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Folge 9: Auf Kosten der anderen?

Klimaneutrale Wirtschaft ohne schädliche Nebenwirkungen

08.12.2022

Bis 2045 soll Deutschland Treibhausgas-neutral sein, zumindest netto. Bleiben wir bei unserem Konsumverhalten und setzen gleichzeitig hohe Ansprüche an Naturschutz, Klimaschutz und Tierwohl vor unserer Haustür durch, führt das zu steigenden Lebensmittelpreisen und belastet natürliche Ressourcen wie Wälder in anderen Erdteilen. Wie können Land- und Forstwirtschaft zur Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft beitragen? Wo verstecken sich Leakage-Effekte und hilft eine CO2-Emissions-Steuer dagegen?

„Wenn wir unser Konsumniveau aufrechterhalten wollen, aber gleichzeitig die Produktion in Europa runterfahren, dann wird es automatisch dazu kommen, dass wir mehr natürliche Rohstoffe, die wir in Europa schützen wollen, aber auch mehr Emissionen importieren werden.“

Prof. Karen Pittel, Leiterin des Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen ifo-Institut

Eine aktuelle Studie des Thünen-Instituts für Waldwirtschaft hat gezeigt, dass etwa die Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie zu deutlichen Verlagerungseffekten führen würde, weil die Nachfrage nach Holzprodukten in Deutschland und Europa nicht zurückgehen wird. Beispiel Holz für die Baubranche: Durch die aktuelle Holzbauförderung dürfte sich der Bedarf weiter erhöhen. Gedeckt würde dieser nach Ansicht von Expertinnen und Experten auch durch Importe aus Regionen, in denen Wälder nicht nachhaltig bewirtschaftet werden.

Auch in anderen Produktionsbereichen gibt es derartige Leakage-Effekte, die häufig für Verbraucherinnen und Verbraucher nicht offensichtlich sind, beispielsweise bei Nahrungsmitteln oder bei Biokraftstoffen. So hat die Förderung der Biokraftstoffe seitens der EU  zu massiven Landnutzungsänderungen im globalen Süden geführt, um im großen Stil Palmöl gewinnen zu können. Die Politik ist also gefordert, bei Anreizen und Handelsvereinbarungen derartige Effekte mit zu bedenken.

Unsere Gäste Karen Pittel, Leiterin des Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen am Münchner ifo Institut, Matthias Dieter, Leiter des Thünen-Instituts für Waldwirtschaft, und Bernhard Osterburg, Leiter der Stabsstelle Klima und Boden des Thünen-Instituts, diskutieren in dieser Folge, ob die Erweiterung der CO2-Emissions-Steuer auf land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse und der CO2-Grenzausgleich probate Mittel zur Verhinderung von Leakage-Effekten sind. Sie sprechen darüber, wie die gemeinsame Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen etwa zur Nahrungsmittel- und Energieproduktion Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland wettbewerbsfähig halten kann und diskutieren UN-Initiativen wie REDD+. Der Mechanismus soll dazu beitragen, die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder und ihre Nutzung als Kohlenstoffspeicher weltweit zu fördern.

Unsere Gäste

Prof. Dr. Matthias Dieter leitet das Thünen-Institut für Waldwirtschaft. Seine Forschung konzentriert sich auf die Waldwirtschaft im globalen Kontext und die internationalen Holzmärkte. Der Forstwissenschaftler wirkt unter anderem in der EU-Expertengruppe für holzbasierte Wirtschaft mit und berät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Wissenschaftlichen Beirat Waldpolitik.

Als Leiter der Stabsstelle Klima und Boden am Thünen-Institut koordiniert Agrarökonom Bernhard Osterburg die Politikberatung des Forschungsinstituts zum Klimaschutz. Er ist Experte, wenn es um die Klimaschutzwirkungen etwa der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU oder um die CO2-Bepreisung geht.

Prof. Dr. Karen Pittel leitet das Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen am Münchner ifo Institut. Zudem ist sie Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Neben dem Umgang mit erschöpfbaren natürlichen Ressourcen und neuen Konzepten zur Energieversorgung beschäftigt sie sich auch mit dem Interessenausgleich im internationalen Klimaschutz.

 

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