlichen Räumen seltener gegründet als in urbanen Räumen. Dies gilt selbst für eher ländliche Räume, die häufig im Umland von Agglomerationszentren liegen. Relativ hohe Start-up-Raten in kleinen kreisfreien Städten der ländlichen Räume weisen darauf hin, dass sich Start-ups auch in ländlichen Räumen auf Zentren konzentrieren. Die multiplen wirtschaftlichen Krisen der letzten Jahre werden durch unsere Datenreihe nicht erfasst. Im Jahr 2022 ist das allgemeine Gründungsgeschehen in Deutschland stark eingebrochen, wobei Gründungsraten in ländlichen Räumen weniger gesunken sind als in den Metropolen.[5] Dies ändert jedoch nichts daran, dass die deutlichen systematischen Unterschiede in den Gründungsaktivitäten zwischen ländlichen und urbanen Räumen weiterhin bestehen.
Weiterführende Informationen
Die ausgewerteten Daten stammen vom Unternehmen startupdetector. Sie basieren auf den Handelsregistereintragungen von Unternehmen der Jahre 2014-2020. Um Start-ups im Sinne der Definition des Deutschen Startup-Monitors zu identifizieren, liest startupdetector das Handelsregister automatisiert aus. Dabei werden insbesondere die Kurzbeschreibungen der Unternehmen mittels maschinellen Lernens analysiert, um potenzielle Start-ups als solche zu klassifizieren. Anschließend folgt eine ergänzende manuelle Recherche, um die Klassifizierung zu verifizieren.
[1] European Commission (2023) Regional incidence and persistence of high-growth firms: Testing ideas from the Entrepreneurial Ecosystems literature. JRC Work-ing Papers on Corporate R&D and Innovation. No 02/2023.
[2] Acs Z, Audretsch D, Lehmann E (2013) The knowledge spillover theory of entrepreneurship. Small Business Economics 31(4):757-774.
[3] Duranton G, Puga D (2004) Micro-foundations of urban agglomeration economies. In: Henderson JV, Thisse JF (eds) Handbook of Regional and Urban Economics, Edition 1(4):2063-2117.
[4] Küpper P (2016) Abgrenzung und Typisierung ländlicher Räume. Thünen Working Paper 68.
[5] ZEW (2025) Wenig dynamisches Gründungsgeschehen in Deutschland – besonders negativer Trend in innovativen Branchen. Fakten, Analyse, Perspektiven.
Bergholz C (2025) Start-ups in ländlichen Räumen. Zahlen & Fakten zur Wirtschaft in ländlichen Räumen 01/2025. Thünen-Institut für Innovation und Wertschöpfung in ländlichen Räumen. DOI:10.3220/253-2025-30






