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Dossier

Der Holzmarkt – ein Sektor im Wandel

Holger Weimar und Franziska Schier | 21.06.2022


WF Institut für Waldwirtschaft

Internationaler Handel, Klimaerwärmung und gesellschaftliche Trends zu einem nachhaltigeren Lebensstil führen dazu, dass sich die Angebots- und Nachfragestrukturen im Holzmarkt stetig ändern. Wir untersuchen die Wechselwirkungen von Waldbewirtschaftung, Rohholzaufkommen und Rückkopplungseffekten entlang der Wertschöpfungskette.

Der Schwerpunkt unserer modellbasierten Analyse liegt auf längerfristigen Trends, um Richtung und Größenordnung möglicher Veränderungen im Holzmarkt erkennen zu können. Die Impulse für solche Veränderungen können von politischen Maßnahmen, sich ändernden Marktbedingungen oder Verbraucherpräferenzen herrühren.

Das Holzmarktmodell GFPM (Global Forest Products Model) bildet Produktion, Handel und Konsum von Rohholz und Holzwaren für 180 Länder der Erde ab. In seiner Grundversion modelliert das GFPM einige wichtige holzbasierte Produkte nur stark aggregiert. Für unsere Fragestellungen haben wir das Modell so weiterentwickelt, dass wir Rohholz und Schnittholz nicht als Ganzes betrachten müssen, sondern jeweils zwischen Laub- und Nadelholz unterscheiden können. Im Hinblick auf die Entwicklung der deutschen Wald- und Industriestruktur, aber auch für internationale Fragestellungen ist dies eine wichtige Komponente, wie unsere Analysen gezeigt haben.

Manche im Modell verwendeten Parameter, z.B. Preiselastizitäten oder bilaterale Handelsflüsse, sind zum Teil veraltet und müssen neu geschätzt werden, um aktuelle Themen behandeln zu können. Ein Ergebnis dieser Schätzungen ist, dass die Rohholzproduktion sich auf globaler Ebene hauptsächlich an der Nachfrage orientiert und kaum am Preisniveau.

Unsere ökonometrischen Analysen aufstrebender, lignozellulose-basierter Produkte zeigte, dass sowohl Import als auch inländische Nachfrage stark auf Preisänderungen reagieren. Dies kann ein Hinweis sein, dass lignozellulose-basierte Produkte wie beispielsweise Viskose mindestens durch ein ähnliches Produkt wie Baumwolle oder Polyester leicht zu ersetzen sind.

Im Rahmen des Projekts WEHAM-Szenarien haben wir mögliche Auswirkungen unterschiedlicher nationaler Rohholzpotenziale auf Produktion, Verbrauch und Handel modelliert. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass sowohl die inländische Nadel- als auch die Laubholzproduktion für eine Nutzung im Bau-, Möbel- und Papiersektor bis 2050 steigen würde, sofern ein ausreichendes Rohholzpotenzial vorhanden wäre. Vereinzelt werden Rohholzpotenziale (insbesondere Laubholz) nicht vollständig vom Markt nachgefragt. Die Nachfrage nach Nadelholz übersteigt langfristig in allen Szenarien das heimische Angebot.

In Abhängigkeit des Rohholzangebots wächst die Produktionsleistung der holzverarbeitenden Industrie je nach betrachtetem Szenario unterschiedlich. Produzierte Mehrmengen werden dank global steigender Nachfrage exportiert. In einem anderen Szenario zeigte sich, dass die Produktion von Holzhalbwaren wie Schnittholz, Furniere und Spanplatten in Deutschland sinken würde, wenn man den Holzeinschlag einschränkt.

Im Rahmen des Projekts BEPASO zur Entwicklung und Akzeptanz einer biobasierten Ökonomie arbeiten wir daran, Produkte, die aus Zellulose gewonnen werden, in die traditionelle Holzmarktanalyse und Modellierung zu integrieren. Diese Produkte, die heute noch als Nischenprodukte zu betrachten sind, gewinnen mit dem Ausbau der Bioökonomie an Bedeutung. Bei der Modellierung von Szenarien für 2050 müssen wir ihre Entwicklung ebenfalls berücksichtigen.

Im Szenario „Bioökonomie am Tropf“ wird für Deutschland eine leicht sinkende Holzproduktion für die stoffliche und eine leicht steigende Holzproduktion für die energetische Nutzung beobachtet. Insgesamt führt dies zu einem Rückgang des deutschen Holzeinschlages bis 2050. Die Schnittholzproduktion bleibt ungefähr auf dem Niveau von 2015. Gleichzeitig sinkt die Produktion von Holzwerkstoffplatten und Papierprodukten, während die Chemiezellstoffproduktion leicht ansteigt. Die hieraus hergestellten Produkte bilden bei diesem Niveau allerdings auch 2050 nur einen Nischensektor.

