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Dossier

Gute fachliche Praxis

Joachim Brunotte | 01.10.2019


AT Institut für Agrartechnologie

Der Boden ist für die Herstellung von Lebensmitteln der wichtigste Produktionsfaktor für die Landwirtschaft. Bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln, Futter- und Energiepflanzen müssen Landwirte verantwortungsvoll mit dem Boden umgehen, um seine Fruchtbarkeit zu erhalten.

Verankert ist dies im Bundes-Bodenschutzgesetz (§ 17) mit den Grundsätzen zur „guten fachlichen Praxis“, die darauf abzielen, schädliche Bodenveränderungen weitestgehend zu vermeiden. Dabei geht es nicht nur darum, Bodenverdichtungen, Bodenerosion und Gewässerbelastungen zu vermeiden, sondern auch Bodenstruktur, biologische Aktivität und den Humusgehalt zu fördern – die standortangepasste Bodenbearbeitung nimmt hier eine zentrale Rolle ein.

Dabei sind mehrere Problembereiche zu berücksichtigen:

Bodenerosionen durch Wasser, Wind, Bodenbearbeitung und Erntearbeiten sind regional sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sie führen zu einer Minderung von Krumenmächtigkeit und Wasserspeicherkapazität und nehmen dadurch direkt Einfluss auf die Ertragsfähigkeit von Böden. Zusätzlich führen im „Run off“ gelöste Dünge- und Pflanzenschutzmittel zu einer Eutrophierung der Gewässer.

Die Bodenbearbeitung kann eine Ursache für Bodenverdichtungen sein. Insbesondere ein überlockertes Gefüge nach Pflugbearbeitung zeichnet sich durch eine geringe Tragfähigkeit aus und ist sehr verdichtungsempfindlich.

Um den Humus zu erhalten, müssen Böden humusschonend bearbeitet werden. Im Bundes-Bodenschutzgesetz werden zwei Maßnahmen besonders betont: eine ausreichende Zufuhr an organischer Substanz und eine Reduzierung der Bearbeitungsintensität.

Erosionsereignisse

Ziel „guter fachlicher Praxis“ ist es, die Bodenoberfläche ganzjährig zu schützen. Praktisch gelingt das mit dem Anbau von Zwischenfrüchten oder indem der Boden mit organischen Reststoffen wie Stroh bedeckt bleibt.

Der standortangepasste Bodenbedeckungsgrad ist der Schlüsselindikator zur Beschreibung der Erosionsanfälligkeit von Böden. Die Intensität der Bodenbearbeitung wirkt direkt auf den Bedeckungsgrad und ist neben dem Reststoffmanagement das wichtigste Instrument des Landwirts, Oberflächenverschlämmung und Bodenerosion vorzubeugen.

Die dauerhaft konservierende Bodenbearbeitung und die Direktsaat sind die wirkungsvollsten Maßnahmen gegen Bodenersosion durch Wasser und Wind auf Ackerflächen. Durch den Verzicht auf die Bodenwendung mit dem Pflug verbleiben stabile Bodenaggregate und bodenbedeckendes Mulchmaterial etwa in Form von Strohrückständen an der Oberfläche. Regenwürmer ziehen die Strohhalme nach unten und schaffen so die Leitbahnen im Boden, in denen das Wasser versickern kann.

Die Mulchauflage schützt den Ackerboden vor physikalischer Zerstörung der Oberflächenaggregate durch heftige Niederschläge. Das ist durch Feldversuche, Beregnungsversuche und Messungen umfassend belegt. Zusätzlich helfen Schonstreifen, Gewässerschutzstreifen und Intervall-Fahrgassenbegrünung, Erosionen zu reduzieren.

ParameterWann tritt Wassererosion auf?
Niederschlag> 5 mm je Stunde
BodenSchluffe, sandige Lehme, lehmige Sande
Hanglänge> 50 Meter
Hangneigung> 4 Prozent
Bodenoberflächefehlende Bodenbedeckung
ParameterWann tritt Winderosion auf?
Windgeschwindikeit> 6 bis 8 Meter pro Sekunde
Luftfeuchtegering
BodenartSande, insbesondere Feinstsande mit geringen Ton- und Schluffgehalten; Anmoor
Humusgehaltauf Mineralböden gering; auf degradierten organischen Böden hoch
Windoffenheit der Landschaft< 5 Kilometer lineare Landschaftelemente je Quadratkilometer in waldarmen Regionen
Oberflächenrauigkeitgering
Bodenbedeckung< 25 Prozent

Bodenverdichtung

Schwere, „unterbereifte“ Erntemaschinen können vor allem bei hoher Bodenfeuchte zu Verdichtungen führen, die das Infiltrationsvermögen von Böden stark herabsetzen. Auch Wurzelwachstum, biologische Aktivität, Gas- und Wasseraustausch können reduziert werden.

