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Projekt

Welche Systeme eignen sich für eine wirtschaftliche Aquakultur?


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie

© Thünen-Institut/Tobias Lasner

Internationaler Vergleich von Produktionssystemen der Fischwirtschaft

Als „blaue Revolution“ wird das rasante Wachstum der globalen Aquakultur bezeichnet. Nach und nach löst sie die Fischerei als wichtigsten Zulieferer von aquatischen Lebensmitteln ab. Was macht den Erfolg jener Betriebe aus, die hinter dieser erstaunlichen Entwicklung stehen?

Hintergrund und Zielsetzung

Die globale Aquakultur wächst seit Jahren - regional aber prägt sich das äußerst unterschiedlich aus. Während die Abfischungen in der EU stagnieren, expandieren südamerikanische und asiatische Aquakulturen deutlich. Politisches Ziel der Europäischen Kommission ist es, diesem Trend entgegenzutreten und die hiesige Aquakultur langfristig auszubauen. So lassen sich der Eigenbedarf an Fisch und Meeresfrüchten besser decken und die Abhängigkeit von Importen reduzieren. Welche Produktionssysteme künftig im internationalen Wettbewerb am besten bestehen können, ist bislang aber weitgehend ungeklärt.

Unsere institutsübergreifende Forschungsgruppe, bestehend aus Wissenschaftler*innenn der Thünen-Institute für Fischereiökologie, Seefischerei und Betriebswirtschaft, untersucht deshalb die Kostenstrukturen unterschiedlicher Produktionssysteme in der Aquakultur und Fischerei weltweit. Wir sind Teil des globalen Netzwerkes agri benchmark (www.agribenchmark.org). agri benchmark verbindet Wissenschaftler, Berater, Landwirte und Zulieferer miteinander. Gemeinsam vergleichen wir die Kosten und Produktivität landwirtschaftlicher Produktionssysteme auf internationaler Ebene. 

Zielgruppe

Politik, Wirtschaft, NROs, Wissenschaft

Vorgehensweise

Anhand betriebswirtschaftlicher Daten analysieren wir Wirtschaftlichkeit, Produktivität und Rentabilität unterschiedlicher Produktionssysteme der Fischwirtschaft weltweit und vergleichen sie miteinander. Neben den eigentlichen Ergebnissen und der Methodenentwicklung "typische Betriebe" geht es auch darum, ein transdisziplinäres, dauerhaftes Netzwerk aus Fischwirten, Beratern, Zulieferern und Wissenschaftlern aufzubauen.

Daten und Methoden

Die Datenlage zur wirtschaftlichen Situation von Aquakulturen und Fischereien ist nicht immer befriedigend. Gerade bei Aquakulturen bestehen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, große Wissenslücken. Diese schwierige Datenlage rührt u. a. daher, dass die zu erfassende Realität äußerst komplex ist, denn es gibt eine Vielzahl an Arten, unterschiedlichen Haltungssystemen oder Fangmethoden. Für eine Analyse der betriebswirtschaftlichen Situation in der globalen Fischwirtschaft wenden wir daher einen Methodenmix aus qualitativer Fallauswahl und quantitativer Analyse an. In strukturierten Interviews mit Experten vor Ort sowie durch Auswerten von Statistiken können wir virtuell "typische Betriebe" der Fischwirtschaft definieren, um ein detailliertes Bild der ökonomischen Situation eines Betriebes zu erhalten. Ein solch typischer Betrieb: 

  • ist ein virtueller Datensatz, der auf realen Daten zu Kosten, eingesetzter Technik und Inputs basiert;
  • liegt in einer für die Erzeugung typischen Region des Untersuchungslandes;
  • kombiniert Poduktionsfaktoren in einer landestypischen Weise;
  • bildet mit bis zu 686 Variablen ein kohärentes Bild eines idealtypischen fischwirtschaftlichen Betriebes ab. 

Die typischen Betriebe bilden die Basis für die Analyse der Wirtschaftlichkeit, Produktivität und Rentabilität mit kurz-, mittel- und langfristiger Perspektive für die untersuchten Produktionssysteme.

Unsere Forschungsfragen

  • Wie verhalten sich Wirtschaftlichkeit, Rentabilität und Produktivität von Produktionssystemen in der Aquakultur und Fischerei?
  • Welche ökonomischen Parameter, welche rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen bestimmen die Produktionskosten?
  • Wie unterscheiden sich Produktionssysteme hinsichtlich der Nutzung natürlicher Ressourcen?

Vorläufige Ergebnisse

Unsere ersten Ergebnisse zeigen, dass alle untersuchten Forellenmasten in Deutschland, Dänemark und der Türkei mittelfristig wirtschaftlich arbeiten. Vor- und Nachteile der Produktionssysteme zeigen sich in der Profitabilität erst langfristig. Hier geraten vor allem kleinere, traditionelle Farmen in Deutschland und Dänemark unter Druck. Türkischen Forellenwirten verschaffen niedrige Löhne und Investitionskosten sowie hohe Mengen an (genehmigtem) Zulaufwasser klare Kostenvorteile. Zusätzlich zeigt sich das Klima im Südwesten der Türkei als optimal für die Forellenmast. In Deutschland gibt es nur ca. 60 Forellenbetriebe, die über 100 t pro Jahr produzieren. Diese wenigen, größeren Farmen sind jedoch hochprofitabel - nicht zuletzt, weil sie gute Preise erzielen. Strenge Umweltauflagen haben in Dänemark die Verbreitung von rezirkulierenden Aquakultursystemen (RAS) befördert. Diese weitgehend automatisierten Systeme sparen Lohnkosten ein und werden als umweltfreundlich angesehen. Ökonomisch betrachtet können aber nur sehr große RAS ihre Profitabilität deutlich verbessern. Ebenfalls beeindruckend profitabel wirtschaften kleinere Öko-Forellenzuchten in Dänemark. Sie produzieren jedoch für einen limitierten Nischenmarkt. 

Links und Downloads

www.agribenchmark.org/fish.html

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