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Folge 10: Strategische Partnerschaft auf dem Acker?

Wenn Insekten und Landwirt*innen zusammenarbeiten.

15.12.2022

Schädling oder Nützling? Geht es um Insekten und Landwirtschaft, geht es heutzutage schnell um Existenzen. Ernteverluste durch Schadinsekten hier, Artensterben und Biodiversitätsverlust da. Zwar gehört die Bekämpfung von Schädlingen zur Landwirtschaft dazu. Doch die Effizienz der Schädlingsbekämpfung trifft auch die große Gruppe der Nützlinge. Können Landwirtschaft und Biodiversität noch gemeinsam funktionieren?

„Ich sage den Landwirtinnen und Landwirten immer: Wenn Ihr wollt, dass Euch die Nützlinge helfen, wenn es dicke kommt, dann müsst Ihr ihnen in Zeiten helfen, in denen sie sonst verhungern würden. Sie können nicht da sein, nur, weil jetzt gerade der Schädling da ist, sondern die müssen immer da sein.“
Prof. Bärbel Gerowitt, Universität Rostock

Wissenschaftliche Belege zum Rückgang der Artenvielfalt in Agrarlandschaften gibt es schon lange. Doch erst eine Veröffentlichung von Daten des Entomologischen Vereins Krefeld im Jahr 2017 hat dazu geführt, dass ein Bewusstsein für die alarmierende Situation in Politik und Gesellschaft entstanden ist. Seither werden wissenschaftsbasierte Lösungen gesucht, um dem Insektensterben Einhalt zu gebieten. Unter Federführung des Thünen-Instituts für Biodiversität wird unter anderem im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums das bundesweite Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften (MonViA) aufgebaut. Bisher gab es nur Einzeluntersuchungen, aus denen sich jedoch Entwicklungen nur bedingt ablesen lassen.

Zudem etablieren die Forschenden ein bundesweites Monitoring von Wildbienen in Agrarlandschaften. Bestäuber wie Bienen und Hummeln gehören zu den bekanntesten und wichtigsten Insekten, schließlich werden weltweit zwei Drittel der Kulturpflanzen – vor allem Obst und Gemüse – von solchen Insekten bestäubt. Sie sind ein wichtiger Faktor für die Menge des Erntegutes, aber auch für die Qualität der erzeugten Produkte. Doch die Vielfalt der Insekten in Agrarlandschaften ist erheblich größer und jede Art spielt eine wesentliche Rolle im Gefüge der Natur. Zu jedem Schädling gibt es einen Nützling: Spinnen und räuberische Insekten halten die Schädlinge in Schach, Bodenlebewesen sichern die Bodenfruchtbarkeit. Doch gerade diese Gruppen sind stark abhängig von der Art und Weise, wie Landschaft gestaltet und Landwirtschaft betrieben wird. Blühstreifen, Agroforstsysteme, Hecken, Streuobstwiesen und Grünlandflächen sind deshalb nicht nur schön anzusehen, sondern wesentlich für den Fortbestand der Artenvielfalt in Agrarlandschaften.

In dieser Folge sprechen die Rostocker Professorin Bärbel Gerowitt, Expertin für Pflanzenschutz, und Professor Jens Dauber, Leiter des Thünen-Instituts für Biodiversität, über Nützlinge und Schädlinge und warum diese menschengemachten Kategorien nicht immer hilfreich sind. Es geht um Lebensräume, Landschaftsgestaltung und die Ökosystemleistungen der Insekten. Und natürlich um die Frage, warum Agrarlandschaften nicht per se lebensfeindliche Räume für Insekten sind und wie diese in die landwirtschaftliche Produktion eingebunden werden können.

Literatur und Links

 

Unsere Gäste

Professor Jens Dauber leitet das Thünen-Institut für Biodiversität und lehrt an der Universität Braunschweig Biodiversität in Agrarlandschaften. Sein Forschungsschwerpunkt liegt auf nachhaltigen Agrarsystemen und deren Ökosystemleistungen. Er berät u.a. das Bundeslandwirtschaftsministerium im Wissenschaftlichen Beirat „Biodiversität und Genetische Ressourcen“.

Bärbel Gerowitt ist Professorin für Phytomedizin am Institut für Landnutzung der Universität Rostock. Sie ist Expertin für natürliche Pflanzenschutzkonzepte und Agrarbiodiversität. Forschungsschwerpunkt der Wissenschaftlerin sind Ackerunkräuter im Wechselspiel zwischen Schutz und Schaden. Sie war u.a. Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats zum „Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln“.

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