Die Vorsorgepflicht gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen wird im Bundes-Bodenschutzgesetz (§ 7) festgehalten. Darunter fallen auch Schadverdichtungen durch unsachgemäßen Maschineneinsatz. Daher sind Landwirte verpflichtet und bemüht, den Einsatz von Bodenbearbeitungs- und Erntetechnik so zu planen, dass unerwünschte Nebeneffekte weitestgehend vermieden werden.

Während Bodenerosionen gut an der Oberfläche zu beobachten sind, sind Verdichtungen im Boden optisch nur schwer zu erkennen. Die Reaktion des Bodens auf Befahrung mit Landmaschinen ist sehr komplex und erfordert eine aufwendige experimentelle Ursache-Wirkungs-Forschung.

Aus Bodenkarten (u.a. Bodenart, Ausgangasubstrat) und Wetterdaten (u.a. Niederschlag, Verdunstung, Bodenfeuchte) kann die Verdichtungsempfindlichkeit von Standorten abgeleitet werden. Mithilfe von Messungen und Befahrungsversuchen lässt sich so die mechanische Belastung von Landmaschinen (Radlast, Reifeninnendruck, Kontaktfläche, Überrollhäufigkeit, Spurflächenanteil) feststellen.

Verknüpft man die Daten von standortabhängiger Verdichtungsempfindlichkeit und mechanischer Belastung, erhält man Auskunft über die jeweiligen Befahrbarkeitstage, an denen bodenschonendes Befahren stattfinden kann.

IndikatorSchadbildWirkung
Vegetationungleichmäßiger Pflanzenaufwuchs und verzögerte Bestandsentwicklung innerhalb eines SchlagsErtragsunsicherheit bzw. -minderung
Chlorose (Mangel an Blattgrün) bei gleichem DüngeniveauErtragsunsicherheit bzw. -minderung, gasförmige Verluste an Nährstoffen
lückiger Bestand mit kürzeren PflanzenErtragsunsicherheit bzw. -minderung
schnellere Abreife und geringere KornmasseErtragsunsicherheit bzw. -minderung
Bodenoberfläche




 
VerschlämmungBeeinträchtigung des Gas- und Wasserhaushalts, gehemmte Bestandsentwicklung, erhöhter Bodenabtrag, Verlust an Nährstoffen
SpurrillenBodenabtrag
Wasserstau an der OberflächeBeeinträchtigung des Gas- und Wasserhaushalts
ErosionsrinnenBeeinträchtigung des Gas- und Wasserhaushalts, gehemmte Bestandsentwicklung, erhöhter Bodenabtrag, Verlust an Nährstoffen
Losungshaufen von Regenwürmern nur vereinzelt erkennbarschwache Aktivität der Regenwürmer verbunden mit geringem Umsatz von Vegetationsresten
unvollständig eingearbeitete VegetationsresteSauerstoffmangel für Pflanzenwurzeln und aerobe Bodenorganismen
Oberboden bzw. Ackerkrume (0-30 cm)



 
grobschollige Krumeerhöhter Arbeitsaufwand für die Saatbetterstellung, ungleichmäßiger Pflanzenaufwuchs
StrohmatratzenBeeinträchtigung der Bodenorganismen, weniger Durchwurzelung
Bereiche, die gräulich verfärbt sind und unangenehm riechenSauerstoffmangel für Pflanzenwurzeln und aerobe Bodenorganismen
nur vereinzelt Regenwurmgängeeingeschränkte Wasseraufnahme, erhöhter Oberflächenabfluss, Sauerstoffmangel
Wurzeln nur an der Bodenoberflächeunzureichende Wasser- und Nährstoffaufnahme
Krumenbasis



