Weiter zum Inhalt
© 1STunningART - stock.adobe.com
Institut für

MA Marktanalyse

Projekt

Die Landwirtschaft in der Lebensmittel-Wertschöpfungskette


Federführendes Institut MA Institut für Marktanalyse

© Thünen-Institut

Der Anteil der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für ausgewählte Nahrungsmittel

Seit mehr als 40 Jahren verfolgen wir im Thünen-Institut in der "Anteilsberechnung", wie sich die landwirtschaftlichen Erlöse im Verhältnis zu den Verbraucherausgaben für ausgewählte Nahrungsmittel entwickeln. Die Zeitreihen zeigen, dass sich die landwirtschaftliche Wertschöpfungskette im Laufe der Zeit strukturell verändert hat. Für die Fleischmärkte berechnen wir ergänzend zur Anteilsberechnung das Verhältnis zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreisen, also die Marktspanne.

Hintergrund und Zielsetzung

Mithilfe der Berechnung des Anteils der Erzeugererlöse an den Verbraucherausgaben untersuchen wir die mittel- und langfristigen Marktbeziehungen zwischen den verschiedenen Stufen der landwirtschaftlichen Wertschöpfungskette. Konkret ermitteln wir über den Anteil der landwirtschaftlichen Erlöse an den Verbraucherausgaben, wie hoch der Wertschöpfungsbeitrag wesentlicher landwirtschaftlicher Rohstoffe zu den aus ihnen hergestellten Lebensmitteln im Supermarkt ist. Veränderungen in den Wertschöpfungsbeiträgen spiegeln die sich verändernde wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft im ökonomischen Strukturwandel wider. Belastbare Aussagen zu kurzfristigen Markt- und Preisbeziehungen kann man aus den stark aggregierten berechneten Anteilen nicht ableiten.

Zielgruppe

Politik, Landwirtschaft, Wirtschaft

Vorgehensweise

Für die Berechnungen benötigen wir auf den beiden Seiten der Erzeugung und des Verbrauchs vergleichbare Größen. Ausgangs­punkt sind die in dem jeweiligen Jahr erzeugten Mengen an landwirtschaftlichen Produkten, die als Nahrungsmittel genutzt werden. Wir bewerten sie auf der Erzeugerebene mit den durchschnittlichen Erlöspreisen der Landwirtschaft aus der Landwirtschaftlichen Gesamtrechnung. Von den Erzeugererlösen ziehen wir den Wert von Nebenprodukten ab, die bei der Verarbeitung anfallen. Das sind zum Beispiel Getreidekleie oder Tierhäute. Unter Berücksichtigung der Exporte sowie von Verlust-, Verwendungs- und Ausbeutekoeffizienten errechnen wir aus den Produktionsmengen die Menge der inländisch erzeugten Lebensmittel, die hier den Verbraucherinnen und Verbrauchern zur Verfügung stehen. Diese Mengen bewerten wir mit durchschnittlich von Verbrauchern gezahlten Preisen, wobei der Außer-Haus-Verzehr unberücksichtigt bleibt.

Ergänzend kalkulieren wir die Marktspanne für Rind- und Schweinefleisch. Sie errechnet sich als einfache Differenz zwischen Verbraucherpreis (5 Teilstücke von frischem Rindfleisch und 3 Teilstücken von frischem Schweinefleisch) und durchschnittlichem Erzeugerpreis. Diesen berechnen wir für das Mittel aller Handelsklassen (warm) aus den Daten, die gemäß der Fleischgesetz-Durchführungsverordnung regelmäßig gemeldet werden müssen.

Vorläufige Ergebnisse

Allgemein ist der Erzeugeranteil umso niedriger, je stärker Lebensmittel verarbeitet sind und je aufwändiger Handel und Logistik entlang der Wertschöpfungskette sind. Im Jahr 2020 lag der Anteil der Erzeugererlöse an den Verbraucherausgaben (gerundet) für Brotgetreide bei 4, für Kartoffeln bei 26 und für Zuckerrüben bei 28 Prozent. Für Fleisch lag der Erzeugeranteil bei 20, für Milch bei 35 und für Eier bei 41 Prozent.

