Annette Pontillo
Institut für Ökologischen Landbau
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Klimawirkungen und Nachhaltigkeit ökologischer und konventioneller Betriebssysteme – Untersuchungen in einem Netzwerk von Pilotbetrieben
Betriebe im ökologischen und konventionellen Landbau unterscheiden sich in Methoden, Aufwand und Erträgen. Wir wollen klären, ob und wie Umweltwirkung und Nachhaltigkeit der Produktion in verschiedenen Betriebssystemen und Regionen systematisch voneinander abweichen. Hierzu untersuchen und modellieren wir die Klimawirkung der landwirtschaftlichen Produktion von 80 ökologischen und konventionellen Milchvieh- und Markfrucht-Betrieben in Deutschland.
Bisher sind kaum Forschungsansätze verwirklicht, bei denen real existierende landwirtschaftliche Betriebe, die sich im ganz normalen Wirtschaftskontext befinden, zum Forschungsgegenstand werden. Hierfür fehlen die entsprechenden Methoden, Strukturen und Ressourcen.
Im Projekt 'Klimawirkungen und Nachhaltigkeit von Landbausystemen' schaffen wir ein Netzwerk von Pilotbetrieben für langfristige, systemare Forschungsarbeiten in ökologischen und konventionellen Landwirtschaftsbetrieben. In enger Kooperation von Wissenschaft, Beratung und Praxis bearbeiten wir zwei Forschungsthemen:
a) Klimawirkungen von Landbausystemen: Ziel ist die Analyse und Bewertung von Klimawirkungen (Emissionen der Treibhausgase CO2, N2O, CH4) ökologischer und konventioneller Betriebssysteme sowie die Ableitung von Minderungspotentialen und gesamtbetrieblichen Optimierungsstrategien. Dazu modellieren wir am Beispiel des Pflanzenbaus und der Milchviehhaltung in den Pilotbetrieben die Treibhausgasemissionen und ermitteln wesentliche Einflussfaktoren auf die Emissionen.
b) Nachhaltigkeit des ökologischen und konventionellen Landbaus: Ziel ist die Analyse und Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit von Betriebssystemen. Wir untersuchen die Bereiche Bodenfruchtbarkeit und Bodenschutz (Bodenerosion, Bodenschadverdichtung, Humushaushalt), Gewässerschutz, Biodiversität und Landschaftspflege.
In den Jahren 2009 bis 2014 haben wir in 40 ökologischen und 40 konventionellen Pilotbetrieben den Anbau landwirtschaftlicher Nutzpflanzen und die Haltung von Milchkühen untersucht. Auf der Grundlage betrieblich verfügbarer Daten und zusätzlicher Messdaten haben wir gesamtbetriebliche Treibhausgasbilanzen berechnet. Hierbei haben wir alle relevanten Prozesse – von der Erzeugung landwirtschaftlicher Betriebsmittel im Vorleistungsbereich über die betrieblichen Energie-, Stickstoff- und Kohlenstoffflüsse bis zu Landnutzungsänderungen – in die Bilanzierung einbezogen.
Um ein breites Spektrum an Standort- und Bewirtschaftungsbedingungen zu erfassen, haben wir in vier deutschen Regionen 80 ökologische und konventionelle Betriebe untersucht. Die Betriebe wurden als räumlich möglichst nah beieinander liegende Betriebspaare (d.h. je ein ökologisch und ein konventionell wirtschaftender Milchvieh- bzw. Ackerbaubetrieb) ausgewählt. Von 2009 bis 2014 erhoben wir Bewirtschaftungsdaten im Rahmen von Betriebsleiterinterviews und verfügbaren betrieblichen Aufzeichnungen. Zusätzlich haben wir in den ersten Jahren Proben von Futtermitteln, Wirtschaftdüngern, Böden und Pflanzen entnommen und analysiert sowie Weizen- und Kleegraserträge der Betriebe ermittelt. Die Treibhausgasflüsse errechneten wir mit der Modellierungssoftware REPRO. Im Bereich der engeren Milchproduktion haben wir beobachtet, wie sich unterschiedliche Ansätze der Modellierung auf die Emissionen aus Verdauung und Wirtschaftsdüngern auswirken.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Treibhausgasflüsse abhängig von den Standortbedingungen, den Betriebsstrukturen, der Bewirtschaftungsintensität und der Verfahrensgestaltung stark variieren. Wir haben wichtige Emissionsquellen und Effekte der Modellierungsansätze auf das Ergebnis abgeleitet und erste Ansätze für eine Klimaschutzberatung entwickelt.
