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© Anja Bunge / Thünen-Institut
Institut für

FI Fischereiökologie

Projekt

Populationsgenetik von Antarktisfischen


Federführendes Institut FI Institut für Fischereiökologie

© Malte Damerau
Eisfahrt im Südpolarmeer

Adaptive Radiation in einem extremen Habitat - Genetische Diversität, Artbildung und Evolution von Schlüsselinnovationen in antarktischen Notothenioidei

Antarktisfische (Notothenioidei) sind wegen ihrer besonderen Entstehungsgeschichte und ihres isolierten Lebensraumes ideale Organismen, um Populationsstrukturen und evolutionäre Prozesse zu untersuchen. Der Vergleich von genetischen Populationsstrukturen verschiedener Arten aus dem Atlantischen Sektor hilft uns besser zu verstehen, wie Umweltfaktoren, artspezifische Eigenschaften und Populationen zusammenhängen.

Hintergrund und Zielsetzung

Der Südliche Ozean umgibt die Antarktis und ist ein extremer, kalter Lebensraum. Durch seine geografische, thermische und hydrographische Isolation seit mehr als 20 Millionen Jahren konnte sich dort eine artenarme, aber einzigartige Fischfauna entwickeln, die von Antarktisfischen (Notothenioidei) dominiert wird. Diese zumeist hochendemischen Fische verdanken ihren Erfolg zum einen dem Erwerb von Schlüsselinnovationen wie der Fähigkeit, Gefrierschutzproteine zu bilden; sie verhindern, dass die Körperflüssigkeiten gefrieren. Zum anderen ist der Erfolg der Antartktisfische auf die häufig fehlende Konkurrenz um die Besetzung ökologischer Nischen zurückzuführen. Notothenioidei eignen sich wegen der relativen Isolation ihres Lebensraumes, ihrer gemeinsamen Entstehungsgeschichte und ihren ökologischen Anpassungen hervorragend, um grundlegende Fragen der Evolution und Artbildung an ihnen exemplarisch zu erforschen. Mit vergleichenden Untersuchungen der genetischen Diversität von verschiedenen Arten im atlantischen Sektor des Südlichen Ozeans sollen die regulierenden Faktoren auf die Populationsstruktur untersucht werden, insbesondere der Genfluss durch pelagische Larvenverdriftung. In welchem Ausmaß reproduktiver Austausch und damit Genfluss zwischen Populationen erfolgt, ist von besonderer Bedeutung nicht nur für ein nachhaltiges Fischerei-Management, sondern auch für das generelle Verständnis von ökologischen Barrieren und damit Artbildungsprozessen. Da der antarktische Lebensraum in der Vergangenheit großen klimatischen Veränderungen ausgesetzt war und auch im Zuge der aktuellen globalen Erwärmung gebietsweise zu den sich am schnellsten erwärmenden Regionen gehört, eignen sich notothenioide Fische auch als Modellorganismen, um den Einfluss klimatischer Veränderungen auf Organismen besser zu verstehen.

Vorgehensweise

Genetische Analyse der Populationsstruktur und demografischen Entwicklungsgeschichte mittels mitochondrialer Gen-Sequenzen und nukleärer Fragmentlängen-Marker (Mikrosatelliten).

Unsere Forschungsfragen

Wie groß ist der (genetische) Austausch zwischen Populationen? Welche Faktoren regulieren maßgeblich den Genfluss? Welchen Einfluss hat dabei die lange pelagische Larvalentwicklung der Notothenioidei? Welchen Einfluss haben Klimaveränderungen auf Fische?

Ergebnisse

Anhand hochauflösender genetischer Marker konnten wir nachweisen, dass die Populationen notothenioider Fische häufig stärkere Unterschiede aufweisen, als bisher angenommen. Kurze Distanzen zwischen Populationen erhöhen jedoch wie erwartet den Genfluss. Entgegen den Erwartungen ist der Einfluss der langen pelagischen Larvalentwicklungsdauer notothenioider Fische nicht maßgeblich für die Höhe des Genflusses. Zudem spielen klimatische Veränderungen eine große Rolle für die Verbreitung und Entstehung neuer Arten im Südlichen Ozean.

Geldgeber

  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
    (national, öffentlich)

Zeitraum

2.2009 - 8.2012

Weitere Projektdaten

Projektfördernummer: HA 4328/4
Projektstatus: abgeschlossen

Publikationen

  1. 0

    Colombo M, Damerau M, Hanel R, Salzburger W, Matschiner M (2015) Diversity and disparity through time in the adaptive radiation of Antarctic notothenioid fishes. J Evol Biol 28(2):376-394, DOI:10.1111/jeb.12570

    https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn054554.pdf

  2. 1

    Matschiner M, Colombo M, Damerau M, Ceballos S, Hanel R, Salzburger W (2015) The adaptive radiation of notothenioid fishes in the waters of Antarctica. In: Extremophile fishes : ecology, evolution, and physiology of teleosts in extreme environments. Springer International Publishing Switzerland, pp 35-57

  3. 2

    Damerau M, Matschiner M, Salzburger W, Hanel R (2014) Population divergences despite long pelagic larval stages: lessons from crocodile icefishes (Channichthyidae). Mol Ecol 23(2):284-299, DOI:10.1111/mec.12612

  4. 3

    Damerau M, Salzburger W, Hanel R (2014) Population genetic structure of Lepidonotothen larseni revisited: Cyb and microsatellites suggest limited connectivity in the Southern Ocean. Mar Ecol Progr Ser 517:251-263

  5. 4

    Damerau M, Matschiner M, Salzburger W, Hanel R (2012) Comparative population genetics of seven notothenioid fish species reveals high levels of gene flow along ocean currents in the southern Scotia Arc, Antarctica. Polar Biol 45(7):1073-1086, DOI:10.1007/s00300-012-1155-x

  6. 5

    Rutschmann S, Matschiner M, Damerau M, Muschick M, Lehmann MF, Hanel R, Salzburger W (2011) Parallel ecological diversification in Antarctic notothenioid fishes as evidence for adaptive radiation. Mol Ecol 20(22):4707-4721, DOI:10.1111/j.1365-294X.2011.05279.x

  7. 6

    Jones CD, Damerau M, Deitrich K, Driscoll R, Kock K-H, Kuhn K, Moore J, Morgan T, Near TJ, Pennington J, Schöling S (2009) Demersal finfish survey of the South Orkney Islands. In: van Cise AM (ed) AMLR 2008/2009 Field Season Report : Objectives, Accomplishments and Tentative Conclusions. La Jolla: AMLR, pp 49-66

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