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Interview

„…zusammen an der Sache interessiert“

Michael Welling mit Petra Dieker und Swantje Grabener (Wissenschaft erleben 2022/1)


BD Institut für Biodiversität

Im Verbundprojekt MonViA wird untersucht, wie sich die biologische Vielfalt in Agrarlandschaften unter dem Einfluss der landwirtschaftlichen Produktion entwickelt. Das Wildbienen-Monitoring in Agrarlandschaften ist dabei eines von 10 Monitoringmodulen. Petra Dieker und Swantje Grabener vom Thünen-Institut für Biodiversität sprechen über die Zielsetzung des Wildbienen-Monitorings und über das große Interesse aus der Bevölkerung, daran mitzuwirken.

Laufkäfer, Schmetterlinge, Schwebfliegen – die Liste der Insekten in Agrarlandschaften ist lang. Warum braucht Deutschland gerade ein Wildbienen-Monitoring?

PD: Wildbienen sind wichtige Bestäuber, sowohl von Wildpflanzen als auch von Kulturpflanzen. Erdbeeren und Kirschen zum Beispiel liefern höhere Erträge, wenn sie durch Wildbienen statt ausschließlich durch Honigbienen bestäubt werden. Trotz ihrer Bedeutung gibt es in Deutschland noch keine repräsentative und wissenschaftlich belastbare Datengrundlage, um Aussagen zum Zustand und zur Entwicklung von Wildbienenbeständen in Agrarlandschaften treffen zu können. Deshalb entwickeln wir in MonViA ein Wildbienen-Monitoring.  

SG: Wildbienen zeichnen sich auch – anders als etwa Schwebfliegen – dadurch aus, dass sie während ihres gesamten Lebenszyklus auf Blühressourcen angewiesen sind und die Weibchen einen relativ kleinen Sammelradius um ihr Nest herum haben. Sie sind damit gute Indikatororganismen für das Areal, in dem sie gefunden werden. Das heißt, wir können über Wildbienen Rückschlüsse auf die umgebende Landschaft ziehen.

Wo und mit welcher „man power“ führen Sie das Wildbienen-Monitoring durch?

PD: Deutschland ist sehr vielfältig hinsichtlich seiner naturräumlichen Ausstattung. Und dies spiegelt sich auch in den Agrarlandschaften und ihrer landwirtschaftlichen Nutzung wider. Perspektivisch wollen wir deshalb Wildbienen bundesweit auf festgelegten Flächen erfassen. Derzeit sind wir noch in der Pilotphase, in der wir unsere Monitoringansätze testen. Dank der Unterstützung von weit über 100 Ehrenamtlichen geschieht dies bereits auf 50 Flächen in 12 Bundesländern. Die Einbindung von Ehrenamtlichen liegt uns sehr am Herzen. Denn nur mit dem Engagement vieler Personen können wir das Wissen über Wildbienen in Agrarlandschaften verbessern. Die Bereitschaft in der Gesellschaft, sich für Insekten zu engagieren, ist groß. Wir hoffen daher, über eine intensive Betreuung der Ehrenamtlichen Artenkenntnis in Deutschland aufzubauen und ein Bewusstsein für die Beziehung zwischen Wildbienen-Diversität und Ausgestaltung der Agrarlandschaft zu schaffen.

Wie läuft das Wildbienen-Monitoring ab?

SG: Oberirdisch hohlraumnistende Wildbienen werden mithilfe von standardisierten Nisthilfen erfasst. Das können Ehrenamtliche sehr gut machen, auch ohne vertiefte Artenkenntnisse. Die Nisthilfen sind wie ein hölzerner Plattenbau mit unterschiedlich großen Eingängen; man kann die einzelnen Platten voneinander trennen und die Gänge mit den Brutkammern fotografieren. Die Fotos werden an uns geschickt, und wir können damit Informationen zur Wildbienenvielfalt und -häufigkeit erheben, um diese mit der umgebenden Agrarlandschaft in Bezug zu setzen. Für die Ehrenamtlichen bieten wir im Gegenzug Online-Bestimmungskurse an und geben individuelle Rückmeldungen zu eigenen Bestimmungsergebnissen.

PD: Ab diesem Jahr werden auch Hummeln erfasst. Mit dem Hummel-Monitoring möchten wir Ehrenamtlichen einen Einstieg in die Wildbienenbestimmung geben und sie in einem Drei-Stufen-Modell langfristig zu Hummel-Experten bzw. -Expertinnen schulen. Bei der Datenauswertung gilt es natürlich, auf Datenqualität für aussagekräftige Trendanalysen zu achten.

Ist es schwierig, Ehrenamtliche für das Wildbienen-Monitoring zu gewinnen?

PD: Nein, überhaupt nicht. In den meisten Fällen haben Ehrenamtliche entweder über bereits in der Landschaft aufgestellte Nisthilfen oder über Social-Media-Aktivitäten zu uns gefunden. Und ist das Interesse erst einmal für Wildbienen geweckt, ist der Weg von einer Nisthilfen-Patenschaft bis hin zu einer Teilnahme am Hummel-Monitoring auch nicht mehr weit.

SG: Spannend ist, dass bei den Monitoring-Aktivitäten auch Personen mitarbeiten, die sonst eher verschiedene Interessen verfolgen – Beschäftigte in der Landwirtschaft und Aktive aus dem Naturschutz zum Beispiel. Sie engagieren sich dort, weil sie zusammen an der Sache interessiert sind.

In Ihrem Projekt ist es ein Anliegen, die Daten so bestandsschonend wie möglich zu erheben. Sie haben erwähnt, dass dies anhand von Fotos geschehen kann. Gibt es noch weitere tötungsfreie Ansätze?

SG: Wir setzen große Hoffnungen auf die Umwelt-DNA, auch eDNA genannt, welche die Wildbienen nach ihrem Schlupf in den Niströhren hinterlassen. Hierüber lässt sich nicht nur die Bienenart selbst nachweisen, sondern wir können auch die Art der eingetragenen Pollen und das verwendete Nistmaterial zuordnen. In Vorstudien haben wir bereits gute Ergebnisse erzielt.

Wenn jetzt jemand neugierig geworden ist und beim Wildbienen-Monitoring mitmachen möchte: Kann er oder sie sich noch bei Ihnen melden?

PD: Ja, sehr gern! Auf unserer Webseite https://wildbienen.thuenen.de gibt es alle relevanten Informationen, zum Beispiel zu Nisthilfe-Patenschaften und unseren Hummel-Bestimmungskursen, und natürlich auch Kontaktmöglichkeiten.     

Frau Dieker, Frau Grabener, vielen Dank für das Gespräch.

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