Einsatz von akustisch reflektiven Stellnetzen zur Reduktion von Schweinswalbeifang
PEARLNET_OP (PEarls made from Acrylic glass could Reduce bycatch in gilLNETs – Observation of Porpoises)
Um den Beifang von Schweinswalen zu reduzieren, wurde ein „akustisch sichtbares” Stellnetz entwickelt („Perlennetz“). In diesem Projekt wird die Reaktion von Schweinwalen auf das modifizierte Stellnetz untersucht.
Stellnetze gehören zu den Fanggeräten, die weltweit am häufigsten in der passiven Fischerei eingesetzt werden. Sie sind meeresbodenschonend, größenselektiv und haben aufgrund ihres passiven Einsatzes eine gute CO2-Bilanz. Stellnetze bestehen aus zwei Leinen (Schwimmleine oben und Bleileine unten) und dazwischen aufgespanntem Netztuch aus sehr dünnem Nylongarn. Die Netze stehen wie eine Wand im Wasser, in der sich die Fische verfangen sollen.
Wegen Beifängen von Meeressäugern und anderen charismatischen Meeresbewohnern wie tauchenden Vögeln, Haien und Meeresschildkröten stehen sie jedoch in der Kritik. Weltweit verenden jährlich tausende von Kleinwalen in Stellnetzen. In der Ostsee wird der Schweinswal als Beifang gefangen.
Schweinswale betreiben Echoortung, d.h. sie senden akustische Signale („Klicks“) aus und nehmen ihre Umwelt anhand des zurückstreuenden Echos wahr. Da Stellnetze aus sehr dünnem Garn bestehen, können Schweinswale zwar Netzbestandteile, wie etwa die Schwimmleine, gut wahrnehmen, jedoch sind sie wahrscheinlich nicht in der Lage, das Netztuch als undurchdringliches Hindernis einzuordnen. Die Folge ist, dass sie sich darin verfangen und ertrinken.
Eine Möglichkeit, den Beifang von Schweinswalen zu verhindern besteht darin, das Netztuch „akustisch sichtbar“ zu machen, so dass die Schweinswale das Netz als Barriere wahrnehmen und umschwimmen. Im Projekt STELLA wurde eine Methode entwickelt, die das Stellnetztuch akustisch reflektiver macht (Kratzer et al, 2020). Dabei werden kleine Acrylglaskugeln auf das Netz geklebt („Perlennetz“). Diese Kugeln mit einer Größe von 8 mm im Durchmesser, weisen aufgrund von Resonanzeffekten ein starkes Echo relativ zu ihrer Größe auf.
Dass Schweinswale aktiv in Richtung des Netzes echoorten (ihren Schall aussenden), ist eine Voraussetzung dafür, dass akustisch sichtbare Stellnetze Beifang vermeiden können. Denn das akustische Sichtfeld von Schweinswalen ist sehr eng, vergleichbar mit dem Lichtkegel einer Taschenlampe. Es gibt Hinweise darauf, dass Schweinswale manchmal nicht oder in die falsche Richtung echoorten (beispielsweise wenn sie am Meeresboden lebende Tiere jagen), so dass es notwendig sein könnte, die sichtbaren Stellnetze mit einem Signal zu kombinieren, das die Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Dieses Signal wird von sogenannten PALs (PorpoiseALert) emittiert. Der Einsatz von PALs allein verringert die Wahrscheinlichkeit von Beifang bereits um 70% (Chladek et al, 2020).
Eine Kombination aus PAL und Perlennetz könnte ein vielversprechender Ansatz sein, um die Beifänge weiter zu verringern und so die Nachhaltigkeit der Stellnetzfischerei zu verbessern.
Im Projekt PEARLNET_OP soll nun in einem Experiment die Reaktion von Schweinswalen auf das Perlennetz, sowie eine Kombination aus PAL und Perlennetz überprüft werden, bevor ein großskaliger Versuch in der Stellnetzfischerei stattfinden kann.
Naturschutz, Fischerei
Bei dem Experiment wird untersucht wie Schweinswale auf die verschiedenen Stellnetze reagieren. Dazu wird jeweils ein Stellnetz nahe der Küste ausgebracht und das Verhalten und die Schwimmpfade der Schweinswale beobachtet. Diese Beobachtung geschieht visuell, bzw. mittels Unterwasserakustik. Für die Beobachtung braucht es spezielle Anforderungen an den Untersuchungsort:
Diese Kriterien werden in Bursklint, nahe Aarhus, in Dänemark erfüllt. Im Rahmen von PEARLNET_OP werden dort im Frühsommer 2021 die Feldversuche stattfinden.
Folgende Versuche finden statt:
Die Beobachtung von Schweinswalen mithilfe eines Theodoliten ist eine weit verbreitete Methode in der Meeressäugerforschung. Theodoliten sind Geräte, die normalerweise in der Vermessungstechnik eingesetzt werden. Wenn ein Schweinswal auftaucht, um Luft zu holen, wird die Position des Auftauchpunkts mit dem Theodolit gemessen. Da Schweinswale in etwa einmal pro Minute auftauchen ist es so möglich, den Weg zu verfolgen, den der Schweinswal schwimmt.
Wesentlich mehr Informationen lassen sich jedoch unter Wasser gewinnen. Dazu gehört zum Beispiel ein verändertes Echoortungsverhalten und die Position des Schweinswals in der Tauchphase, die nicht an der Oberfläche beobachtet werden kann.
Dazu finden in PEARLNET_OP zwei Methoden Verwendung. Einerseits wird das generelle Echoortungsverhalten mithilfe von CPODs („Cetacean POrpoise Detectors“) aufgenommen. CPODs sind Unterwassermikrofone, die die Signale der Schweinswale aufnehmen und abspeichern. So ist es möglich die Präsenz von Schweinswalen abzuleiten und auf mögliche Änderungen im Echoortungsverhalten (z.B. bei der Wahrnehmung des Stellnetzes) zu schließen.
Neben den CPODs kommen mehrere Hydrophon-Arrays zum Einsatz. Jedes Array besteht aus vier Hydrophonen, die in einer bestimmten Weise angeordnet sind. Dadurch kann die Richtung bestimmt werden, aus der der Schweinswal die Arrays beschallt und so die Position des Schweinswals auf seinem Weg unter Wasser nachverfolgt werden. Mit den akustischen Daten der Arrays lässt sich auch nachvollziehen, ob Schweinswale mehr oder weniger echoorten, je nachdem welches Stellnetz sich im Wasser befindet.
7.2020 - 12.2022
Projekttyp:
Projektfördernummer: NA20NMF4720276
Projektstatus:
läuft