Auch im Szenario „Bioökonomie-Inseln“ sinkt die deutsche Produktion an Industrierundholz bis 2050 wegen des stetigen technischen Fortschritts in den Industrieländern leicht. Im Gegensatz dazu steigt die Nachfrage nach Brennholz. Dieser gegenläufige Trend führt dazu, dass der gesamte Holzeinschlag bis 2050 in Deutschland in diesem Szenario sehr leicht ansteigt. Das Szenario ist durch eine steigende Nachfrage nach Schnittholz, nach Furnier und Sperrholz sowie nach Holzwerkstoffplatten geprägt. Der Papierkonsum sinkt bis 2050. Vereinzelt können hier freiwerdende Kapazitäten für die Produktion von Chemiezellstoff genutzt werden. Dadurch ist eine steigende Produktion von zellulose-basierten Chemikalien und Fasern bis 2050 möglich, und die Produkte wachsen langsam aus ihrer heutigen Nische.

Im Szenario „Bioökonomie-Wende“ wird Brennholz in Deutschland bis 2050 nur noch aus nostalgischen Gründen nachgefragt. Dadurch kann das freiwerdende Rohstoffpotenzial an Holz stofflich genutzt werden. Weltweit sinkt die Brennholzproduktion nicht so stark wie in Deutschland, allerdings steigt die stoffliche Nutzung von Holz stark an. Die Nachfrage nach Schnittholz, nach Furnier- und Sperrholz sowie nach Span- und Faserplatten steigt ebenfalls stark. Dabei verändert sich der Rohholzverbrauch nicht im gleichen Maße, weil technischer Fortschritt den Rohstoffinput reduziert. Aufgrund der Digitalisierung sinkt der Papierkonsum weiter und damit auch der Verbrauch an Holzschliff und Zellstoff. Somit werden Kapazitäten in der Zellstoffproduktion frei, die für die Herstellung von Chemiezellstoff verwendet werden. Chemiezellstoff dient wiederum als Rohstoff für die Herstellung von Zellulose-Derivaten bzw. von zellulose-basierten Fasern. Besonders Letzteren kommt eine besondere Bedeutung bei, da sie bis 2050 Baumwolle als Rohstoff für die Textilherstellung ersetzen können.

Unsere Holzbilanzen erfassen Aufkommen und Verwendung aller Holzprodukte. Sie verdeutlichen den Zusammenhang zwischen inländischer Produktion, Außenhandel und Verbrauch und geben Einblicke in die Marktstrukturen und Marktentwicklungen. Sie sind damit eine wichtige Grundlage für Akteure in Politik und Wirtschaft.

Projekte

Holzmarktanalysen

Die voranschreitende Globalisierung von Märkten und die Internationalisierung von Politiken mit Bezug zu Wald und Holz haben die internationalen Holzhandelsströme verstärkt in das Interesse der Öffentlichkeit gerückt. Wir bereiten daher Statistiken über den internationalen Handel mit Holz auf.

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Holzmarktanalysen

Der nationale Holzmarkt im globalen Kontext

Die Betriebe der deutschen Forst- und Holzwirtschaft sind in die globalen Holzmärkte eingebunden. Das hat Vor- und Nachteile: Einerseits können sie ihre Produkte in anderen Ländern absetzen, andererseits erhöht sich auch im Inland die Konkurrenz. Für eine erfolgreiche Forst- und Holzwirtschaftspolitik ist es daher unverzichtbar zu wissen, wie sich die internationalen Holzmärkte entwickeln und welche Folgen dies für die inländischen Betriebe hat.

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Der nationale Holzmarkt im globalen Kontext

Holzbilanzen

Der jährliche Holzeinschlag in Deutschlands Wäldern trägt ein knappes Viertel zum hiesigen Gesamtaufkommen aller Holzprodukte bei. Die Einfuhren bilden mit 50 % den größten Posten. Dies zeigen unsere jährlichen Berechnungen zu den Holzbilanzen der Bundesrepublik Deutschland. Woher kommt der Rest?

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Holzbilanzen

Clusterstatistik

Anhand amtlicher Statistiken über den Umsatz, die Zahl der Unternehmen sowie Beschäftigungsdaten untersuchen wir die Wirtschaftsbereiche Forst und Holz. Dabei quantifizieren wir die Wertschöpfung der Forst- und Holzwirtschaft, beschreiben deren Zustand und beschäftigen uns mit der quantitativen und strukturellen Entwicklung der Forst- und Holzwirtschaft.