 
unzersetztes StrohSauerstoffmangel für Pflanzenwurzeln und aerobe Bodenorganismen
Wasserstau an der Grenze zum Unterbodeneingeschränkte Wasseraufnahme, erhöhter Oberflächenabfluss, Sauerstoffmangel
Bereiche, die gräulich verfärbt sind und unangenehm riechenSauerstoffmangel für Pflanzenwurzeln und aerobe Bodenorganismen
abrupte Abnahme der Wurzeln, wenige Regenwurmgängeunzureichende Durchwurzelung des Unterbodens, Nährstoffverluste durch Auswaschung, Mindererträge
scharfkantige, eng geschlossene Bodenaggregate, die nur mit großem Kraftaufwand zu zerlegen sindzu hoher Widerstand für die Wurzeln, erhöhter Bedarf an Zugkraft und Kraftstoff bei der Bodenbearbeitung
Unterboden (30-90 cm)

 
nur vereinzelt Regenwurmgänge, wenig Humuseintrag durch Regenwürmergehemmte Austauschprozesse im Oberboden

 
Wurzeln ungleichmäßig verteilt
scharfkantige, eng geschlossene Bodenaggregate

Humusgehalt

Humus ist wichtig für die ökologischen Bodenfunktionen, z.B. als:

  • Nährstoffquelle für Mikroorganismen, Bodentiere und Pflanzen
  • Lebensraum für Mikroorganismen und Bodentiere
  • Grundlage der Filter- und Pufferfunktion, insbesondere für den Grundwasserschutz.

Durch die Bodenbearbeitung und den Anbau von Kulturpflanzen wird der Humus, der im Boden vorhanden ist, allerdings verbraucht. Die Ursachen dafür sind vielfältig:

 UrsacheIndikatorMaßnahmen
 ErosionVerlagerung durch Winderosion,
Verlagerung durch Wassererosion,
Verlagerung durch Überflutung
Anlage von Hecken,
Bodenbedeckung erhöhen, Bodenbearbeitung reduzieren,
Bodenbedeckung sicherstellen, Verzicht auf Grünlandumbruch
 EntwässerungLuftzufuhr in ehemals durchnässte BodentiefenVerzicht auf Neuanlage von Drainagen, Umwandlung von Acker in Grünland
 GrünlandumbruchNutzungswandelZwischenfruchtanbau
 Geänderte Bewirtschaftung, z.B. von viehhaltend zu viehlosVerringerung der Zufuhr an organischer Substanz, Fruchtfolge mit hohem Anteil an HackfrüchtenFruchtfolge mit ausreichend Zufuhr an organischer Substanz (Humusmehrer), Anpassen der Fruchtfolge, Stroh auf dem Feld belassen, Zwischenfrüchte anbauen
 Anbau von EnergiepflanzenAbfuhr allen Aufwuchses inklusive ErnterestenZufuhr neuer „Reststoffe“/Kompost/Gärreste

Grundlegende landwirtschaftliche Maßnahmen, die Humusgehalt und -qualität fördern, sind:

  • eine standortgerechte vielfältige Fruchtfolge mit einem ausgewogenen Verhältnis von humuszehrenden und humusmehrenden Pflanzen. Humuszehrend sind Zuckerrübe, Kartoffel, Mais, Raps, Sonnenblume und Getreide mit Strohabfuhr; humusmehrend sind Kleegras, Luzerne, Körnerlegumenosen und Zwischenfrüchte wie Ölrettich, Senf und Phacelia.
  • eine ausreichende Versorgung des Bodens mit organischer Substanz. Die Zufuhr erfolgt durch die Reststoffe, die bei der Ernte auf dem Feld verbleiben (z.B. Wurzeln, Stoppeln und Stroh), durch den gezielten Anbau von Zwischenfrüchten und durch Wirtschaftsdünger (Stallmist, Gülle und Kompost).
  • das Befahren des Ackerstandorts mit bodenschonender Bereifung.
  • bei der Bodenbearbeitung in der Reihenfolge „Pflug – konservierend – Direktsaat“ wird der Boden durch eine zunehmende Bedeckung der Oberfläche gegenüber äußeren mechanischen Einflüssen wie z.B. starken Niederschlägen deutlich stabilisiert und liefert insgesamt eine hohe Tragfähigkeit durch eine stabile Bodenstruktur.

Weiterführende Links

Gute fachliche Praxis – Bodenbewirtschaftung und Bodenschutz (aid infodienst, 120 Seiten)
Gute fachliche Praxis – Bodenfruchtbarkeit (aid infodienst, 144 Seiten)

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