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Institut für

OL Ökologischen Landbau

Projekt

"Feed less Food" - Kraftfutterreduzierte Milchziegenhaltung


Federführendes Institut OL Institut für Ökologischen Landbau

© Thünen-Institut/OL

"Feed less Food" - Kraftfutterreduzierte Milchproduktion bei Ziegen

Nicht nur wegen der artgerechten Fütterung, sondern auch aus Gründen der Welternährung, der Nutzung von Grünland für die Lebensmittelproduktion und des Klimaschutzes ist eine mehr raufutterbasierte Ernährung von Herbivoren (Rinder, Schafe, Ziegen) anzustreben. Am Beispiel der Milchziege wurde untersucht, in wie weit der Kraftfuttereinsatz reduziert werden kann, ohne dass das Hochleistungstier leidet (Gewichtsabnahme) und wie viel Milch dann noch produziert wird.

Hintergrund und Zielsetzung

Die Welternährung ist unter anderem dadurch gefährdet, dass viele potenziell für die menschliche Ernährung geeignete Ackerbauprodukte (beziehungsweise die Anbaufläche) zur Tierfütterung genutzt werden. Dieses gilt auch für Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen, die eigentlich auch ohne Kraftfutter auskommen können. So werden pro Kilogramm Kuhmilch zwischen 250 und 400 g Kraftfutter verfüttert (je nach Intensität), bei Milchziegen liegt der Wert sogar höher (400 - 700 g/kg Milch). Die heutigen Hochleistungsrassen sind von der Kraftfutterfütterung abhängig, nicht nur wegen der Milchmenge (Leistung), sondern auch weil sie sonst Körpergewicht verlieren würden (Tierschutz).

Im Ökolandbau wird bereits weniger Kraftfutter als in der konventionellen Milchtierhaltung verfüttert (max. 50 % der Tagesration). Aber auch dieses ist noch ein sehr hoher Wert.

In einem sechs Jahre dauernden Versuch wurde untersucht, wie weit der Anteil an Kraftfutter bei Milchziegen reduziert werden kann, ohne dass die Tiere darunter leiden, und wie sich dieses auf die Wirtschaftlichkeit, Leistung und Milchqualität auswirkt.

Vorgehensweise

Die 70-köpfige Milchziegenherde wurden 2009 gleichmäßig in zwei Gruppen aufgeteilt. Auf gleiche Anzahl Laktationsjahre und Leistung wurde geachtet. Danach wurde die eine Herde mit jahresdurchschnittlich 10% und die andere auf 40% Kraftfutteranteil versorgt. Alle Tiere wurden in einer gemeinsamen Herde gehalten und Raufutter (Weide, Heu) stand ad libitum zur Verfügung (mit maximal 50% Futterrest: Selektion auf hohe Inhaltsstoffe, Verwendung anderweitig oder zu einem späteren Zeitpunkt). Das Kraftfutter wurde im Melkstand tierindividuell ja nach Fütterungsgruppe zugeteilt.

Die saisonalen Futterrationen passten sich den Laktationssituationen an:

  • Im letzten Monat vor der Geburt: Alle bekamen 500 g Kraftfutter und ad libitum Heu.
  • In den ersten zwei Monaten nach der Lammung (Hochlaktation) bis zum Austrieb (Mai) erhielt die 10%-Gruppe weiterhin 500 g, die 40%-Gruppe bis zu 1000 g Kraftfutter, beide Gruppen erhielten weiterhin ad libitum Heu.
  • Ab Weideaustrieb bis zum Herbst (Deckphase September) erhielt die 10%-Gruppe kein Kraftfutter, die 40%-Gruppe 500 g pro Tag. Tagsüber gingen alle Tiere auf die Weide, nachts erhielten sie ad libitum Heu.
  • In der Deckphase (6 Wochen: August-September) erhielt die 10% Gruppe 250 g und die 40%-Gruppe 500 g Kraftfutter. Die Deckgruppen wurden getrennt. Weidegang mit nächtlicher Stallhaltung. 
  • Nach der Deckzeit wurde die Gruppen wieder zusammengeführt und die 10%-Gruppe wieder ohne Kraftfutter gehalten, die 40%-Gruppe erhielt 500 g pro Tag. Weidegang bis Ende Oktober.
  • Ab Aufstallung und Trockenstellen (November) bis einen Monat vor der Lammung wurden beide Gruppen nicht mit Kraftfutter gefüttert.

Messungen:

  • Die Tiere wurden monatlich gewogen.
  • Die Milchmengen und Inhaltsstoffe wurden anhand einer monatlichen Milchleistungsprüfung ermittelt.
  • Ethologische Studien haben das Verhalten festgestellt.

