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Es gibt Anzeichen, dass sich das restriktivere Fischereimanagement in der Nordsee positiv auf die gesamte dortige Fischgemeinschaft auswirkt. Das zumindest besagt eine Studie, die Biologen des Thünen-Instituts für Seefischerei in Hamburg jetzt veröffentlicht haben. Demnach wiesen 27 der 43 bewerteten Fischbestände einen guten ökologischen Zustand auf.

Die Wissenschaftler zogen für ihre Untersuchung drei Bewertungskriterien heran: die Nutzungsraten, die Bestandsgrößen und die Bestandsstrukturen. Nach diesen Kriterien werteten sie Daten des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) aus sowie Ergebnisse eigener Forschungsreisen und Statistiken über die Anlandungen der kommerziellen Fischerei. Diese Einzelbewertungen der Bestände führten sie in eine Gesamtbewertung zusammen.

„Möglicherweise erkennen wir hier erste Erfolge eines strengeren Fischereimanagements“, äußert sich Dr. Nikolaus Probst, Hauptautor der Studie, vorsichtig. Die Ergebnisse der Studie würden aber nicht bedeuten, dass alles im Lot sei. „Die Auswirkungen der Fischerei sind immer noch zu hoch, um der großen Mehrheit der Bestände einen guten Zustand zu bescheinigen“, so Probst. 16 Bestände verfehlten zumindest in einem der drei Kriterien eine positive Bewertung. Anlass zur Sorge würden die meisten Hai- und Rochenarten bereiten, aber auch wichtige kommerzielle Bestände der Nordsee wie Kabeljau, Flunder und Seezunge seien entweder überfischt, zu klein oder wiesen eine schlechte Größenstruktur auf.

Anstoß für die Studie ist die Umsetzung der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, die von den Mitgliedstaaten eine umfassende Bewertung der Meeresumwelt fordert. Dazu gehört auch die Bewertung des Zustandes genutzter Fischbestände. Solche Einzelbewertungen nimmt der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) vor. Die ICES-Bewertungen erfolgen auf Basis einzelner Bestände, d.h. eine integrative Gesamtanalyse zum Zustand aller kommerziell genutzten Nordseefischbestände fand bisher nicht statt. Zudem bezogen die Forscher des Thünen-Instituts auch die Längenstruktur der Bestände in ihre Studie mit ein. „Unsere Studie ist ein erster Versuch, alle drei Bewertungskriterien – Nutzungsraten, Bestandsgrößen und Bestandsstrukturen – bei den wichtigen Beständen zusammenzuführen“, sagt Probst. „Dabei legten wir für alle Bestände mit guter Datenlage als Bewertungsmaßstab das Prinzip der maximalen nachhaltigen Nutzung an, für alle anderen Bestände mit eingeschränkter Datenlage galt ein Verschlechterungsverbot“. Letzteres bedeutet, dass sich seit 1984 die Bestände in keinem der drei Bewertungskriterien verschlechtert haben sollen. „Natürlich wären auch alternative Zielsetzungen für eine Bewertung denkbar, zum Beispiel ein möglichst natürlicher oder unbeeinflusster Zustand. Da die Daten der Fischereiforschungsfahrten aber oft nur bis in die 1980er Jahre zurück reichen, können wir oftmals nicht sagen, wie ein ungenutzter Bestand aussehen sollte“, erklärt er. Für die aktuelle Bewertung hatten sich die Forscher daher vorgenommen, den momentanen Zustand zu erfassen und die Bestände mit Verschlechterungen zu erkennen.

„Bei der vorgeschrieben Neubewertung 2018 können die aktuellen Bewertungsergebnisse dann als Basislinie verwendet werden“, so Probst. Bis dahin lassen Langzeit-Managementpläne, die Errichtung von Meeresschutzgebieten sowie die anstehende Reform der EU-Fischereipolitik auf eine weitere Verbesserung vieler Bestände hoffen.


Weitere Informationen

Literatur:
Probst, W.N., M. Kloppmann, G. Kraus (2013): Indicator-based status assessment of commercial fish species in the North Sea according to the EU Marine Strategy Framework Directive (MSFD). ICES Journal of Marine Science; doi:10.1093/icesjms/fst010

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PDF der Pressemitteilung

Fischbestände (© Thünen-Institut)

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