Im Detail wurde bisher für den Bereich der Milchviehhaltung festgestellt:
Die Gruppe der ökologischen Betriebe war in allen Regionen bei allen Betriebskennzahlen und allen Ergebnissen deutlich heterogener als die Gruppe der konventionellen Betriebe. Bei produktbezogener Bewertung wurde die Spannweite der Werte der Treihausgasemissionen aus der Milchproduktion durch die stark unterschiedliche Milchleistung der Tiere nochmals verstärkt.
Im Mittel erreichten die ökologischen Betriebe eine geringere Milchleistung als die konventionellen Betriebe, sodass wir bei der produktbezogenen Betrachtung im Durchschnitt höhere Emissionen der ökologischen Betriebe feststellten.
Sobald wir die gesamte CO2-Bilanz der ökologischen und konventionellen Betriebe miteinander verglichen, veränderte sich das Bild. Bei der CO2-Bilanz beziehen wir auch die Emissionen aus den Vorketten (z.B. Düngemittelproduktion, Futtermittelzukauf aus Übersee) ein. Zudem stehen Zuwächse an Bodenkohlenstoff, d.h. die Bindung von CO2, den Emissionen, d.h. der Freisetzung von CO2, gegenüber. Bei dieser Betrachtung, die bisher für die Betriebe im Süden und Westen abgeschlossen wurde, stellte sich heraus, dass im Mittel die ökologischen Betriebe zum Beispiel weniger energieintensiv wirtschaften (primär durch den Verzicht von chemisch-synthetischen Düngern bei der Erzeugung der hofeigenen Futtermittel) und mehr Kohlenstoff im Boden banden (durch einen hohen Kleegrasanteil in der Fruchtfolge).
Die konventionellen Betriebe erzielten ihre im Durchschnitt höheren Milchleistungen u.a. durch Maisanbau und hofeigenes oder zugekauftes Kraftfutter (alles mit chemisch-synthetisch hergestelltem Stickstoff gedüngt). Der Einsatz von Sojaextraktionsschrot, das in der ökologischen Fütterung nicht verwendet werden darf, führt zu einer hohen CO2-Freisetzung aus dem Boden (durch Landnutzungswandel von Regenwald zu Acker). Im Mittel ergaben sich bei der CO2-Bilanz tierbezogen geringere Treibhausgasemissionen für die ökologischen Milchviehbetriebe, während bei der produktbezogenen Betrachtung die konventionellen und ökologischen Betriebe pro kg energiekorrigierter Milch gleichauf lagen.
Den wesentlichen Anteil an den Emissionen (sowohl tier- als auch produktbezogen) machte das Methan aus der Verdauung der Milchkühe aus. Dies ist zu einem Großteil genetisch vorgegeben. Das Entstehen von Methan kann aber in einem gewissen Rahmen durch hochwertige Grundfuttermittel und leistungsgerecht zusammengestellte Rationen verringert werden. Als sehr wichtig für das Niveau der enterischen Methanemission stellte sich der Berechnungsansatz heraus. Bei Betriebs- oder Systemvergleichen muss zwingend mit ein und derselben Methode gerechnet werden.
Einen ebenfalls hohen Anteil an den Emissionen hatten die Ausscheidungen der Milchkühe. Unterschiede zwischen stroh- und güllebasierten Systemen haben wir nicht festgestellt. Manche Emissionen aus den Wirtschaftsdüngern sind unvermeidbar. Viele können jedoch durch die bekannten Maßnahmen beim Lagern und Ausbringen unterbunden werden.
12.2008 - 7.2014
Projekttyp:
Projektfördernummer: 06OE353 (Thünen-Institut), 06OE353 (TUM)
Förderprogramm: Bundesprogramm Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)
Projektstatus:
abgeschlossen
Anzahl der Datensätze: 25