Ergebnisse

  • Im Ökolandbau wird, mit maximal 50% Kraftfutteranteil in der Tagesration, bereits wesentlich weniger Kraftfutter in der Milchproduktion eingesetzt als in der konventionellen Produktion. Der Kraftfutteranteil ist auch im Ökolandbau noch sehr hoch.
  • In der Ökologischen Milchziegenhaltung werden zwischen 270 und 350 kg Kraftfutter pro Ziege und Jahr eingesetzt. 
  • Die Milchleistung von Ziegen im Ökolandbau liegt durchschnittlich bei 600-800 kg Milch (240-Tage-Leistung) beziehungsweise 650 - 900 kg Laktationsleistung (rund 270 - 290 Tage). Pro Kilogramm Milch werden zwischen 400 und 700 g Kraftfutter verfüttert.
  • Der Kraftfutteranteil lässt sich auf rund 10% der Jahresration senken (rund 70 - 90 kg), ohne das die Milchziegen Körpersubstanz verlieren.
  • Ziegen selektieren bei Kraftfutterreduktion höherwertiges Raufutter aus, wenn sie dazu die Möglichkeit haben. Die selektierten Raufutter-Inhaltstoffe können Kraftfutterniveau erreichen. 
  • Die Milchleistung der 10%-Kraftfuttergruppe war bei gleicher Haltungsumwelt rund 20-25 % niedriger als die der 40% Kraftfuttergruppe. 
  • Das Kraft- und Raufutter sollte über das Jahr in Anteil und Qualität so verteilt werden, dass bei hoher Leistung bestes Futter und ein höherer Anteil Kraftfutter und in leistungsschwachen Zeiten (oder bei Jungtieren) eher wenig/gar kein Kraftfutter sowie eher übriggebliebenes Raufutter verfüttert wird.
  • Auch in der Vegetationszeit sollte Futterselektion möglich sein (50% Futterrest), damit die wertvollsten Teile aufgenommen werden. Dann ist kein Kraftfutter erforderlich.
  • Durch "Feed less Food" kann der Kraftfutteranteil pro kg Milch von 500 g auf 100 g gesenkt werden. 
  • Bei hohen Kraftfutterpreisen lohnt sich der Verzicht auf hohe Leistung, da die Ersparnisse an Kraftfutter größer sind als die entgangenen Gelder für die Milch.
  • Die Inhaltsstoffe der Milch verändern sich: Während die Anteile an Fett und Eiweiß gleich bleiben, erhöht sich der Anteil an CLAs und Omega-3 Fettsäuren bei reduzierter Kraftfutterfütterung.

Thünen-Ansprechperson

Prof. Dr. agr. habil. Gerold Rahmann

Mobiltelefon
+49 160 94945756
Telefon
+49 4539 8880 200
gerold.rahmann@thuenen.de

Beteiligte externe Thünen-Partner

Zeitraum

1.2009 - 12.2014

Weitere Projektdaten

Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen

  1. 0

    Volkmann A, Rahmann G, Knaus W (2014) Fatty acid composition of goat milk produced under different feeding regimens and the impact on Goat Cheese. Thünen Rep 20, Vol. 2:551-554

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054072.pdf

  2. 1

    Bender S, Ude G, Rahmann G, Weißmann F, Aulrich K, Georg H (2014) Fatty acid composition of organic goat kid meat from dairy goat and crossbred meat goat kids. Thünen Rep 20, Vol. 2:523-526

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054071.pdf

  3. 2

    Sporkmann KH, Bender S, Ude G, Georg H, Rahmann G (2012) "Feed less Food" : low input strategy results in better milk quality in organic dairy goats. Landbauforsch SH 362:426-429

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn050769.pdf

  4. 3

    Aschenbach F, Rahmann G (2011) Bedeutung der Raufutterselektionsfähigkeit von Ziegen für ihre Ernährung. Landbauforsch SH 346:91-98

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn048522.pdf

  5. 4

    Aschenbach F, Rahmann G (2011) Body Condition Scoring bei Milchziegen. Landbauforsch SH 346:111-118

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn048524.pdf

  6. 5

    Rübeling S, Möller D, Rahmann G (2011) Sozioökonomische Analyse des Betriebsaufbaus von Milchschaf- und Milchziegenbetrieben. Landbauforsch SH 354:85-98

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn049426.pdf

  7. 6

    Rahmann G, Oppermann R (2010) "Feed less Food" als eine Möglichkeit, die zunehmende Weltbevölkerung zu ernähren. Landbauforsch SH 341:75-84

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn047261.pdf

  8. 7

    Rahmann G (2008) Keine Trockenschnitzel mehr für die Ziege. Bio Austria(1):10-11

  9. 8

    Rahmann G (2008) Ziegen richtig füttern. In: Bio Austria Bauerntage 2008 : 28. - 31. Jänner 2008, Bildungshaus Schloss Puchberg, Wels ; Zusammenfassung der Tagungsbeiträge. Linz: Bio Austria, pp 71-74

  10. 9

    Rahmann G, Hauschild B (2007) Jahr für Jahr mehr Milch : eine Milchziegenherde will sorgfältig aufgebaut werden und erreicht ihre Spitzenleistung erst nach einigen Jahren ; wie sich das darstellen kann, zeigen Ergebnisse aus Trenthorst. Bio Land(7):18-19

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