Bis etwa zur Jahrtausendwende ist der Erzeugeranteil an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel in fast allen untersuchten Produktgruppen deutlich gesunken (siehe oberste Abbildung). Das hat vor allem zwei Ursachen: Zum einen sind die Einkommen in den entsprechenden Jahrzehnten fast konstant gestiegen. Im Zuge dessen legten Verbraucherinnen und Verbraucher immer mehr Wert auf einen komfortablen Einkauf und die schnelle Zubereitungsfähigkeit von Lebensmitteln. In der Folge haben Verarbeitungsgrad, Verpackung und Transport von Lebensmitteln immer weiter zugenommen. Zum zweiten sind die Kosten der landwirtschaftlichen Produktion mit dem technischen Fortschritt und den zunehmenden Betriebsgrößen im Beobachtungszeitraum oft stärker gesunken als die Kosten der anderen Produktionsstufen. Mit den Kosten ihrer Erzeugung sinkt unter Wettbewerbsbedingungen auch der Preis für die landwirtschaftlichen Rohstoffe.

Die Beobachtung sinkender Erzeugeranteile erlaubt angesichts möglicherweise gleichzeitig sinkender Produktionskosten und steigender Absatzmengen im internationalen Markt keinen Rückschluss auf die Entwicklung der ökonomischen Situation der Landwirte. Anhand der Erzeugeranteile lassen sich auch keine Aussagen zum Preisbildungsprozess selbst oder zu den Kräfteverhältnissen am Markt treffen. Um derartige Fragen zu beantworten, sind weitergehende Analysen erforderlich. Dazu zählen Preistransmissionsanalysen, die den Zusammenhang zwischen kurzfristigen Preisschwankungen auf den unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette statistisch analysieren.

Links und Downloads

Tabelle mit aktuellen Zahlen der Anteilsberechnung (pdf)

Diagramm Marktspanne für Rindfleisch (png)

Diagramm Marktspanne für Schweinefleisch (png)

Daten Jahresmittelwerte Marktspannen für Rind- und Schweinefleisch (csv)

(Monatswerte auf Anfrage verfügbar)

Publikationen zu dem Projekt

  1. 0

    Margarian A (2023) Nahrungsmittelpreisinflation unter der Lupe : Die Preisentwicklung von landwirtschaftlichen Erzeugnissen und Nahrungsmitteln im sektoralen und gesamtwirtschaftlichen Kontext. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 98 p, Thünen Working Paper 230, DOI:10.3220/WP1701759249000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn067304.pdf

  2. 1

    Margarian A (2023) Preise, Mengen und Margen: Konjunktur- und Strukturentwicklung in Wertschöpfungsketten der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 119 p, Thünen Working Paper 208, DOI:10.3220/WP1677139557000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn066074.pdf

  3. 2

    Peter G (2016) Erzeugeranteile leicht gesunken : Anteilsberechnung 2014. Braunschweig: Thünen-Institut, 5 p

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn057468.pdf

  4. 3

    Wendt H, Peter G (2014) Gestiegene Erzeugerpreise für tierische Erzeugnisse treiben den Erzeugeranteil nach oben : Anteilsberechnung 2013 [online]. Braunschweig: Thünen-Institut für Marktanalyse, 4 p, zu finden in <http://www.thuenen.de/media/institute/ma/Downloads/Anteilsberechung_2013.pdf> [zitiert am 20.11.2014]

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054226.pdf

  5. 4

    Wendt H (2011) Anteil der Erzeugererlöse an Verbraucherausgaben deutlich gestiegen. Agra Europe (Bonn) 52(49):L46-48

  6. 5

    Wendt H (1998) Anteile der landwirtschaftlichen Erzeugererlöse an den Verbraucherausgaben für Nahrungsmittel in Deutschland : Aktualisiertes Konzept und Ergebnisse. Agrarwirtschaft 47(8/9):361-367

  7. 6

    Wendt H (1986) Anteil der Verkaufserloese der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für wichtige Nahrungsmittel inlaendischer Herkunft in der Bundesrepublik Deutschland : Berechnungskonzept und Ergebnisse. Landbauforsch Völkenrode 36(2):79-88

  8. 7

    Wendt H, Bremen L von (1977) Anteil der Verkaufserlöse der Landwirtschaft an den Verbraucherausgaben für die wichtigsten Nahrungsmittel : Darstellung und kritische Würdigung der in der BR Deutschland und in den USA laufend durchgeführten Berechnungen ; Forschungsauftrag des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften Luxemburg. Braunschweig: FAL, 76 p

    Nach oben