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Clusterstatistik

WEHAM-Szenarien

Wie soll die Waldfläche in Deutschland verwendet werden? Wieviel Fläche soll unter Schutz gestellt und welche Holzmenge soll bereitgestellt werden? Wie bereiten wir Wälder auf den Klimawandel vor? Wir benötigen Entscheidungshilfen um Konflikte der künftigen Waldnutzung zu lösen.

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WEHAM-Szenarien

Festbiomasse GHD

Spätestens seit der Energiewende nehmen erneuerbare Rohstoffe eine wichtige Rolle in der Energieversorgung ein. Um politische Entscheidungsprozesse etwa bei der Frage zu unterstützen, wie viel Holz energetisch genutzt wird, bedarf es einer guten Datengrundlage. Das Projekt GHD-Festbiomasse im Wärmesektor hilft, diese Datengrundlage zu verbessern.

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Festbiomasse GHD

Szenarien einer Bioökonomie 2050 - Potenziale, Zielkonflikte, Lösungsstrategien

Der Wandel unserer gegenwärtigen fossilbasierten Wirtschaftsweise hin zu einer nachhaltigeren biobasierten Ökonomie erfordert eine breite gesellschaftliche Akzeptanz. Um die Bioökonomiestrategie der Bundesregierung erfolgreich umzusetzen, müssen mögliche Zielkonflikte identifiziert und Lösungsvorschläge für Interessengruppen und Bevölkerung entwickelt werden.

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Szenarien einer Bioökonomie 2050 - Potenziale, Zielkonflikte, Lösungsstrategien

Bioökonomie-Monitoring

Unsere Wirtschaft steht vor großen Herausforderungen: Ernährungssicherung, Klimaschutz, Biodiversität und Bereitstellung von Biomaterialien sowie regenerativer Energien. Aber schon eine Aufnahme des Ist-Zustands ist nicht befriedigend möglich. Es fehlt nicht nur im Detail das Wissen, welche Wege bio-basierte Rohstoffe im Wirtschaftskreislauf nehmen, auch generelle Daten liegen oft nicht im erforderlichen Ausmaß vor. Eine Beurteilung und Bewertung einer bio-basierten Volkswirtschaft ist so nicht möglich.

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Bioökonomie-Monitoring

Die Bioökonomie und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (BioSDG)

Mit der Agenda 2030 hat sich die Weltgemeinschaft 17 Zielen (Sustainable Development Goals, SDGs) für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung gesetzt. Zur Erreichung dieser SDGs wird die Entwicklung hin zu einer Bioökonomie als möglicher Lösungsansatz in Betracht gezogen. Die Auswirkungen eines solchen Wandels auf die spezifischen SDGs werden im Rahmen des Projektes „BioSDG“ untersucht.

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Die Bioökonomie und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (BioSDG)

Publikationen

  1. 0

    Morland C, Schier F (2020) Modelling bioeconomy scenario pathways for the forest products markets with emerging lignocellulosic products. Sustainability 12(24):10540, DOI:10.3390/su122410540

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn063175.pdf

  2. 1

    Morland C, Schier F, Weimar H (2020) The structural gravity model and its implications on global forest product trade. Forests 11(2):178, DOI:10.3390/f11020178

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn062083.pdf

  3. 2

    Schier F, Weimar H (2018) Holzmarktmodellierung - Szenarienbasierte Folgenabschätzung verschiedener Rohholzangebotssituationen für den Sektor Forst und Holz. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut, 57 p, Thünen Working Paper 91, DOI:10.3220/WP1523005251000

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn059786.pdf

  4. 3

    Schier F, Morland C, Janzen N, Weimar H (2018) Impacts of changing coniferous and non-coniferous wood supply on forest product markets: a German scenario case study. Eur J Forest Res 137(3):279-300, DOI:10.1007/s10342-018-1111-6

  5. 4

    Morland C, Schier F, Janzen N, Weimar H (2018) Supply and demand functions for global wood markets: Specification and plausibility testing of econometric models within the global forest sector. Forest Pol Econ 92:92-105, DOI:10.1016/j.forpol.2018.04.003

  6. 5

    Seintsch B, Döring P, Dunger K, Gerber K, Glasenapp S, Klatt S, Linde A, Mantau U, Meier-Landsberg E, Oehmichen K, Reise J, Rüter S, Saal U, Schweinle J, Schier F, Selzer AM, Rosenkranz L, Wenz E, Weimar H, Winter S (2017) Das WEHAM-Szenarien-Verbundforschungsprojekt. AFZ Der Wald 72(13):10-13

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn059099.pdf

  7. 6

    Schier F, Weimar H (2017) Modellierung des Holzmarktes im WEHAM-Projekt. AFZ Der Wald 72(13):21-23

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn059101.pdf

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